Wolf Bavaria

Effizienter Schallschutz

Ein Artikel von Birgit Fingerlos (für holzkurier.com bearbeitet) | 27.01.2021 - 06:40

Der Schallschutz gehört zu den sensiblen Themen im Holzbau – zum einen, weil er mangels Masse zum Problem werden kann, zum anderen, weil er für die Bewohner von Holzgebäuden unmittelbar erfahrbar ist. Dabei liegt die Herausforderung oft im Detail. Um zum Beispiel den Trittschallpegel in mehrgeschossigen Gebäuden zu verbessern, erscheint die Stoßstellendämmung zwischen den Bauteilen als sinnvolle Verbesserungsmaßnahme. Bei dem hier vorgestellten Wohngebäude wurden als Wand- und Deckenauflagen Phone Strip-Entkopplungsstreifen von Wolf Bavaria, Heilsbronn/DE, eingesetzt. Diese können den Trittschallschutz von Wohnungstrenndecken je nach Luftschalldämmmaß der Außen- und Innenwände um 1 bis 6 dB verbessern. In den Fußböden kamen Phone Star-Schalldämmplatten zum Einsatz.

Ungeplante Baukosten

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Bei dem Wohngebäude in Geislingen, das auf bestehenden Garagen errichtet wurde, kam ein wirkungsvolles Schalldämmsystem zum Einsatz © Wolf Bavaria

Auf dem Hanggrundstück eines denkmalgeschützten Gebäudes in der Innenstadt liegend, steht der Neubau über den bestehenden Garagen im unteren Grundstücksbereich. Die Garagen waren laut Stadtbauamt so massiv, dass eine Bebauung kein Problem darstellte. Bauherr Thomas Becker und sein Geschäftspartner, Harald Glöggler, erwarben das Grundstück, um darauf einen Viergeschosser in Holz zu errichten. Das Gebäude wurde von Architekt Raimund Stolz entworfen. Werkplanung und Holzbau vergab die Bauherrschaft an Georg Rösch Holzbau, Amstetten. Georg Rösch brachte einige ­seiner bewährten Partner in das Projekt ein. Zu ihnen gehörte auch der Statiker, der dem Untergrund misstraute und ein Boden­gutachten in Auftrag gab. Dabei wurde bestätigt, dass der Untergrund unter den Garagen aus Schwemmland besteht, dessen Tragfähigkeit für das geplante Projekt nicht ausreicht. Damit waren die Garagen entgegen der Zusicherung des Stadtbauamts nicht für die Bebauung geeignet. Selbst für das vergleichsweise leichte Holzgebäude benötige man eine Gründung auf festerem Erdreich, das in etwa 3 m Tiefe zu finden war. Vor den Garagen setzte man deshalb acht betonummantelte Stahlstützen zwischen die Tore, hinter den Garagen genügte ein tiefes Fundament. Darüber liegen Stahlträger, welche die Last des Gebäudes in das Fundament und die Stützen ableiten. Dieser nicht geplante Aufwand trieb die Baukosten deutlich in die Höhe.

Problem Gewichtslimitierung

Dass man die Gründung zur Deckelung der Kosten möglichst filigran auslegen wollte, hatte Folgen für den Schallschutz: „Die Vorgaben für die Gebäudeklasse 4 mit mehreren Wohnungen konnten wir nun aus Gewichtsgründen nicht mehr auf konventionelle Weise mit einem Nassestrich einhalten. Also machten wir uns auf die Suche nach einem System, das bei geringem Gewicht einen hohen Schallschutz gewährleistet“, erinnert sich Rösch. Fündig wurde der Zimmermeister bei Wolf Bavaria: „Ich hatte mit dem Unternehmen vor längerer Zeit ein Projekt abgewickelt, bei dem es um den Schallschutz eines Daches ging.“

Inzwischen sind die Heilsbronner mit dem Entkopplungsstreifen PhoneStrip und geprüften, schalldämmenden Fußbodenaufbauten auf dem Markt. PhoneStrip- und PhoneStar-Schalldämmplatten in den Fußböden bestehen aus einer mehrlagigen, nassfest verleimten Kartonhülle und Sand, der Schallenergie wirkungsvoll durch innere Reibung absorbiert. Ihr Einbau führt bei Neubau und Sanierung zu einem verbesserten Schallschutz. Beide Produkte sind CE-zertifiziert und EU-weit einsetzbar.

Die konstruktive Basis der Decken bildeten in Geislingen 160 mm starke BSH-Platten, die bei der Montage mit einem X-fix-Verbindungssystem zusammengezogen und zu einer aussteifenden Scheibe verbunden wurden. „Da konnte man uns bei Wolf Bavaria genau sagen, welchen Fußbodenaufbau wir brauchen, um die vorgeschriebenen Schallschutzwerte einzuhalten“, berichtet Rösch. Der Fußbodenaufbau über der BSH-Decke besteht aus 2 mal 12,5 mm ­PhoneStar ST Tri-Schalldämmplatten, 20 mm Mineralfaserdämmung, 2 mal 15 mm PhoneStar Tri-Schalldämmplatten und 20 mm Wolf PowerFloor Light. PowerFloor Light ist ein auf die Schalldämmung abgestimmtes Fußbodenheizungssystem. Darüber kam eine 4 mm starke Wolf-Entkopplungsplatte plus Eichendielen oder eine Trennlage plus Klickvinyl beziehungsweise Fliesen.

Positiver Nebeneffekt

Der vorgeschlagene Fußbodenaufbau war so leicht, dass sich der gesamte Viergeschosser als Holzrahmenkonstruktion bauen ließ. „Mit einem Bitumen- oder Nassestrich hätten wir zumindest einen Teil des Gebäudes in Massivholzbauweise ausführen müssen“, erläutert Rösch.

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PhoneStar-Trittschalldämmplatten von Wolf Bavaria unterstützen den schalldämmenden Fußbodenaufbau © Wolf Bavaria

Weil man nun mit dem Deckenaufbau unter 100 kg/m2 blieb, genügte es, die Schwellen in BSH auszuführen, die Ständer in den tragenden Wänden der unteren Geschosse zu verstärken und den Ständerabstand minimal zu verringern. Das Ständerformat in der 280 mm starken Außenwand liegt zum Beispiel im Erdgeschoss bei 80 mal 280 mm und reduziert sich nach oben bis 60 mal 280 mm.

Mit Zellulose ausgeblasen, einer beidseitigen Beplankung aus 15 mm OSB und 12,5 mm Gipsfaserplatten sowie einer Holzfassade mit Unterkonstruktion weisen die Außenwände einen U-Wert von 0,15 W/m2K auf. Damit bilden sie die bauliche Voraussetzung für den Effizienzhaus 40 Plus-Standard, den das Gebäude durch die Ausstattung mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe, Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, einer Photovoltaikanlage und einem Stromspeicher erreichte.

Aus konstruktiver Sicht ist außerdem erwähnenswert, dass das Wohngebäude in Geislingen aus zwei Hälften besteht: Zwischen den Wohnungen befindet sich eine doppelt ausgeführte Brand- und Schallschutzwand, die in der Mitte mit Mineralfaser gedämmt ist und beide Gebäudehälften schalltechnisch vollständig entkoppelt.

Guter Schallschutz

Als Schallentkoppelung in der Vertikalen fungieren PhoneStrip-­Streifen zwischen den Wand- und Deckenelementen. Rein rechnerisch erbrachte der Einsatz der Entkopplungsstreifen eine Verbesserung des Norm-Trittschallpegels L‘n,w von 4 dB. Dabei liegt der charakteristische Designwert der Entkopplungsstreifen mit 17,69 N/mm2 in einem Bereich, der sie ohne Einschränkung für den Einsatz in allen Holzkonstruktionen tauglich macht. Da PhoneStrip dabei den Designwert für Druckfestigkeit von BSH übertrifft, können die Entkopplungsstreifen ohne zusätzliche Dimensionierungen, statische Berechnungen und Nachweise eingebaut werden.

Den Einbau der passend zur Ständerbreite gelieferten Streifen bewertet Rösch als unproblematisch: „Man kann sie durch Kleben, Nageln oder Schrauben in der Lage fixieren, teilweise in der Länge zuschneiden und zukleben, aber das hat gut und schnell funktioniert.“

Schallschutzreserven für den Holzbau

Das Ergebnis der Schallschutzmaßnahmen beurteilen die Bauherrschaft und der Zimmerer als „sehr gut für ein Holzgebäude“. Diesen subjektiven Eindruck bestätigen eine Berechnung und eine Prüfung, die Wolf Bavaria für das Wohngebäude vorgenommen hat.

Diese ergaben für die Wohnungstrenndecken ein bewertetes Schalldämmmaß von R‘w ≥ 58 dB und einen Norm-Trittschallpegel L‘n,w ≤ 49,7 dB. Bei den Messungen mit Norm-Trittschallhammerwerk verbesserte sich das bewertete Schalldämmmaß zwischen zwei Wohnungen auf R‘w ≥ 59 dB, während sich der Norm-Trittschallpegel mit L‘n,w ≤ 51 dB zwar leicht verschlechterte, aber im­mer noch deutlich im grünen Bereich lag.

Praktisches Schallschutzkompendium

Ein kürzlich von Wolf Bavaria veröffentlichtes Schallschutz­kompendium macht über den konkreten Einzelfall hinaus deutlich, dass der Holzbau mit den gezeigten Schalldämm-Maßnahmen auch für die Zukunft gut gerüstet ist. Dem Kompendium können ­Architekten, ­Statiker und Holzbauer den rechnerischen Nachweis des Schallschutzes von 243 Deckenaufbauten ­entnehmen. Auf der Basis einer gutachterlichen Stellungnahme des ift Rosenheim erstellt, ermöglicht es so den sicheren schalltechnischen Nachweis für eine breite Deckenvielfalt ohne großen Aufwand.