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Dr. Herbert Greisberger © Schneider

5-Geschosser in Holz

Ein Artikel von Administrator | 22.08.2001 - 00:00
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Dr. Herbert Greisberger © Schneider

Seit Dezember vergangenen Jahres dürfen in Wien wieder 5-geschossige Holzmischbauten errichtet werden, also auf einem mineralischen Sockel- drei Voll- und ein Dachgeschoss in Holzbauweise. Damit dürfen in der Hauptstadt nun Österreichs höchste und größte Holzmischbauten realisiert werden. Ein Viertel Holzbau. Die öffentliche Ausschreibung für das „Haus der Zukunft” stellte Dr. Herbert Greisberger von der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) am 12. Februar an der TU in Wien vor. Das 1-jährige Forschungsprogramm wurde vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie in Auftrag gegeben. Die Evaluierung der 194 eingereichten Unterlagen nahmen internationale Experten vor, die 37 Projekte für förderungswürdig hielten. Von öffentlicher Hand wurden 50 Mio. S zur Verfügung gestellt.

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Univ.-Prof. DI Wolfgang Winter © Schneider

Rundum-Service. In Zusammenarbeit mit dem Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft (FFF) wird den Projektteilnehmern umfangreiche Unterstützung angeboten. Über die finanzielle Hilfe hinaus treibt man eine Plattformbildung, Vernetzung und den Informationsaustausch voran. Dabei werden Projektcontrolling und Montoring ebenso wie PR-Maßnahmen nicht vergessen. Die nächste Ausschreibung gibt es zum Thema „Sanierung”. Von der Zwei- zur Einschaligkeit. Für die Konstruk-tion eines Mehrgeschossers in Wien wurde eine Grundlagenstudie über Wandsysteme an der Technischen Universität vorgenommen, so Univ.-Prof. DIWolfgang Winter von der TUWien. Nach einer Kostenuntersuchung fiel die Entscheidung eindeutig zugunsten einer einschaligen Konstruktion aus, die bei Mach Holzbau, Wien, in Auftrag gegeben wurde.

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DI Heinrich Lester

Je massiver, je teurer. Die Preiskalkulation wurde von Bmst. DI Heinrich Lester von Schöberl & Pöll, Wien, präsentiert. Dabei hat man Lohnkosten von 472 S/h unterstellt, zeitgebundene Kosten und Transportkosten blieben außer Ansatz. Bei den Konstruktionen wurde gleichwertiger Wärme-, Schallschutz und Ausbaugrad unter die Lupe genommen.
Das Wandelement des „Hauses der Zukunft” aus Holz beläuft sich auf 1189 S/m2, eine vergleichbare Stahlbetonmauer mit Vorsatzschale kostet 1285 S/m2. Preisbestimmend ist die Montageart. Das Anbringen von haushohen Elementen ist günstiger als das von Kleintafeln. Decken im Vergleich. Bei der Decke ist Holz vergleichsweise teuer:
l Stahlbetondecke mit Zementestrich mit 1182 S/m2
l Rahmenbaudecke mit Fließestrich (F60) mit 1202 S/m2
l Brettstapeldecke (Kohlbacher Type D4-01) mit 1481 S/m2
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DI Dr. Thomas Bednar © Schneider

Rahmenbau oder Pfostenwand. Bauphysikalische Ergebnisse, ermittelt mit Hilfe eines Simulationsprogramms, das den gekoppelten Wärme- und Feuchtehaushalt von Gebäuden abbildet, stellte Dipl.-Ing. Dr. Thomas Bednar vor. So ist der Ein-fluss der Bauweise (Holz- oder Massivbau) für das Innenklima in der kalten Jahreszeit gering. Es lassen sich jedoch Unterschiede in den Holzbauweisen feststellen. So sind selbst bei zusätzlicher Außendämmung bei einem Rahmenbau die Zustände im Deckenanschluss kritischer (Überschreitung der Grenzfeuchtekur- ven) als bei einem erhöhten Holzanteil, wie er bei Pfostenwänden gegeben ist.

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Optimierte Wandelemente, von Mach, Wien, gefertigt © Schneider











Vorsatzschalen nötig. Zur Einhaltung einer Standardschallpegeldifferenz von 55 dB müssten Massivholzwände Vorsatzschalen besitzen. Beson- ders zwischen Wohneinheiten durchlaufende Massivholzdecken sind problematisch, da Vorsatzschalen benötigt würden, die technisch (noch) nicht machbar sind. Bei zwischen den Geschossen durchlaufenden Trennwänden ist mit entkoppelten Vorsatzschalen die Einhaltung der Önorm möglich.

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DI Ferdinand Schmid © Schneider














Holzdecken unter Feuchträumen. Über die kommende Technik-Novelle zum Brandschutz im Holzbau referierte DI Ferdinand Schmid, Senatsrat i. R., Magistrat der Stadt Wien. In der voraussichtlich ab August gültigen Verordnung sind Holzdecken unterhalb von Feuchträumen wieder möglich. Viergeschossige Holzbauten sind in F60 ohne Einschränkung machbar. Ab 5 Etagen ist das Sockelgeschoß mineralisch auszuführen. Auf die gesamte Höhe gesehen, müssen alle 1000 m2 Brandabschnitte vorgesehen werden. Bei gleichen Besitzern kann die F90-Brandwand auch brennbare Bestandteile aufweisen, bei 2 Eigentümern darf die Tragkonstruktion der Feuermauer keine brennbaren Materialien beinhalten. Auch bei Passivhäusern muss der Keller in F90 ausgeführt werden, obwohl sich keine Heizanlage darin befindet.
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Rob Grantham © Schneider

Timber Frame 2000-Project. Seit 1991 ist in Großbritanien auch Holzbau von fünf bis zu sieben Geschossen zulässig. Ab 11 m gelten strengere Brandschutzmaßnahen, so Rob Grantham. Vom Zentrum für Holztechnik und -konstruktion (BRE) in Watford/GB wurden in einem stillgelegten Hangar ein sechsge-schossiges Haus in Holzbauweise errichtet und Untersuchungen daran durchgeführt.
Die Außenwände wurden gedämmt, innen mit OSB und Gipskartonplatten beplankt und außen verklinkert. Die Nagelplattenbinder des Dachs wurden auf dem Boden zusammengebaut und mit einem Mobilkran montiert.

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An der TU Wien entwickelter Wandaufbau: auf Innenseite Vorsatzschale mit Verstärkung aus Holzlamellen und Beplankung aus GKF, Außenfassade mit „recyceltem“ Wiener Ziegel © Schneider

Feuer im Hangar. Von Interesse ist die Setzung des Gebäudes, schließlich wurden allein 110 t Gipskartonplatten verbaut. In der Höhe wurde eine Toleranz von 1 bis 12 mm ermittelt. Zusätzlich wurde ein Teil der Hausecke entfernt und die Reaktion des Gebäudes gemessen. Die Steifigkeit des Gebäudes wird mit der Verklinkerung um das Fünffache erhöht.
Zu guter Letzt führte man am Gebäude zwei Brandversuche durch, einen im Treppenschacht, den zweiten in einer Wohnung. Untersucht wurde die Rauchentwicklung, die Ausbreitung des Feuers und die Beschädigung an der Konstruktion. Nach 24 min erfolgte der Flashover, nachdem eine Fensterscheibe von der Feuerwehr zertrümmert wurde. Die Temperatur stieg infolgedessen von 600 auf 1000 °Can. Unterhalb des „hot gas level” wurde die Einrichtung kaum durch das Feuer zerstört.
5-geschossiger Holzwohnbau. Voriges Jahr wurde von der Sozialbau, ein Bauvolumen von 3 Mrd. S in Auftrag gegeben, so Dr. Herbert Ludl, Wien. An der Holzbauweise schätzt man den hohen Vorfertigungsgrad und die trockene Bauweise. Für den Entwurf eines 5-geschossigen Holzwohnbaus von Architekt Prof. Hubert Rieß, Graz, mit 150 Wohneinheiten musste die Wiener Bauordnung etwas „beweglich” gemacht werden, so Ludl. Das oberste Limit der Herstellkosten liegt bei 17.600 S/m2 (ohne Grund und Boden). Wichtigster Motivator und Betreiber im Hintergrund: die Mannschaft vonproHolz Austria.CS
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Verbindung Geschoss-Decke zu Wand: mit Spezialwerkzeug auf einer Abbundanlage von Hundegger, Hawangen/D gefertigt © Schneider

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Wandgestaltung mit Lehmziegel und Fertiglehmputz © Schneider

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Beplankung mit Durosol: der Holzanteil der Zement gebundenen Platte liegt bei 80% © Schneider

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Aufsehen erregend: der erste 5-Geschoßer im Herzen Wiens © Schneider

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Dr. Herbert Ludl