Voigt+Wipp

Effizientes Fernwärmenetz

Ein Artikel von Philipp Matzku (für holzkurier.com bearbeitet) | 23.02.2021 - 15:16

Jeder Wärmekunde in einem Fernwärmenetz benötigt an seinem Übergabepunkt an das Fernwärmenetz eine Druckdifferenz zwischen dem Vorlauf und dem Rücklauf, um eine ausreichende Versorgung mit Wärme sicherzustellen. Die Druckdifferenz wird durch die Pumpen des Fernwärmenetzes garantiert.

Die Regelung der Drehzahl dieser Pumpen kann unterschiedlich erfolgen. „Auch wenn die Drehzahlregelung heute praktisch immer über Frequenzumrichter erfolgt, heißt das nicht automatisch, dass damit die maximale Energieeffizienz garantiert ist“, erklärt Geschäftsführer Richard Wipp.

Klassische Variante

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Fernwärmenetz Großarl: Heizwerk (rot) und Schlechtpunktverbraucher (blau) © Voigt+Wipp Engineers

Einfach, aber wenig effizient ist die Regelung auf den Differenzdruck im Heizhaus. Dabei kann der Differenzdruck noch nach Durchfluss oder Leistungsabnahme gleitend verändert werden. Zu bevorzugen ist es, den benötigten Differenzdruck aus der Rohrnetzkennlinie des Fernwärmenetzes zu berechnen und diesen Sollwert an den Regler für die Netzpumpen zu übergeben. „Trotzdem besteht auch hier das Risiko der Unterversorgung, weshalb eine Sicherheit eingerechnet werden muss, die wiederum zu erhöhtem Pumpenstromverbrauch führt“, erläutert Wipp.

Effizienteste Variante

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Simulationsmodell  für Pumpenmanagement und Rohrnetzkennlinie © Voigt+Wipp Engineers

Um die Netzpumpen stets im Wirkungsgradoptimum zwischen garantierter Wärmeversorgung und maximaler Energieeffizienz betreiben zu können, ist es erforderlich, alle verfügbaren Informationen des Fernwärmenetzes und der Pumpen zu nutzen. Dabei wird, aufbauend auf den beiden oben stehenden Varianten, auch noch das Wirkungsgradkennfeld der im Einsatz befindlichen Pumpen als Modell hinterlegt. Damit erweitert sich der Regler um eine wesentliche Funktion, mit der neben einer Schlechtpunktregelung auf Druckdifferenz auch ein intelligentes Pumpenmanagement möglich wird.

Diese Funktionalität ist in die BCS (Biomass Control Solution) Suite in den Modulen BCS-FWM und BCS-SPR in perfektem Zusammenspiel integriert. Damit ist eine maximale Wirtschaftlichkeit in der Wärmeversorgung garantiert. Die Wirtschaftlichkeit inkludiert dabei auch den minimalen Wärmeverlust der Rohrleitung, also die sogenannten „Netzverluste”, da nur so viel Wasser wie notwendig durch das Fernwärmenetz gefördert wird.

Dieses System kann auch bei großen Fernwärmenetzen mit mehreren Pumpstationen ideal angewandt werden, da diese miteinander kommunizieren und so auf Druckunterschiede im Fernwärmenetz zeitgleich reagieren können.

Schritte zur effizientesten Variante

Zunächst müssen die aktuellen „Schlechtpunkte“ im Fernwärmenetz identifiziert werden. Dies kann empirisch erfolgen oder anhand detaillierter Rohrleitungspläne berechnet werden.

Wenn mittelfristig Änderungen am Fernwärmenetz geplant sind, kann es zu Verschiebungen der Schlechtpunkte kommen. In diesem Fall ist es sinnvoll, mehrere Schlechtpunktmessungen zu installieren. Der Differenzdruck wird, wenn keine andere Übertragung möglich oder wirtschaftlich ist, über eine GSM-Verbindung an das Heizwerk übertragen.

Durch die kabellose Übertragung der Informationen lässt sich die Schlechtpunktmessung mit geringerem Aufwand versetzen. Dieser Vorteil bekommt bei Fernwärmenetzen Bedeutung, die laufend erweitert oder durch Ringschlüsse verändert werden. Um über den aktuellen Status der Schlechtpunkte und des Pumpenzustands informiert zu sein, werden diese Informationen über eine webbasierte Visualisierung dem Anwender zur Verfügung gestellt. Kommt es zu einem Signalausfall zwischen Schlechtpunkt und Heizwerk, wird automatisch und sprungfrei auf eine Fallback-Lösung auf der SPS, welche direkt für die Sollwertvorgabe der Fernwärmepumpen verantwortlich ist, umgeschaltet.

Vorteile der Schlechtpunktregelung

  • Die Schlechtpunkt- und Pumpenmanagement-Module sind schnell und flexibel realisierbar.
  • Die Anzahl der Schlechtpunkte im Fernwärmenetz kann flexibel je nach Bedarf angepasst werden, ohne dass ein Betriebsstopp erforderlich ist.
  • Durch die effiziente Fahrweise lässt sich der Stromverbrauch der Fernwärmenetzpumpen um bis zu 15% reduzieren - dies bei gleichzeitiger Optimierung der Versorgungs- und Ausfallsicherheit sowie Reduktion der Wärmeverluste.

Alles aus einer Hand

Neben Spezialthemen, wie der Schlechtpunktregelung, sind die Wiener auch Experten für übergeordnete Regelungssysteme und haben mit der BCS Suite ein komplettes regelungstechnisches Lösungspaket speziell für Biomasse-Heizkraftwerke entwickelt. Dieses besteht aus verschiedenen Modulen, die auf existierende Anlagen aufgespielt werden. Die Regelung dockt an bestehende Automatisierungen und Sicherheitsabläufe an, ohne diese zu verändern oder zu beeinflussen.

Durch solche modernen Regelungsalgorithmen werden kostspielige Umbauarbeiten sowie damit verbundene Anlagenstillstände vermieden.