Polytechnik

Eine Kesselanlage für den Klimaschutz

Ein Artikel von Ulrike Knaus (für holzkurier.com bearbeitet) | 02.03.2020 - 09:10

Die Verbrennungstechnik von Polytechnik und viele Referenzanlagen haben dazu geführt, dass sich die OIE, Idar-Oberstein/DE, für den österreichischen Feuerungshersteller Polytechnik, Weissenbach, entschieden hat.

Die OIE betreibt in Baumholder/DE ein Heizwerk mit einer Gesamt-Wärmeleistung von 45 MW. Im Heizwerk wurde bislang ausschließlich Erdgas zur Wärmeerzeugung eingesetzt. Aus mehreren Flammrohrkesseln wird die Wärme in Form von Dampf in das lokale Fernwärmenetz eingespeist.

Die Sattdampfkesselanlage ist für eine thermische Leistung von 10 MW entsprechend einer Dampfleistung von 15 t/ h und für einen maximalen Dampfdruck von 13 bar ausgelegt. Der Biomassekessel dient der Grundlastversorgung und soll möglichst ganzjährig betrieben werden. Zum einen spielen hierbei die Reisezeit und die Verfügbarkeit der Anlage eine Rolle. Die Reisezeit entspricht der Zeitdauer, über welche die Anlage betrieben werden kann, ohne dass sie zur Wartung oder Reinigung abgestellt werden muss. Eine hohe Verfügbarkeit und eine lange Reisezeit lassen sich durch eine großzügige Dimensionierung und hochwertige Ausführung aller Anlagenkomponenten erreichen. Des Weiteren ist der Regelbereich der Anlage von großer Bedeutung, da die Sommerlast bei einem Fernwärmenetz oftmals deutlich unter der Nennlast liegt. Wenn die Wärmeabnahme unterhalb der Mindestlast ist, bei welcher der Biomassekessel noch im Regelbetrieb arbeiten kann, dann muss dieser abgestellt werden, die Wärme muss in diesem Fall durch einen der schnell regelbaren Gaskessel bereitgestellt werden.

Von Brennstoffbeschickung bis Kamin

Der Liefer- und Leistungsumfang der Polytechnik-Gruppe umfassten die gesamte Anlagentechnik ab der Brennstoffbeschickung bis zum Kamin. Das geschredderte Altholz wird in drei Kammern gelagert, jede Kammer wurde bauseits mit einem sogenannten Top-Loader-Austragsystem ausgerüstet. Die Top-Loader werfen die Hackschnitzel jeweils gehäuft auf die Brennstoffbeschickung ab. Mithilfe einer Vibrationsrinne wird der Brennstoff zunächst vergleichmäßigt, damit überlange Spreißel und Eisenmetalle in der nachgelagerten Brennstoffsortierung, bestehend aus jeweils einem Überlängen- und einem Magnetabscheider, zuverlässig erkannt und ausgesondert werden. Über einen Trogkettenförderer werden die aufbereiteten Hackschnitzel zum Vorlagebehälter und von dort zum hydraulischen Brennstoffeinschub befördert und über diesen dem Brennraum zugeführt.

Bei der Feuerung handelt es sich um eine adiabate Brennkammer mit einem großzügig dimensionierten, wassergekühlten Vorschubrost. Polytechnik betrachtet die Wärmeerzeugung durch die Verbrennung und die anschließende Wärmerückgewinnung im Kessel grundsätzlich getrennt voneinander. Der Feuerungsspezialist vertritt die Auffassung, dass die Wärmeübertragung im Kessel nur dann ordnungsgemäß und vor allem dauerhaft funktionieren könne, wenn zuvor eine gute Verbrennung stattgefunden habe. Polytechnik-Feuerungen werden daher stets individuell auf den jeweiligen Brennstoff ausgelegt, damit es zu keinem Funkenflug oder gar Flammenbildung bis in die nachgeschalteten Wärmetauscher hinein kommen kann. Nur wenn dies der Fall ist, wird die im Brennstoff enthaltene Energie optimal und vollständig genutzt, ohne dass Ablagerungen im Kessel oder gar Schäden entstehen.

Wirkungsgrad über 90 %

Beim nachgeschalteten Sattdampfkessel handelt es sich um einen Rauchrohrkessel mit zwei Rauchzügen. Der Kessel ist mit dem bewährten Druckluftsystem zur vollautomatischen Reinigung der Rauchrohre während des Anlagenbetriebs ausgerüstet. Zur Wirkungsgradsteigerung ist dem Kessel ein Economiser nachgeschaltet. Dadurch lässt sich ein feuerungstechnischer Wirkungsgrad der Anlage von über 90 % erreichen.

Bei der Planung und Umsetzung der Anlage wurde seitens des Auftraggebers großer Wert auf eine gute Zugänglichkeit und Wartungsfreundlichkeit aller Anlagenkomponenten gelegt. Dementsprechend wurde seitens Polytechnik ein großzügig ausgelegter Begehungsstahlbau geliefert, der einen Zugang über Treppen zu allen wartungsintensiven Bereichen ermöglicht.

Rauchgasreinigung

Je nach Herkunft des Altholzes kann dieses gegenüber naturbelassenem Holz einen erhöhten Stickstoff- und Chlorgehalt aufweisen. Zur Rauchgasentstickung wurde daher eine von Polytechnik entwickelte SNCR-Anlage (selektive, nicht katalytische Reduktion der Stickoxide durch Harnstoffeindüsung) installiert. Polytechnik hat dieses System bereits bei mehreren Projekten eingesetzt, hierbei wurde stets ein hoher Abscheidegrad erreicht.

Zur Rauchgasentstaubung dient bei der vorliegenden Anlage ein Gewebefilter von Luehr. In diesem wird der Staubgehalt im Rauchgas auf unter 20 mg/Nm3, bezogen auf einen Restsauerstoffgehalt von 6 %, reduziert. Die Filterasche wird, getrennt von der Rost- und Flugasche, in einem Aschesilo gesammelt. Das Silo hat ein Fassungsvermögen von 100 m3, die Asche kann über eine Verladestation direkt in ein Silofahrzeug entleert werden. Die Anlagen von Polytechnik werden über eine sicherheitsgerichtete Siemens-SPS gesteuert. Besonderes Merkmal der Steuerung, die in Zusammenarbeit mit dem TÜV entwickelt wurde, ist die hohe Regelgüte. Selbst bei einer stark schwankenden Lastabnahme bleiben die wesentlichen Betriebsparameter stabil. Der große Regelbereich der Anlage kommt OIE im Hinblick auf das Wärmelastprofil im Sommer sehr entgegen.

Die Anlage kann bei Verwendung von trockenem Brennstoff bis auf 15 % der Nennlast heruntergeregelt und somit selbst bei einer Leistungsabnahme von nur 1,5 MW immer noch im Regelbetrieb gefahren werden. Sämtliche Betriebsdaten werden visualisiert und chronologisch gespeichert. Die Anlage kann über Fernwartung (Remote Control) überwacht werden.

Die Polytechnik-Luft- und Feuerungstechnik ist sowohl nach EN ISO 14001 als auch EN ISO 9001 zertifiziert und betreibt ein vollumfassendes Qualitäts- und Umweltmanagementsystem. Die Kesselanlage liefert seit Ende 2019 Wärme in das Fernwärmenetz der OIE.