1183983349.jpg

Dr. Gerd Wegener erläuterte die Bedeutung der Forst- und Holzwirtschaft © DI (FH) Martina Nöstler

Ökobilanz Holz

Ein Artikel von DI (FH) Martina Nöstler | 09.07.2007 - 14:39
1183983349.jpg

Dr. Gerd Wegener erläuterte die Bedeutung der Forst- und Holzwirtschaft © DI (FH) Martina Nöstler

Eine gute Mischung an Referaten gelang den Veranstaltern FH Rosenheim/DE und HSB Biel/CH des 5. Internationalen Branchenseminars für Frauen der Holz- und Bauwirtschaft. Es wurde am 28. und 29. Juni in Meran/IT veranstaltet. Dr. Gerd Wegener, TU München/DE, brachte den knapp 160 anwesenden Frauen seine Sicht über „Nachhaltigkeit braucht Forst und Holz” dar. Ziele durch Umdenken erreichbar. „Die Forstwirtschaft und Holzindustrie sind wesentliche Pfeiler des zukunftsfähigen Wirtschaftens”, erläuterte er. Rund 30% (4 Mrd. ha) der weltweiten Landfläche sind Wald. Der gesamte Holzbedarf liegt bei 3,4 Mrd. m³/J, der Anteil des Brennholzes beziehungsweise der energetischen Nutzung bei fast 1,8 Mrd. m³/J. Von der Europäischen Ratspräsidentschaft Deutschland hätte man erwartet, Maßnahmen zu starten, die bis 2020 den Anteil an erneuerbaren Energien um 20% steigern, den CO2-Ausstoß um 20% verringern sowie eine 20%-ige Erhöhung der Energie-Effizienz bringen. Diese Ziele könnten aber nur erreicht werden, wenn gemeinsam wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Umlenk- und Umdenk-Prozesse passieren.Große Potenziale in USA und China gesehen. „Die Nachfrage nach Holz wird absehbar weiter steigen”, ist Wegener überzeugt. Vor allem in den USA und China sei großes Potenzial vorhanden. „Mit wachsendem Brutto-Inlands-Produkt (BIP) eines Landes steige auch der Bedarf an Papier und Pappe. Dasselbe gelte für die Holzwerkstoffe. Die Holz-Nachfrage wachse auch mit höherer Lebensqualität”, meint Wegener.
Fünf Länder besitzen etwa die Hälfte der weltweiten Waldfläche: Russland, Brasilien, Kanada, USA und China. „Es findet weiterhin ein Waldflächenverlust von rund 13 Mio. ha/J statt, 7 Mio. ha/J werden - überwiegend durch Plantagenwirtschaft - abgefedert”, erläuterte Wegener. In einem 10-Punkte-Katalog zeigte er die wichtigsten Argumente für Forst und Holz wie etwa den Kohlenstoffspeicher von holzbasierten Produkten und den aktiven Klimaschutz von bewirtschafteten Wäldern auf. „Forst und Holz spielen eine wichtige Rolle in Konzepten zur Nachhaltigkeit und zum Klimaschutz”, bekräftigte Wegener.
1183983300.jpg

Kurhaus Meran war zum 5. Mal Austragungsort des Internationalen Branchenseminars für Frauen der Holz- und Bauwirtschaft © DI (FH) Martina Nöstler

Ökobilanzierung von Holzprodukten. In dasselbe Horn wie Wegener stieß DI Silke Nemuth, PE International, Leinfelden-Echterdingen/DE. Sie stellte das Forschungsprojekt ÖkoPot vor, bei dem die Potenziale - besonders von Holz - unter Berücksichtigung der Ökobilanzierung untersucht werden. Geprüft wurden verschiedene Innenwand-Konstruktionen (Holzständer-, Metallständer-, Massivwand) hinsichtlich Treibhaus-Potenzial und Primär-Energiebedarf.
Im ÖkoPot-Projekt wurden für das Produkt Innenwand berechnet, dass eine Steigerung des Anteils von Holzinnenwänden von derzeit 7 auf 30% deutschlandweit mehr als 1000 Tera-Joule (TJ) Primär-Energie und 170.000 t CO2-Äquivalente im Lebenszyklus eines Produktes eingespart werden können. Basis des Projekts waren Ökobilanzen und Marktdaten. In Detailanalysen weisen die Ökobilanzen weitere Möglichkeiten auf: So könnten die Holzinnenwände deutlich verbessert werden, wenn man umweltfreundliche Dämmvarianten verwendet, da Dämmung bis zu 40% zur Umweltwirkung beiträgt”, berichtete Nemuth.Mehr Holz am Bau. „ Die Bauproduktion in Österreich beträgt etwa 15% des BIP”, erläuterte Univ.-Prof. DDI Wolfgang Winter, TU Wien. Das sind pro Kopf 3700 €/J. Es werden 20.000 Einfamilienhäuser pro Jahr gebaut, davon nur rund 4000 (20%) in Holz (meist Fertighäuser). „Von 30.000 mehrgeschossigen Bauten errichten die Österreicher lediglich 2% in Holzbauweise”, führte Winter aus. Im Wiener Wohn- und Bürobau betragen die gespeicherten CO2-Äquivalente von Holz in Tragwerken sowie im Ausbau über 8 Mio. t. Der Energieinhalt liege bei 83.000 TJ, führte Winter aus. „Ziel ist es, mehr Holz im Bau einzusetzen und den Vorfertigungsgrad zu erhöhen”, forderte er.Guter Bogen gespannt. Der Nachmittag gliederte sich in die zwei Themenblöcke Akustik und Ästhetik, wobei der Holzbau im Vordergrund stand sowie Material und Gestaltung mit Designtrends und Holzwerkstoffen. „Der Einsatz von unterschiedlichen Oberflächen und Holztexturen im Innenausbau ermöglicht es uns, das Spannungsfeld zwischen Design, Material und Haptik auszureizen”, forderte Prof. Stefanie Eberding, (se)arch, Architekten BDA, Stuttgart/DE, das breite Anwendungsfeld von Holz zu nutzen.
„Der Einsatz von Holz in unserer Arbeit als Architekten ist bei unseren Projekten ein fester Bestandteil geworden”, erläuterte Eberding. Sie stellte den Teilnehmerinnen einige Objekte vor, bei denen Holz - neben anderen Materialen wie Stahl oder Beton - als Gestaltungs- oder konstruktives Element eingesetzt wurde. So wurde etwa beim Objekt Loft Michel ein in den Raum eingestelltes Möbel aus Zebrano verwendet, das die beiden ansonst offen gehaltenen Ebenen optisch miteinander verbindet. Im Inneren dieses Blocks befinden sich untergeordnete Nutzungen wie Garderobe, Handwaschnische, Toilette und Abstellflächen.Akustik im Holzbau. „Ein Gebäude wird später nicht dadurch beurteilt, wie es aussieht, sondern was es leistet.” Architekt Manfred Fetscher, Illmensee/DE, berichtete in Meran über seine Erfahrungen hinsichtlich der Akustik. „Wir versuchen, zweckmäßig, dauerhaft und schön zu bauen. Kein Material wird bevorzugt, sondern nach Qualität, Einsatz und Möglichkeit verwendet”, führte Fetscher aus. Wie sich der Schall in einem Raum ausbreitet und wieder reflektiert wird, hängt von der Oberflächenbeschaffenheit ab. Fetscher brachte als Beispiel die Mehrzweckhalle in Illmensee, die obwohl komplett in Holz ausgeführt, dennoch eine schlechte Akustik habe. Bei Folgeprojekten hat Fetscher nun oftmals auf die Akustik-Elemente von Lignotrend, Weilheim-Bannholz/DE, zurückgegriffen und damit gute Erfahrungen gemacht. Auch setzt er über 2,5 m Raumhöhe sägeraues Holz ein, das ebenso einer guten Akustik dienlich ist.
„Eine gute Raumakustik ist kein Zufallstreffer, sie muss geplant werden und sie ist meistens von uns Architekten planbar”, schloss Fetscher.
1183983262.jpg

Beatrix Peter-Knauf, Geschäftsführung Knauf Osteuropa © DI (FH) Martina Nöstler

Marktchancen in Osteuropa. Diesem Thema widmete sich Beatrix Peter-Knauf und berichtete über ihre Erfahrungen als Mitglied der Geschäftsführung Osteuropa bei Knauf, Wien. Knauf Osteuropa umfasst 20 Länder. In diesem Bereich betreibt das Unternehmen 15 Werke mit rund 2000 Mitarbeitern. 2006 wurde in Osteuropa ein Umsatz von 390 Mio. € erzielt. Dieser hat sich seit 2000 nahezu verdoppelt. „Osteuropa ist äußerst effizient”, stellte Peter-Knauf der Region ein gutes Zeugnis aus. Sie verglich zur Veranschaulichung Deutschland und Rumänien: So habe das osteuropäische Land nur ein Viertel der Einwohner Deutschlands und ein anteilsmäßig noch geringeres BIP pro Kopf. Der Gesamtabsatz an Platten sei 2006 in Rumänien pro Kopf aber über dem unserer Nachbarn gelegen. Beim internationalen Pro-Kopf-Verbrauch an Gipskartonplatten liegen Estland und Irland höher als Großbritannien.
„Es besteht weiterhin ein großes Wachstums-Potenzial für Hochbau in Osteuropa. Das Potenzial des Trockenbaus steigt exponentiell zu den wirtschaftlichen Kennzahlen. Der Trockenbau bietet im Osten das größte Potenzial aller Bausysteme”, zog Peter-Knauf ein Fazit.
Knauf verfügt weltweit über 130 Produktionsstätten in mehr als 35 Ländern und erwirtschaftete 2006 einen Umsatz von 4,7 Mrd. €. Heute wird das Unternehmen von Niklaus und Baldwin Knauf vom Stammsitz Iphofen/DE geführt.
1183983196.jpg

DI (FH) Heidrun Fillafer, Assistentin der Geschäftsführung bei Mafi, Schneegattern © DI (FH) Martina Nöstler

Führung und Personal. Ein Vortrags-Block in Meran war dem Thema Führung und Personal gewidmet. Dazu gab es Referate sowohl aus der Theorie als auch Praxisberichte aus einem Unternehmen. DI (FH) Heidrun Fillafer, Assistentin der Geschäftsleitung beim Naturholzboden-Hersteller Mafi, Schneegattern, berichtete über ihre Erfahrungen in Bezug auf Teamfähigkeit in der Produktion. Das Unternehmen fertigt mit 80 Mitarbeitern 300.000 m²/J „Kunstwerke zum Begehen”, wie sie in Meran ausführte. „Unser Erfolg ist die Liebe zum Holz und unsere Stärke sind die Innovationen”, ist Fillafer sich sicher. Vor zwei Jahren hat man im Unternehmen komplett umstrukturiert: Durch Teambildung (je Gruppe zwischen vier und acht Personen) hat man den Betrieb in Arbeitsgänge eingeteilt sowie eine leistungsgerechte Entlohnung eingeführt. Dieser unterteilt sich in Grundgehalt und Qualifikation. „Das Team in der Produktion bekommt beispielsweise für einen Auftrag eine bestimmte Zeit vorgegeben. Sind sie schneller, fließt die Hälfte der Ersparnisse den Mitarbeitern als Prämie zu, die anderen 50% kommen dem Unternehmen zu Gute”, erklärte die studierte Holzwirtin.
Außerdem werden Abläufe im Unternehmen kontinuierlich verbessert - auch durch qualifiziertes Personal. Damit hat man es bei Mafi in den vergangenen zwei Jahren geschafft, die Produktivität pro Mitarbeiter auf 4 m²/h nahezu zu verdoppeln. „Ich bin sehr stolz auf mein Team”, schloss Fillafer.
1183983323.jpg

Burga Warrings, Provice Vertriebs- und Marketingagentur, Landsberg am Lech/DE © DI (FH) Martina Nöstler

Eigenen Marktwert erkennen und steigern. „Wenn ich zuviel Auswahl habe, kaufe ich tendenziell gar nichts. Heißt es dann, wenn ich weniger anbiete, dass ich dann mehr verkaufe”, fragte Burga Warrings, Provice Vertriebs- und Marketingagentur, Landsberg am Lech/DE, die Zuhörer. Der Markt habe sich verändert: Die Mittelschicht breche weg, das Premium-Segment sowie die Discount-Schiene wachsen stark. „Handwerksbetriebe verkaufen sich tendenziell unter ihrem Wert”, meinte Warrings. Die Wahrnehmung des Marktes führe zum Erfolg: „Bringen Sie in Erfahrung, was die Kunden über Sie sagen und streuen Sie positive Informationen”, riet Warrings: „Durch viele zufriedene Kunden ist unsere Auftragslage gut.” Die Unternehmen sollten sich umorientieren: „Bin ich ein Spezialist oder biete ich einen Bauchladen an?”Aufmerksamkeit erreichen. Als sehr gelungene Aktion, wie man sich bei Kunden positiv und außergewöhnlich in Erinnerung behält, brachte Warrings folgendes Beispiel: Eine Tischlerei hat den Möbeln ihrer Kunden Geburtstagskarten geschrieben. „Die Besitzer wundern sich wahrscheinlich darüber, aber erzählen es bestimmt auch weiter”, meinte Warrings schmunzelnd. „Verfolgen Sie eine kontinuierliche Linie, denken Sie vernetzt und arbeiten Sie in Kooperationen.”
„Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied”: Die Trainerin Uschi Eichinger, Welden/DE, zeigte den Teilnehmerinnen die negativen Auswirkungen von Stress auf den Organismus auf. „Positiv denken heißt nicht, Probleme zu ignorieren, sondern Situationen zu ändern”, erläuterte Eichinger.
„Das Leben ist so rücksichtslos, dass man genauso gut Optimist sein kann und das macht auch noch Spaß.”
Renate Rubinstein
1183983237.jpg

Gruppenarbeiten in Meran: Teamfähigkeit zeigen © DI (FH) Martina Nöstler

Last but not least erklärte Georg Staub, Staub Mega Memory, Erlenbach/CH, anhand wirkungsvoller Methoden, wie man sein Gedächtnis trainieren kann. Ein Namensgedächtnis sei für jeden von Bedeutung: Er zeigte, wie man sich anhand von Gegenständen schnell, einfach und spielerisch die letzten zehn amerikanischen Präsidenten merken kann - die Teilnehmerinnen werden diese wohl jederzeit aufsagen können ...
Netzwerke pflegen und Kontakte bilden sei für Frauen sehr wichtig, meinte Prof. Dr. Katrin Künzi, BFH Biel, in ihrer Eröffnungsrede. Das Seminar in Meran sei dafür ein geeigneter Ort in entspannter Atmosphäre, um über den eigenen Tellerrand hinauszublicken.
Das nächste Frauenseminar wird am 26. und 27. Juni 2008 wieder in Meran über die Bühne gehen.