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Inmitten von Palästen, Kirchen und Kanälen wurde das Palettenhaus aus 800 gebrauchten Europaletten in Venedig aufgestellt © Pils

Venedig sehen und staunen

Ein Artikel von Forstassessor Peter Liptay | 13.10.2008 - 20:30
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Inmitten von Palästen, Kirchen und Kanälen wurde das Palettenhaus aus 800 gebrauchten Europaletten in Venedig aufgestellt © Pils

Normalerweise werden gebrauchte Paletten verbrannt. Uns ging es darum, eine sinnvollere Verwendung zu finden”, erklärte Gregor Pils von der Technischen Universität (TU) Wien, der mit Andreas Claus Schnetzer für den Entwurf des Palettenhauses mit dem 1. Preis beim EU-Architektur-Wettbewerb Gau:di geehrt wurde. Angesichts mehrerer hundert Teilnehmer renommierter europäischer Universitäten eine beachtliche Leistung.

Mit Modulen aus gebrauchten Europaletten stellt das Palettenhaus eine flexible, leicht auf- und abbaubare Konstruktion dar, die nicht nur kostengünstig, sondern auch ökologisch ist. Aus 800 Paletten entstand ein 60 m2 großes Gebilde. „Heute lebt jede sechste Person auf der Welt in einem Slum. Palettenhäuser könnten Verwendung als kostengünstige und vor Ort leicht zu installierende Form alternativer Unterkünfte darstellen”, verwies Schnetzer auf den sozialen Hintergrund des Palettenprojekts. Der Preis pro Palette lag bei 8 €.

Unterkünfte für Arm und Reich

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Stolze Preisträger: Die österreichischen Architekturstudenten Gregor Pils (re.) und Andreas Claus Schnetzer, TU Wien, gewannen den EU-Wettbewerb Gau:di © TU Wien

Andere Einsatzgebiete sind Slums in Entwicklungsländern oder temporäre Bauten (wie Rotkreuz-Stationen) in Katastrophengebieten. Durch unterschiedliche Ausführung kann das Palettenobjekt vielfältigen Situationen angepasst werden. Auch ein Einsatz als Wochenendhaus ist denkbar. Die beim Wettbewerb eingereichte Version war ein Gebäude in Niedrigstenergie-Bauweise.

Massiv aus heimischen Wäldern

25 fm Fichten-Gebirgsholz aus Salzburger Wäldern wurden dafür bei Holz Deisl eingeschnitten. „Auf Leim und Chemie wurde bei der Produktion verzichtet”, berichtet Inhaber Markus Deisl, der mit seinem Unternehmen Mitglied der Herstellergemeinschaft MH Massivholz Austria ist. Unter der Marke MH vermarktet die Herstellergemeinschaft qualitätsgesichertes Bauholz. Die MH-Produkte werden als 100 % biologische Alternative zu verleimten und chemisch behandelten Holzprodukten angeboten. Die Verwendung anderer Materialien wurde beim Palettenhaus auf ein Minimum reduziert.
Auf hochwertige Dämmstoffe wurde großer Wert gelegt, um mit einer Heizleistung von 25 kWh/m2 auszukommen. Regenwasser wird über das Dach aufgefangen und in einer Zisterne gesammelt. Die Projektinitiation und -betreuung erfolgte durch Ass.-Prof. DI Dr. Karin Stieldorf vom Institut für Architektur und Entwerfen der TU Wien. Die vielseitige und ökologische Bauweise konnte auf Basis ihres Innovationsgehaltes inzwischen patentiert werden.

Neben Gondeln und Palästen

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Skizze des 60 m2 großen Palettenhauses, das als Rotkreuz-Station oder Unterkunft in Slum-Gegenden Verwendung finden könnte © TU Wien

Das Palettenhaus wurde binnen drei Wochen in Wien vorgefertigt und mit vier Lkw zum Hafen von Venedig transportiert. Dort wurden die vorgefertigten Teile per Schiff zum Bauplatz am Quai gebracht. Nach zehn Tagen Aufbauzeit wurde das Palettenhaus am 15. September eröffnet und war bis zum 30. September auf der 11. Architektur-Biennale in Venedig zu sehen.

Neben historischen Gebäuden, prunkvollen Palästen und romantischen Kanälen erregte das Objekt viel Beachtung. „Die prominente Lage des Palettenhauses direkt am belebten Quai hat viele Besucher auf unser Projekt aufmerksam gemacht. Auch das mediale Interesse war sehr hoch. Wegen des positiven Feedbacks sind wir zuversichtlich, dass es in Zukunft weitere Palettenhäuser geben wird”, freute sich Pils. Der nächste Standort des Prototyps wird Wien sein, wo das Palettenhaus am 10. Dezember im Museumsquartier eröffnet wird.