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Sicht-Bar, Erlebnisweg, Seminarraum und Ausstellungsmöglichkeiten bietet das neue Binder-Biomasseheizkraftwerk in Fügen © Dr. Johanna Kanzian

Feuerwerk im Zillertal

Ein Artikel von Dr. Johanna Kanzian | 29.03.2005 - 00:00
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Sicht-Bar, Erlebnisweg, Seminarraum und Ausstellungsmöglichkeiten bietet das neue Binder-Biomasseheizkraftwerk in Fügen © Dr. Johanna Kanzian

Erlebnis Holz, die geballte ökologische Intelligenz – unter diesem Motto wurde das Biomasse-Heizkraftwerk der Holzindustrie Binder, Fügen, mit dem bezeichnenden Namen „Feuerwerk“ am 18. März eingeweiht und eröffnet. Die Bauzeit betrug ein Jahr.Erweiterte Nutzung mit Erlebnisweg. Seit Herbst werden Ökostrom und Fernwärme geliefert sowie Pellets und Briketts erzeugt. Das schwebende Holzgeschoss wird weiters für Konzerte, Events, Seminare und Ausstellungen genutzt.
Die Investitionskosten für das Gesamtkunstwerk beliefen sich auf 30 Mio. €. „Die Verwertung der vor Ort anfallenden Sägenebenprodukte wie Rinde und Späne stellt eine große Herausforderung dar“, so Geschäftsführer Hans Binder.
Die Skepsis hinsichtlich des Neubaus seitens der Bevölkerung konnte nach der Ausschreibung des Architektenwettbewerbs gemindert werden – das Biomasseheizkraftwerk integriert sich gut in die Landschaft.30.000 Besucher erwartet. Holz wird am Erlebnisweg „erlebbar“, der nicht nur die Energieproduktion aus Biomasse, sondern das Thema Holz auf unterschiedlichen Vermittlungswegen Einheimischen und Touristen näher bringt. 30.000 Besucher werden pro Jahr erwartet.
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Eröffnung: Konrad Streiter, Dr. Dr. Herwig van Staa, Franz Binder sen., DI Josef Pröll, Anton Steixner, Hans Binder (v. li) © Dr. Johanna Kanzian

Attraktion im Zillertal. Aus dem Architektenwettbewerb ging DI Helmut Reitter als Sieger hervor. „Wir haben bewusst darauf geachtet, die für das Werk notwendigen geballten Baumassen nicht zu verstecken. Denn das Feuerwerk ist neben den touristischen Strukturen im Zillertal eine zusätzliche Attraktion“, so Reitter. Im Empfangsraum erhält man einen Video-Guide und beginnt den geführten Rundgang. Im hauseigenen Kino werden die Besucher mit dem Kurzfilm Holzleben in die Welt des Holzes eingeführt. Im roten Gebäudeteil befindet sich das Kesselhaus, im schwarzen wird Strom produziert. In 16 m Höhe schwebt ein innovativer Holz-Glasbau. In der Galerie finden Künstler eine Plattform für Ausstellungen. Der Saal Franz zwischen Dachgarten und Restaurant bietet auf 245 m² technische Ausstattung für Seminare, Theatervorstellungen und Konzerte. Dieser Raum bietet Platz für 200 Personen. In der Sichtbar, dem Bistro wird man mit Produkten der Region versorgt.Hochwertige Produkte. Sämtliche Innenbereiche sind mit Zirbe und Räuchereiche veredelt. Gutes akustisches Design sowie Konferenzausstattung stellen die Infrastruktur für Lesungen, Vorträge und Konzerte dar. „Wir wollen unseren Gästen das Thema Holz näher bringen und die Vielfältigkeit vor Augen führen“, so Marketingleiterin Andrea Binder.Bestehende Infrastruktur genutzt. „Im Vergleich zu anderen Biomasseprojekten waren die Voraussetzungen in Fügen aufgrund der bestehenden Sägewerks-Infrastruktur optimal“, erläutert Hans Binder.
 • gesicherte Brennstoffversorgung
 • Nutzung von Waldhackgut über die Sägewerkslogistik
 • wirtschaftliche Wärme- und Stromerzeugung
 • Veredelung der anfallenden Sägenebenprodukte
 • Synergie zwischen Kommune und Betrieb
Für das Projekt verantwortlich waren Matteo Binder und DI Karl Portenkirchner. „Es gehört zur Binder-Philosophie, dass Wert auf innovative, architektonische Gestaltung der Gebäude gelegt wird, die auch die Verbundenheit mit Holz zeigen“, so Portenkirchner.
Im Endausbau werden durch das 27 km lange Fernwärmenetz 500 Kunden mit einer Anschlussleistung von 25,5 MW versorgt.
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Rohrgurtförderer von Rudnick & Enners sorgt für den Online-Transport der Späne sowie der Rinde © Dr. Johanna Kanzian

Prinzip der Nachhaltigkeit. Burgschauspieler Frank Hoffmann moderierte die Eröffnung, die von 150 begeisterten Gästen besucht wurde. „Das Projekt steht für das Prinzip Nachhaltigkeit“, so Bundesminister DI Josef Pröll anlässlich der Eröffnungsrede am 18. März. Durch das Heizwerk werden 43 Mio. l/J Heizöl eingespart. „Es muss zuerst Unternehmer geben, die sich trauen, etwas zu unternehmen, so der Tiroler Landeshauptmann Dr. Dr. Herwig van Staa. Somit konnte der Standort im Zillertal gesichert werden.Ressourcen nutzen. „Durch das Biomasse-Heizkraftwerk im Zillertal werden 12.000 Lkw-Fahrten jährlich eingespart. 80% der Energie werden im Jahresschnitt genutzt. Unser Heizwerk zählt somit zum wirtschaftlichsten in Europa“, berichtet Hans Binder.
„Der Wald ist kein Museum, die Ressourcen gehören genutzt“, so Binder weiter. Jetzt ist als nächster Schritt noch der Ausbau auf Normalspur von Jenbach nach Fügen notwendig. 50% des Hackguttransportes könnten dann von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Derzeit ist in Hallein ein weiteres Kraftwerk in Planung.Technik vom Feinsten. Ein Biomasse-Dampfkessel von Weiss, Dillenburg/DE, erzeugt 32 t/h Dampf. „Für die Brennstoffzuführung und die Fördertechnik zeichnet sich Rudnick & Enners, Alpenrod/DE, zuständig – massive und zuverlässigen Technologie mit der wir sehr zufrieden sind“, erläutert Portenkirchner.Schwadenfrei bis minus 5° C. Die Rauchgase werden über Multizyklon, Quenche, Nasselektrofilter und Rauchgaskondensation gereinigt. Die Anlagen stammen von Scheuch, Aurolzmünster. „Dieses neue Konzept liefert als Nebenprodukt Warmluft für die Sägespäne -Trocknung für die Pelletierung und garantiert Schwadenfreiheit bis –5° C“, so Matteo Binder.
Der im Kessel erzeugte Dampf wird einer Entnahme-Kondensations-Turbine von B+V Industrietechnik, Hamburg/DE, zugeführt. Dort wird die Energie des Dampfes in Ökostrom (7 MW) und Warmwasser (bis zu 17,5 MW) umgewandelt.
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Projektverantwortliche Matteo Binder und Karl Portenkirchner (v. li.) auf der Dachterrasse © Dr. Johanna Kanzian

Online-Transport. Zwei Pelletierlinien und eine Pawert-Brikettierung wurden errichtet. Die in der Zerspanerlinie anfallenden nassen Sägespäne werden automatisch über den Rudnick & Enners-Rohrgurtförderer in die Spänesilos gefördert. Den Bandtrockner lieferte Swisscombi, Dintikon/CH. Die Späne werden von 55% Wassergehalt auf 10% getrocknet. Als Energie für die Trocknung wird neben Warmwasser aus dem Fernwärmenetz auch die Warmluft aus der Rauchgaskondensation genutzt.
In der Hammermühle werden die Späne homogenisiert und zerkleinert. Im nachgeschaltenen Mischer werden diese mit Dampf auf einen Wassergehalt von 12% eingestellt. Die Späne versorgen die zwei Pressen mit einer Leistung von 4,5 t/h. Die Pelletierpressen und die Hammermühle stammen von CPM, Amsterdam/NL. Die Fördertechnik in der Pelletierung wird von Wessel, Xanten/DE, geliefert. Für die Sackware wurde eine automatische Verpackungslinie mit Stapelrobotern errichtet. Lieferant: Fill, Gurten. Die Fertigbetonsilos stammen von Wolf, Ravensburg/DE.
KWK-Projekt-Facts
Brennstoffwärmeleistung: 29,8 MWThermische Nennleistung: 17,5 MW
Wärmerückgewinnung: 6,25 MW
Durchschnittliche elektrische Leistung: 7 MW
Erzeugte Wärmemenge: 114.000 MWh/J
Erzeugte elektrische Arbeit: 56.600 MWh/J
Investitionssumme: 30 Mio. €
Binder-FactsGegründet: 1957
Geschäftsführer: Hans, Reinhard und Franz Binder
Mitarbeiter: 800
Einschnitt Fügen: 1.015.000 fm/J
Produktion St. Georgen: 2 Mio. m²/J Massivholzplatten
Produktion Jenbach: 200.000 m³/J Brettschichtholz
Produktion MDF-Hallein:250.000 m³/J MDF-Platten
Pelletsproduktion: 60.000 t/J
Umsatz: 258 Mio. €/J