Die Erst- bis Viertklässler waren von einer Brettsperrholz-Konstruktion umgeben, denn die Stadt Wien ließ in den Sommerferien fünf Elementarbildungseinrichtungen in Holzbauweise erweitern. Erstmals setzte die österreichische Bundeshauptstadt auf den großflächigen Einsatz von Holz – und zwar nicht von irgendeinem. Es ist CLT von Stora Enso aus Bad St. Leonhard. Verbaut wurde es vom Modulbauspezialisten Stugeba, der ebenfalls in Bad St. Leonhard angesiedelt ist. Die beiden Unternehmen lieferten ihre Beiträge dazu, dass das Projekt ein voller Erfolg wurde. Pünktlich zum neuen Schuljahr stürmten die Schüler in ihre neuen Klassen. Davor gab es viel zu tun. Für die Montage waren nur sechs Wochen Zeit. Mehrere Projekte überlappten sich. Dass trotzdem alles klappte, ist zwei Profis zu verdanken, die sich auf Augenhöhe begegneten, gemeinsam die Projekte durchzogen und dabei voneinander lernten.
Holzbaustatik und Projektmanagement
Die Stugeba verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Modul- und Raumzellenbauweise. Über Jahrzehnte wurden Kernkompetenzen bei Logistik, Projektmanagement und GU-Abwicklung aufgebaut. Motto des Unternehmens ist schlicht: „Bauen in Bestzeit.“ Das zählt gerade bei Bildungseinrichtungen (Stichwort Sommerferien). Vor allem Wien investiert gegenwärtig massiv in seine Schulinfrastruktur. Im Vorjahr wurden von der Wiener Infrastruktur und Projekt-Gesellschaft (WIP) fünf Erweiterungsbauten von Volksschulen mit einer Nutzfläche von insgesamt 3600 m2 ausgeschrieben.Der Ausschreibungstext enthielt dabei eine kleine Revolution. Der Wiener Stadtschulrat verlangte für seine sechs- bis zehnjährigen Schützlinge dezidiert Schulen in Holzbauweise. Ob Holzriegelbau oder Massivholzbau, war egal, alle anderen Parameter, wie Montagedauer, Klassenzimmergröße, Schall- oder Brandschutzvorgaben, mussten die Holzbauten ebenso einhalten wie ein klassischer Stahlbau.
Auf gute Nachbarschaft
Setzten CLT im Modulbau ein: Gernot Weiß (Stora Enso), Jürgen Sturmer, Patrick Wastian und Christoph Rassi (Geschäftsführer beziehungsweise zwei Projektleiter Stugeba) und Niko Kumer (Projektverantwortlicher Stora Enso, v. li.) © Stugeba
Stugeba ist Experte für mobile Raumsysteme. Um einen raschen Bauablauf zu gewährleisten, werden die späteren Schulen, Bürogebäude oder Krankenhäuser im Werk als Module vorgefertigt. Der Grad des Werksausbaus ist individuell. In Falle der Wiener Volksschulen waren Fenster und die Heizkörper vorinstalliert. Wasser- und Stromleitungen wurden ebenfalls im Werk verlegt.
Das ist business as usual für den Modulbauer. „Die Gewerke der – beispielsweise – Fliesenleger oder Installateure kennen wir gut. Gänzlich neu in so einer Dimension war aber der Baustoff Holz“, erinnert sich Geschäftsführer Jürgen Sturmer.
Know-how-Austausch in beide Richtungen
In der CLT-Produktion von Stora Enso in Bad St. Leonhard werden die abgebundenen Platten verladen © Hannes Plackner
Der Know-how-Transfer deckte beispielsweise die kostenoptimale Dimensionierung ab. Es wurden 10 cm starke Wände und – je nach statischer Anforderung – 14 bis 28 cm starke Decken verwendet. Daraus entstanden Module mit 2,95 m Breite und 7 bis 9 m Länge. In Summe landeten in den fünf Schulen 2500 m3 CLT.
Auswahl, Dimensionierung und Anwendung der Verbindungsmittel legte Stugeba spezifisch auf die Anforderungen der Holztragkonstruktion aus. Auf Anraten von Stora Enso wurde auf das Sortiment von Rothoblaas zurückgegriffen. Die räumliche Nähe war natürlich ein Vorteil. „Wenn es eine Frage gegeben hat, sind wir einfach schnell ins Auto gesprungen und die paar Meter runtergefahren“, beschreibt Weiß.
Die Zusammenarbeit lebte man auch bei den nötigen bauphysikalischen Nachweisen. Die nötige Schalldämpfung erreichte man mit einem „optimierten Bodenaufbau“ (Sturmer), welcher mittels Messungen an einer Musterraumzelle erarbeitet wurde. Als Oberfläche war in allen Objekten eine Gipskartonschicht vorgeschrieben. Das wäre brandschutzmäßig nicht einmal unbedingt nötig gewesen. Der Wiener Stadtschulrat wollte das Projekt aber mit der herkömmlichen Bauweise so weit wie möglich vergleichbar machen – und das hieß nun mal Beplankung.
Schade, denn immerhin werden alle Stora Enso-CLT-Platten geschliffen ausgeliefert und hätten es damit auch verdient, gesehen zu werden.
Lieferung im Takt
Zurück in die Produktionshallen: Aufgrund des Zeitdrucks waren die Anforderungen von Stugeba bezüglich der Zulieferlogistik sehr hoch. Die CLT-Platten wurden just in time bei Stora Enso abgerufen und bereits wenige Stunden später zugestellt. Die Erfahrung unzähliger, bereits realisierter Baustellenanlieferungen und die örtliche Nähe zu Stora Ensos CLT-Produktion waren hier besonders wertvoll.Der Puffer war minimal, der Zeitplan strikt. Für jede Schule gab es ein sechswöchiges Fenster, wo die Montage möglich war. Für die Vorfertigung in Bad St. Leonhard waren acht Wochen anberaumt. Das summiert sich zu einer Gesamtproduktionsdauer von 14 Wochen. Und alles musste zwischen März (Auftragsvergabe) und September (Beginn des neuen Schuljahrs) organisiert, vorgefertigt und errichtet werden.
Partnerschaft für CLT-Modulbau
Der Brettsperrholz-Hersteller Stora Enso und der Modulbauspezialist Stugeba haben nach dem erfolgreichen Bau von fünf Schulen in Wien eine Kooperation vereinbart. Mit Modulen aus Massivholz sollen künftig vermehrt Projekte abgewickelt werden, welche nicht nur rasch gebaut werden müssen, sondern auch erhöhten Nachhaltigkeitsansprüchen genügen.Gemeinsam werden sich die beiden Unternehmen in Zukunft verstärkt dem Thema Modulbau in CLT-Massivholzbauweise widmen. Neben dem Schul- und Bildungsbau sehen Jürgen Sturmer und Gernot Weiß Potenzial bei Gesundheits- und Pflegebauten. Zudem wollen die beiden Partner zukünftig im Bereich Forschung und Produktentwicklung noch enger zusammenzuarbeiten.Aus einem Projekt wird eine Partnerschaft
Die fünf Schulen waren der erste großflächige Einsatz von Brettsperrholz im Wiener Schulbau, aber nicht der letzte. Die Auftraggeber sind mit dem Ablauf und der Qualität der Bauten zufrieden. Alle Fristen wurden eingehalten.Die geringen Mehrkosten werden von den Vorteilen aufgewogen. Sturmer schätzt, dass es um 3 bis 4 % teurer sei, in Holz zu bauen. Das liegt beispielsweise an der Dimension der Module. Während bei Stahl eine Klasse aus drei Einheiten bestehe, seien bei Massivholz vier Module nötig, erklärt der Geschäftsführer. Das ist es der Gemeinde Wien offenbar wert. Drei weitere Schulen in einem ähnlichen Ausmaß wurden bereits in Auftrag gegeben. Die Details werden gegenwärtig ausgearbeitet. Sturmer ist aber zuversichtlich, dass diesmal zumindest die Gänge zu den Klassen mit Sicht-BSP ausgeführt werden können. Künftig sollten die Schüler das Holz also nicht nur riechen, sondern auch anfassen können.
Dass erneut CLT von Stora Enso eingesetzt wird, liegt nach diesem erfolgreichen Projekt auf der Hand. Tatsächlich haben die beiden Unternehmen nun sogar eine Partnerschaft ins Leben gerufen (s. Kasten).
Volksschulen aus CLT in Wien
Standorte:Lavantgasse, Herchenhahngasse, Karl-Toldt-Weg, Molitorgasse, Brauhubergasse
Nutzfläche: 3.600 m2 (27 Klassenzimmer sowie Bewegungsräume, Garderobe und Werkstätten)
Bauweise: Modulbau mit vorgefertigten Elementen aus CLT mit 2,95 m Breite und 7 bis 9 m Länge
Auftraggeber: Wiener Infrastruktur Projekt GmbH (WIP)
Modulbau: Stugeba, Bad St. Leonhard
Tiefbau: Östu-Stettin
Brettsperrholz: 2.500 m3 von Stora Enso, Bad St. Leonhard
Zeitlicher Ablauf: Ausschreibung: November 2013, Vergabe: März 2014, schlüsselfertig: August 2014