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DI Peter Niedermaier © Nöstler

Fassaden und Wintergärten

Ein Artikel von Administrator | 29.03.2004 - 00:00
Qualitativ hochwertige Wintergärten zu bauen erfordert absolute Professionalität. Es ist wie bei der Formel 1: Wenn das Team nicht passt, nützt das beste Auto nichts”, meinte DI Franz Wurm vom Wintergarten-Fachverband, Rosenheim/DE, anlässlich des Fenster-Türen-Treffs vom 18. bis 19. März in Alpbach, organisiert von der Holzforschung Austria (HFA), Wien.Planungsintensiv. „Ein Wintergarten erfordert für das Bau-Unternehmen viel Beratung und Planung”, so Wurm. Für die Sicherheit des Bauwerkes sei in erster Linie der Ausführende verantwortlich. Statische Nachweise für Wintergärten und die Anschlüsse an den Baukörper sollten immer erstellt werden. Bei der Konstruktion haben sich im Prinzip 2 Arten herauskristallisiert: die Element- sowie die integrierte Bauweise.
Der Idealfall der Durchführung stellt sich laut Wurm folgendermaßen dar: Die statisch berechnete und entsprechend erstellte Konstruktion wird unter Beachtung der Detailausbildung standsicher am Baukörper und Untergrund befestigt. Fenster- und Türenelemente sowie Festverglasungen werden zwischen die tragende Konstruktion gesetzt und unter Berücksichtung erforderlicher Ausdehnungsmöglichkeiten untereinander sowie mit dem Tragwerk innen luft- und außen schlagregendicht verbunden. Die Verglasung des Schrägdaches ist zwingend unter Beachtung einschlägiger Richtlinien auszuführen.Zu beachtende Maßnahmen. Wurm führte in seinem Vortrag einige bauphysikalische Richtlinien an, die beim Wintergartenbau beachtet werden müssen:
- trockene Konstruktion: Feuchtigkeit, die von unten eindringen kann, hinterlässt in Kürze Spuren
- Firstanschluss: innen luft- und außen schlagregendicht
- Traufausbildung: kontrollierte Bewässerung nach außen erforderlich
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DI Peter Niedermaier © Nöstler

Bauteile mit Durchblick. Fassaden sind multifunktionelle Bauteile und neben der Optik als Träger für Gebäudetechnik zuständig. „Fassaden müssen damit hohen Ansprüchen genügen, denen durch Kombination und Nutzung verschiedener Werkstoffe im Holzbau gut entsprochen werden kann”, so DI Peter Niedermaier, F&E-Leiter am Institut für Fenstertechnik in Rosenheim/DE. Für alle Konstruktions-Komponenten einer Fassade sollten durchgängig 3 Funktionsebenen umgesetzt werden:
- Wetterschutz - zur Verhinderung des Wassereintritts von der Außenseite und kontrollierter Ableitung von eingedrungenem Wasser
- Funktionsbereich - für Wärme- und Schallschutz sowie zur Erfüllung der erforderlichen Statik
- Trennung von Raum und Außenklima mit dem Ziel, die Konstruktion auf der Raumseite luftdicht auszubilden2 Fassadentypen. Im Wesentlichen kann zwischen 1- und 2schaligen Fassaden unterschieden werden. „Letztere ist bei guter Planung sehr leistungsfähig, sonst können große Probleme auftreten”, warnt Niedermaier. Ähnlich wie bei den Wintergärten wird die Konstruktion auf Basis der Element- beziehungsweise der Pfosten-Riegel-Bauweise durchgeführt. Als gute Werkstoffe haben sich Schichtholz, Birkensperrholz sowie Furnierschichtholz herauskristallisiert.
„Fassaden sind zunehmend als eigenständige Konstruktion - also selbst tragende Bauteile oder Bauwerke - zu betrachten, da sie etwa bei Shed-Dächern neben Wind- auch Schneelasten aufnehmen müssen”, so Niedermaier. Die Tragsicherheit ist daher besonders für die verwendeten Werkstoffe, Verbindungs-mittel und Konstruktion relevant. Statische Nachweise seien unerlässlich. „Neuentwicklungen sollten eine Modulbauweise ermöglichen”, hofft Niedermaier auf künftige Entwicklungen.
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CongressCentrum in Alpbach: großflächige Glasfassade mit Paralam-Konstruktion © Nöstler

Forschungsprojekt Fassade. Erste Grundlagen zur Aussteifung mit Glas als tragendes Element im Fassaden- und Wintergartenbau hat das Institut für Fenstertechnik, Rosenheim/DE, gemeinsam mit der Technischen Universität München/DE in einem Projekt erarbeitet. Die Ergebnisse zeigen, dass Holzglas-Verbundelemente für die Aussteifung von filigranen Holzkonstruktionen eine leistungsfähige Alternative zu klassischen Aussteifungs-Möglichkeiten darstellen können. Zur praktischen Umsetzung sind jedoch weiterführende Untersuchungen notwendig.
Dipl.-HTL-Ing. Klaus Peter Schober von der HFA erläuterte in Alpbach das Forschungsprojekt „Holz-Glas-Verbundfassaden” mit geklebtem Glas als Tragelement. Dabei sollen bauphysikalische Gesichtspunkte, konstruktive Anschlüsse und statische Randbedingungen sowie die baurechtlichen Grundlagen näheren Betrachtungen unterzogen werden.Umsetzung. Das Projekt wurde in 3 Phasen unterteilt: Zuerst werden theoretische Überlegungen zu Wärmeschutz und Konstruktion angestellt. Leitdetails sowie erste Konstruktionsübersichten werden erarbeitet. Anschließend erfolgt der Transfer der Forschungsergebnisse in ein Pilotprojekt, das dann in die Baupraxis umgesetzt wird.
„Ziel des Projektes von Kind ist es, Holz-Glas-Kombinationen in Zukunft vernünftig einsetzen zu können”, erklärte Schober in Alpbach.
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Dr. Klaus Richter © Nöstler

Neue Trends in der Oberflächen-Behandlung. Der Anteil an Holz bei Fensterrahmen beträgt in der Schweiz 47%, in Deutschland hingegen nur 24%. „Wobei leider auch in der Schweiz ein abnehmender Trend erkennbar ist”, berichtete Dr. Klaus Richter, EMPA, Dübendorf/CH. In Bezug auf Lebensdauer und Pflegeleichtigkeit kann Holz bei Bauherren leider nicht punkten.
Während die Eidgenossen ähnlich wie in Österreich hauptsächlich auf Fichte zurückgreifen, wird für die Fensterrahmen in Deutschland Kiefer und Meranti eingesetzt. Um das Holz in der Außenanwendung so lange wie möglich zu schützen, sind hier - neben den konstruktiven Maßnahmen - vor allem die Beschichtungshersteller gefragt.
Die Anforderungen an Holzbeschichtungen betreffen den Licht- und Feuchteschutz sowie den Schutz gegen Oberflächen-verfärbende Pilze und Algen. Welche Art von Behandlung in Bezug auf die Maßhaltigkeit man einsetzt - Dünn- oder Dickschichtlasur -, ist in der Norm EN 927-1 geregelt.
Bei den Beschichtungs-Systemen haben in jüngster Zeit die Hydrophobierungen aufhorchen lassen. Diese Substanzen sollen die Aufnahme von flüssigem Wasser ins Holz reduzieren oder vermeiden. Dazu werden Produkte auf Basis von Paraffin, Wachs oder Öl, die mit Bindemitteln vermengt werden, eingesetzt. „Hydrophobierungen sollten jedoch nur auf vertikalen Flächen eingesetzt werden, da auf vertikalen Wasser stehen bleibt und in der Sonne wie Brenngläser wirkt. Es entstehen unschöne Flecken”, meinte Richter.Aluminium wirkt selbstreinigend. Eine Neu-Entwicklung von Hersteller betrifft die Beimengung von winzigen Aluminium-Plättchen in die Beschichtung. Dadurch entsteht ein gewisser Selbstreinigungs-Effekt. Richter sieht dieses System aber (noch) nicht für die Anwendung bei Fenster geeignet. Bisher wurde der Einsatz nur bei Fassaden durchgeführt.
Als neuen Ansatz sieht Richter auch den gänzlichen Verzicht auf Anstriche. „Architekten oder Bauherren lassen sich durch ihre ästhetischen Ansprüchen aber nicht leicht davon überzeugen”, bedauerte Richter.
Beschleunigte Härtung. Über die Methoden der beschleunigten Lackhärtung berichtete DI Thomas Anderl, HFA. Die Filmbildung als physikalische Trocknung oder chemische Härtung wird durch Zufuhr von Wärme initiiert und beschleunigt. Die notwendige Wärmeübertragung erfolgt oftmals durch erwärmte Luft bei der Konvektionstrocknung oder auch durch Bestrahlung mit elektromagnetischen Wellen im Infrarot-Bereich.
Chemische Vernetzungs-Reaktionen können schnell und Energie sparend auch durch fotochemische Reaktionen erreicht werden. Durch den Einsatz von UV-Strahlung oder beschleunigten Elektronen kann innerhalb von Sekunden eine Härtung von Lackfilmen erfolgen. Die Vorteile der Strahlenhärtung liegen in der qualitativ hochwertigen Beschichtung, in hohen Durchsatzmengen, geringem Platzbedarf der Anlagen sowie hohem Automatisierungsgrad.
Leider trägt dies hohe Investitions- und Rohmaterialkosten mit sich. Außerdem treten bei 3-dimensionalen Bauteilen häufig Probleme auf. In der Fensterproduktion findet die UV-Strahlung seit einigen Jahre Anwendung.
Lufteinschlüsse bei Beschichtungen. Über den Stand der Technik hinsichtlich Lufteinschlüsse bei Oberflächen-Beschichtungen in der Fenstertechnik berichtete DI Gerhard Grüll, HFA. In einem Projekt wollte man repräsentative Daten über Größe und Häufigkeit von eingeschlossenen Luftblasen in Beschichtungsfilmen von Holzfenstern darlegen. Dazu wurden Lack- und Fensterhersteller aufgefordert, Proben an die HFA zu senden. Bei den Untersuchungen wurde festgestellt, dass gemäß der neuen Ausgabe der Önorm B 3803 11% der untersuchten Muster nicht der Norm entsprachen, laut der Önorm B 3803 (2000) hingegen 50% nicht den Anforderungen entsprachen.
Ziel der Arbeit ist es, Daten nach dem derzeitigen Stand der Technik zu erheben, Messmethoden für die Praxis zu entwickeln sowie Verbesserungsvorschläge darzulegen, um die Lufteinschlüsse in Zukunft zu vermeiden.Zukunfts-Musik? Über die Pulverbeschichtung von Holz und Holzwerkstoffen referierte Prof. Dr.-Ing. Helmut Bauch, IHD, Dresden/DE. Dr. Carsten Becker-Willinger, Institut für neue Materialien, Saarbrücken/DE, berichtete in Alpbach über die Nanotechnologie. Eine Anwendung von Pulverlacken bei Massivholz ist aus Gründen höhere Ausgleichsfeuchte, der Porigkeit, der Gefahr von Trocknungsrissen sowie Verwindungen sehr schwierig. Auf Messen wurden jedoch schon mit Pulver-Klarlack beschichtete Fensterrahmen ausgestellt.
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Podiumsdiskussion mit Freisinger, Pöschl, Lex (Moderation), Steinklammer, Heiling und Nussmüller (v. li.) © Nöstler

Heiße Diskussionen. Über das Für und Wider von Holzfenstern diskutierten die Architekten DI Werner Nussmüller, Graz, DI Georg Steinklammer, Lienz, und DI Wolfgang Pöschl, Lienz, contra Hersteller Ing. Hans Heiling, Gaulhofer, Übelbach, und DI (FH) Paulus Freisinger, Freisinger Fensterbau, Ebbs.
Sahen die Architekten keinen wesentlichen Mehrwert im Holzfenster für Kunden, führten die Hersteller Natürlichkeit, Haptik und Optik in den Verkaufsargumenten an. Als Wünsche an das Christkind möchten Freisinger und Heiling, dass Bauanschlüsse mit den Architketen besser abgeklärt werden. Holzfenster sollen weiterentwickelt werden. Der Fenster-Wettbewerb des Holzcluster sollte als Anregung für die Industrie gedacht sein.