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Voll besetzte Sitzreihen: Der Holzbaumeistertag der Bundesinnung Holzbau auf der Internationalen Holzmesse in Klagenfurt © Michael Reitberger

Aus mit der Holz-Diskriminierung

Ein Artikel von DI Michael Reitberger | 01.09.2012 - 08:15
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Bundesinnungsmeister Richard Rothböck will auch 2015 wieder kandidieren © Michael Reitberger

„Mit Holz können wir fast alles bauen. Wir müssen uns nur nehmen, was die Natur uns schenkt“, leitete Kärntens Landeshauptmann und bekennender Holzfan Gerhard Dörfler seine Begrüßungsworte zur Bundestagung Holzbau 2012 am 31. August auf der Internationalen Holzmesse Klagenfurt ein. Unter dem hölzernen Tragwerk des vollbesetzten Obergeschoßes der Halle 5 versammelte sich am Vormittag des zweiten Messetages ein bedeutender Teil jener Personen und Innungsmitglieder, der im österreichischen Holzbau Rang und Namen hat. Der auf Verbandsebene ranghöchste Holzbaumeister unter ihnen, Bundesinnungsmeister Richard Rothböck, eröffnete den Holzbaumeistertag mit der Botschaft seiner erneuten Kandidatur für die Wahl zum Bundesinnungsmeister 2015, was im Publikum mit regem Applaus Zustimmung erfuhr. Rothböck betonte, wie wichtig es in der Vergangenheit war, den Stellenwert des österreichischen Holzbaus klarzustellen und wie sehr das auch in Zukunft von Relevanz sein wird. Gerade in schwierigen Zeiten sei man gefordert, einheitliche Voraussetzungen für den Holzbau über die eigenen Landesgrenzen hinaus voranzutreiben – auch wenn der österreichische Holzbau in der glücklichen Lage sei, von „Krisenszenarien“ bis dato noch verschont geblieben zu sein. Die willkommene Entwicklung des Holzbauanteils in Österreich (überwiegend im Ein- und Zweifamilienhausbau vor fünf Jahren 8%, heute über 30%) solle weiterhin vehement forciert werden. Dafür müsse der Werkstoff Holz noch intensiver im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen. Im gewerblichen und im öffentlichen Bau sei weitere Überzeugungsarbeit zu leisten. Besonders bei Sanierungen und bei Erweiterungsbauten punkte der Holzbau mit entscheidenden Vorteilen gegenüber dem Massivbau. Diese Nachricht will Rothböck vor allem politischen Spitzen vermitteln, um bei Ausschreibungen der „Diskriminierung von Holz“ ein endgültiges Ende zu setzen.

Poesie des Holzbaus

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Für Univ.-Prof. Horst Gamerith ist Holzbau ein Gedicht © Michael Reitberger

Untermalt wurde der Holzbaumeistertag 2012 von zwei Fachvorträgen hochkarätiger Referenten. Univ.-Prof. Horst Gamerith von der TU Wien brachte seine Leidenschaft für den Holzbau mit Poesie zum Ausdruck. Mit einer Reihe ebenso informativer wie polarisierend wirkender Reime zeigte er seine Betrachtungsweise des „modernen Bauwesens“ auf und riet der Hörerschaft zu mehr Liebe zum Detail und zur verstärkt kritischen Hinterfragung von vermeintlich Selbstverständlichem. „Warum jede Fuge ausspachteln? Wieso wartungsbedürftige Gebäudelüftungsrohre unzugänglich einbetonieren? Weshalb jeden freien Quadratmeter Dachfläche mit Fenstern ausstatten? – lauteten ein paar seiner Ansätze. „Zurücknehmen“ und „Nachdenken“ seien die Gebote der Stunde. Der Grazer Professor glaubt, dass die Zeitgenossen heutiger Generationen zu den letzten gehören, die sich noch Einfamilienhäuser bauen können. Das macht er sowohl an finanziellen wie auch an standörtlichen Kriterien fest. In Österreich werden laut seinen Aussagen pro Sekunde 2,3 m2 Naturland in Kunstland umgewandelt, was bald zu Grundstücksengpässen führen könnte. Außerdem setze sich der Trend zu Singlehaushalten ungebrochen fort. Deshalb und aufgrund des zunehmenden Zuzugs in urbanen Gegenden ist Gamerith ist von der Zukunftsträchtigkeit des Nachverdichtens von bestehenden Gebäuden überzeugt, was besonders für den Holzbau große Potenziale berge. Damit Gameriths Horrorszenario eines technikbeherrschten Menschen im von einem „Plastiksackerl“ umstülpten Eigenheim nicht zur Realität wird, rät der Professor zur Besinnung und Konzentration aufs Wesentliche. Besonders im Bauwesen solle darauf Wert gelegt werden, hochwertige, langwährende und ökologisch sinnvolle Produkte zu verwenden und diese mit Menschenverstand zu verarbeiten.

Effizienssteigerung um Faktor 10

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Dr. Peter Maskus will die Automobilindustrie revolutionieren - auch der Holzbau könnte sich verändern © Michael Reitberger

Nicht direkt mit der Holzbaubranche verwandte aber im Kern dennoch auch dafür zutreffende Aspekte zeigte der Maschinenbauingenieur Dr. Peter Maskus auf. Der Konstrukteur des, seiner Meinung nach, „Automobils der Zukunft“, dem sogenannten Acabion, wollte die Holzbauer in Kärnten zu mehr Innovationskraft ermutigen. Er selbst habe am Beispiel des Acabion bewiesen, dass herkömmliche und millionenfach produzierte Güter einer Renaissance unterzogen werden können. Nur weil sich Traditionelles in der Vergangenheit bewährt gemacht habe, müssen dessen Grundsätze nicht auch für die Gegenwart und schon gar nicht für die Zukunft gelten. Effizienzsteigerungen seien überall möglich, auch im Holzbau. So wie Maskus es schaffen will, die Strecke von Innsbruck nach Klagenfurt in unter 25 Min. zu fahren (mit einem Zehntel der Energie heutiger Verkehrsmittel) sei eine Steigerung um den Faktor 10 vielleicht auch im Bauwesen möglich. Maskus will seine Mitmenschen zum „Grübeln“ anspornen und ist davon überzeugt, dass „aus der Natur zu lernen unmöglich falsch sein kann“. Mit dieser Erkenntnis spannte er den Bogen zum Holz, welcher unter allen Baustoffen unbestritten zu den natürlichsten gehört.
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Voll besetzte Sitzreihen: Der Holzbaumeistertag der Bundesinnung Holzbau auf der Internationalen Holzmesse in Klagenfurt © Michael Reitberger