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Wohnhausanlage Mühlgrundweg: Die Schalung ist aus sägerauer Lärche © DI Alexander Klingler

Holzbau vom Feinsten

Ein Artikel von DI Alexander Klingler | 29.01.2013 - 00:45
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Imposante Dachkonstruktion: Die Dachfläche des G3 in Gerasdorf beträgt rund 60.000 m² © DI Alexander Klingler

Nördlich von Wien befindet sich das fünftgrößte Einkaufszentrum Österreichs. Auf über 70.000 m² vermietbarer Fläche bieten rund 140 Shops im G3 Shopping Resort in Gerasdorf ihre Waren an. Die Tatsache, dass es sich bei der Dachkonstruktion um eine holzbauliche Meisterleistung handelt, dürften nicht nur Fachleute verinnerlicht haben (s. Holzkurier Heft 27/11, S. 12–13).
Am 24. Januar lud proHolz Niederösterreich zur Exkursion „Bauen mit Holz – Wege in die Zukunft“ ein. Dabei wurden Vorzeigeprojekte aus dem Holzbau vor Ort vorgestellt. Das G3 war dabei der größte Programmpunkt.

Shoppingcenter unter 60.000 m² BSP

Das geschwungene Dach in Gerasdorf ruht auf 800 bis 20 m hohen Säulen. Die Primärkon­struktion besteht aus GL 24- bis GL 28-Brettschichtholzträgern. Sie weist die Brandschutzklasse R60 auf. Die Träger kamen dabei ausschließlich aus Österreich. Graf-Holztechnik, Horn, übernahm die Montage. Die flächige Sekundärkonstruktion setzt sich aus Brettsperrholzelementen, einer Dampfsperrschicht, einer XPS-Dämmung sowie einer PVC-freien Dichtungsbahn zusammen. Diese erreicht die Brandschutzklasse R30. Alle 1600 Brettsperrholzelemente kamen fertig abgebunden auf die Baustelle. Geliefert wurden sie von Stora Enso und Mayr-Melnhof. „Die Zusammenarbeit mit den BSP-Lieferanten hat ausgezeichnet funktioniert“, erinnerte sich DI Michael Bauer, Geschäftsführer von Graf-Holztechnik, zurück. Für die Montage selbst kamen Mobilkräne zum Einsatz. Während dieser Phase wurden täglich zwischen 1200 und 1600 m² auf die Dachfläche versetzt. Durch die Ausmaße des Einkaufscenters ergab sich eine Abwicklungslänge von 800 m. Die Baustellenlogistik war entsprechend herausfordernd.
Insgesamt wurden 3500 m³ Brettschichtholz und 8000 m³ Brettsperrholz verbaut. Bauer überraschte manche Exkursionsteilnehmer mit der Dauer, in der diese Menge an Holz in Österreich nachgewachsen ist: „Lediglich neun Stunden.“

Lärche sägerau für 67 Wohneinheiten

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Wohnhausanlage Mühlgrundweg: Die Schalung ist aus sägerauer Lärche © DI Alexander Klingler

Die Wohnhausanlage Mühlgrundweg in Wien wurde von den Architekten Mag. Herman Czech, Prof. DI Adolf Krischanitz und Mag. Werner Neuwirth geplant. Für jeden der drei Bauabschnitte war ein Architekturbüro zuständig. In einem Punkt waren sich die Planer jedoch einig: der Schalung. Diese fällt sofort ins Auge, sobald man sich der Anlage mit 67 Wohneinheiten nähert. Die sägeraue unbehandelte Lärchenschalung wurde von allen drei Architekten aufgrund ihrer Natürlichkeit befürwortet.
Rubner Holzbau,
Obergrafendorf, lieferte bei diesem Projekt 6450 m² Wandelemente, 77 Hauseingangstüren sowie 419 Lärchenfenster. „Eine besondere Herausforderung war es, die Schalung auf 9500 m² nach den Angaben der Architekten zu montieren“, informierte Ing. Jürgen Endler, Projektteamleiter von Rubner Holzbau, vor Ort. Auftraggeber dieser Wohnhausanlage war die Gemeinnützige Ein- und Mehrfamilienhäuser Baugenossenschaft.

Abgehoben am Hauptbahnhof

In luftige Höhen bewegte man sich bei der Besichtigung des Aussichtsturms Bahnpanorama. Dieser über 66 m hohe Turm ist ein sichtbares Zeichen des neuen Hauptbahnhofes in Wien. Jedoch nicht mehr lang: 2015 soll das Bauwerk wieder entfernt werden. Dies wirkt sich auch auf den konstruktiven Holzschutz aus. Da der Turm nur temporär genutzt wird, konnten BSH-Träger aus unbehandelter Fichte verwendet werden.

Miniaturholzbau im Künstlerhaus

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Enorme Spannweiten in Miniatur: Modell des Odate Jukai Dome Park © DI Alexander Klingler

Abschluss der Exkursion war eine Führung durch die Ausstellung „Bauen mit Holz – Wege in die Zukunft“ im Künstlerhaus am Karlsplatz (s. Holzkurier Heft 51-52/12, S. 44–45) . Präsentiert wurde von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Winter vom Institut für Tragwerksplanung und Ingenieurholzbau an der Technischen Universität Wien. Etwa 30 realisierte Projekte sind als Miniaturen ausgestellt. Durch die Ausstellung wird deutlich, welches Potenzial im Werkstoff Holz steckt – nicht nur als Baumaterial, sondern auch aus ästhetischen Gesichtspunkten. Weiteres Thema der Ausstellung ist die gerechte Ökobewertung der Holzprodukte. Die Schau kann in Wien noch bis 17. Februar besucht werden.