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BaySF-Vorstandsvorsitzender Dr. Rudolf Freidhager © DI Gerd Ebner

BaySF sind vertragstreu

Ein Artikel von DI Gerd Ebner aus Regensburg/DE | 26.02.2007 - 15:31
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BaySF-Vorstandsvorsitzender Dr. Rudolf Freidhager © DI Gerd Ebner

Im Dezember 2006 entwendete ein „Maulwurf” in der Konzern-Zentrale der Bayerischen Staatsforsten (BaySF) eine Aktenmappe. Deren brisanter Inhalt: Der Vertrag der BaySF mit der Klausner-Gruppe („Klausner-Vertrag”), ein Rechtsgutachten über diesen sowie die Durchschnittspreise 2005 der BaySF mit vier weiteren Unternehmen. Diese Papiere wurden mittlerweile breit in der Fachöffentlichkeit gestreut.
Auf Timber-Online.Net nimmt Dr. Rudolf Freidhager, BaySF-Vorstandsvorsitzender, zu den Vertrags-Inhalten Stellung:
•    Ja - der Vertrag ließe sich nach fünf Jahren einseitig verlängern.
•    Ja - die Laufzeit für den Vertrag beträgt unter normalen Umständen bis zu zehn Jahre.
•    Ja - die Mindestliefermenge für das Klausner Holz Bayern-Sägewerk in Landsberg am Lech/DE beläuft sich auf 500.000 fm/J.
•    Ja - die kolportierten Preise von 60 €/fm für Fi 2b+ SL B/BC unentrindet frei Waldstraße stimmen.
„100 €/fm wurden am Spot-Markt gezahlt - es gibt aber keine Jahresverträge mit solchen Summen.”
Rudolf Freidhager
Es folgen mehrere „aber”, warum der Vertrag aus Freidhagers Sicht strategisch richtig war:
• Zum Zeitpunkt des Abschlusses lag der Durchschnittspreis im Klausner-Vertrag über den erzielten Durchschnittserlösen der BaySF. „Viele hatten damals Verträge, die weit unter dem ,Klausner-Niveau’ lagen. Mit mehreren Kunden wurden Gespräche geführt - manche gaben Absichtserklärungen ab, aber nur Fritz Klausner unterzeichnete einen Vertrag”, erläutert Freidhager.
• Der Vertrag wäre im Vorfeld der BaySF-Gründung entstanden, als das damalige Management trachtete, dem neuen Unternehmen eine größere Absatzmenge zu einem stabilen Preis längerfristig zu sichern.
• Die Klausner-Gruppe mit dem Standort Saalburg-Ebersdorf/
DE ist schon seit Anfang der 1990er-Jahre Kunde der BaySF. „Die Entscheidungsträger der Staatsforsten waren 2004 überzeugt, mit Klausner den richtigen Investor gefunden zu haben. Seine Gegenforderung für den Neubau war die längerfristige Versorgungssicherheit, die man ihm damals zubilligte”, erzählt Freidhager.

Steht zu Langfristverträgen.
„Für uns ist insbesondere der Deckungsbeitrag wichtig. Ich bin zwar erst drei Monate nach der Vertragsunterzeichnung ins Unternehmen gekommen, stehe aber voll hinter der Strategie von Langfristverträgen”, meint Freidhager.
„Derzeit reden wir mit der Klausner-Gruppe über Details, noch wurde auch kein Festmeter nach Landsberg geliefert. Wir werden unseren Vertrag aber auf Punkt und Beistrich erfüllen.”
Rudolf Freidhager
Der Vertrag sei mittlerweile „der bestgeprüfte Rundholzvertrag aller Zeiten” (Freidhager). Neben den BaySF, die Nachbesserungspotenzial suchten, hätten die EU und die Kartellbehörden diesen gründlich durchleuchtet. Allfälligen weiteren Prüfungen gibt Freidhager wenig Chancen, den Vertrag noch zum Kippen bringen zu können.

Preisspitzen kontra Durchschnittserlöse.
Preisspitzen für Leitsortimente würden aus Freidhagers Sicht noch nichts darüber aussagen, was dem Forstbetrieb an Deckungsbeitrag bleibt. Spare man selber Kosten, sei ein schlechterer Verkaufserlös mitunter besser. Das war auch der Grund, warum Freidhager im Herbst 2005 neben den in Summe 900.000 fm für die Klausner-Gruppe (500.000 fm/J für Landsberg am Lech, 400.000 fm/J für Saalburg-Ebersdorf) noch 1 Mio. fm/J in längerfristige Verträge an vier Ziel-Kunden einband. Laut dem „Maulwurf”-Fax sind das:
• Binder Holz Deutschland, Kösching/DE,
• Holzindustrie Rettenmeier, Wilburgstetten/DE,
• Sägewerk Schwaiger, Hengersberg/DE,
• sowie Ladenburger, Bopfingen-Aufhausen/DE.
Diese waren schon längere Zeit BaySF-Kunden. Diese vier Unternehmen waren laut Freidhager bereit ...
• einen deutlich höheren Durchschnittspreis als die Klausner-Gruppe zu akzeptieren.
• einen über dem damaligen Marktpreis liegenden Durchschnittspreis zu akzeptieren. Einer hätte erst mit den Worten unterschrieben: „Ohne diesen Vertrag bin ich tot, weil ich kein Holz habe - mit dem Vertrag bin ich tot, weil ich kein Geld habe.” Nach nunmehr fast zweijähriger Zusammenarbeit sind beide Vertragspartner mit dem Geschäftsverlauf hochzufrieden, meint Freidhager.
• kürzere Laufzeiten zu akzeptieren (Verträge laufen zum Teil bereits 2008/09 aus).
• die Übernahme komplett transparent zu gestalten. BaySF-Mitarbeiter haben Zugang zur Vermessung und allen Abrechnungsprotokollen.
• eine digitale Schnittstelle mit der BaySF-EDV einzurichten.
• alle Mengen auch über frei-Werk-Lieferung einzukaufen.
• klare Preis-Gleitklauseln zu akzeptieren.
• Verträge zu unterschreiben, die einmal im Jahr nachjustiert werden.
• ganz klare Verhaltensregeln im Krisenfall zu akzeptieren („Kalamitätsholz fließt in reguläre Verträge ein” - Freidhager).
„Letztere Vertragsklausel kommt nun mit Kyrill leider rascher zur Anwendung, als uns allen lieb ist”, erläutert Freidhager. Die BaySF sind mit 2 Mio. fm Schadholz konfrontiert. „Es ist beiden Vertragsseiten klar, dass wir auch in Katastrophenzeiten zusammenhalten müssen. Wir werden die Liefermengen für die nächsten Monate zum Teil kräftig erhöhen müssen. Das haben wir angekündigt und das geht ohne Nachverhandlungen”, erzählt Freidhager, der deshalb hofft, bis Mai/Juni das Sturmholz aufgearbeitet zu haben.
„Der Sturmholz-Abfluss funktioniert - die Lieferprofile wurden bei den Premiumkunden auf ein Mehr an Schadholz angepasst. Es ist halt immer ein Geben und Nehmen.”
Rudolf Freidhager
Sofort nach Kyrill wurde ein Frischholz-Einschlagsstopp verhängt. Die eigenen Erntekapazitäten wurden in den Schadgebieten konzentriert, wie auch die unter Vertrag stehenden Holzernte-Unternehmer.

Im Kalamitätsfall mehr Holz.
„Damit tragen die BaySF zu einer Preisstabilisierung bei, die allen nur recht sein kann.” Es wäre laut Freidhager im Vorjahr auch kein Thema gewesen, diese Kunden zur Abnahme des Käferholzes zu bewegen. In den Verträgen stehen sowohl Mengen als auch Preise, die im Kalamitätsfall schlagend werden. So sieht er ein Ziel erreicht: Die Preisausschläge im Verkauf zu minimieren.
„Messen soll man uns am Ende des Geschäftsjahres - dann muss der Deckungsbeitrag passen. Die Ziele, die wir uns gesetzt haben, werden wir um viele, viele Prozent übertreffen.”
Rudolf Freidhager
Die BaySF vermarkten 5,4 Mio. fm/J. Rund 40% der Menge wäre in längerfristigen Verträgen gebunden. Über die Eigenvermarktung an die regionalen Kunden würden im Schnitt der vergangenen Jahre 15% der Gesamtmenge abgewickelt. „2006 waren es mit 20% deutlich mehr”, rechnet Freidhager vor.

Neuer operativer Verkauf.
Intern gibt es mit 1. März eine Umstellung. Der Teilbereich Holz wird von Norbert Remler geleitet. Dieser ist Robert Morigl unterstellt, der weiterhin den gesamten Bereich Holz-Technik-Logistik leitet. „Diese Umstellung ist seit 2006 geplant und steht in keinerlei Zusammenhang mit laufenden Diskussionen”, stellt Freidhager klar.

Chronologie eines Vertrags

    29. September 2004: Der bayerische Landwirtschaftsminister Josef Miller präsentiert die Ergebnisse der 2. Bundeswaldinventur (BWI2) im Landtag in München/DE.
•    1. Oktober 2004: Mitgliederversammlung Bayerischer Sägerverband: „In Bayern gibt es halt nur eine beschränkte Einschnittkapazität. Das haben wir gemeinsam verbockt - Forst und Säge”, Robert Morigl, Bayerische Staatsforsten.
•    Oktober/November 2004: Erste Gerüchte über Bauabsichten der Klausner-Gruppe in Bayern: mit Fokus Augsburg/DE.
•    November 2004: Kolportierte heiße Phase der Gespräche zwischen der Klausner-Gruppe und den Bayerischen Staatsforsten. Laut Unternehmensgründer und -Eigner Fritz Klausner traten die Bayerischen Staatsforsten an ihn mit der Bitte heran, ein Großsägewerk zu bauen. Seine Gegenforderung war eine zehnjährige Versorgungssicherheit.
•    Mitte Jänner 2005: kolportierte Einigkeit über 10-Jahresvertrag zwischen der Klausner-Gruppe und Bayerischen Staatsforsten.
•    19. Jänner 2005: Winterseminar Rosenheim: „Ein neues Großsägewerk im Raum Schwaben sei die logische Konsequenz aus den Ergebnissen der 2. Bundeswaldinventur” - erläutern der bayerische Landwirtschaftsminister Josef Miller und Robert Morigl.
•    31. Jänner 2005: Holzkurier titelt: „Deutschland am Wendepunkt” - mehrere neue Sägewerke stehen in Startlöcher: Klausner, Ladenburger, Pfeifer ...
•    21. Februar 2005: Holzindustrie Pfeifer gibt Übernahme der Heggenstaller-Gruppe, Unterbernbach/DE, bekannt.
•    30. März 2005: Die Holzindustrie Binder, Fügen, kündigt 150 Mio. €-Investition in Kösching/DE an.
•    4. April 2005: Vertragsabschluss der Bayerischen Staatsforsten mit der Klausner-Gruppe (Laufzeit 10 Jahre) aufBasis der Vereinbarung vom Jänner 2005.
•    12. April 2005: Geschäftsführer Leopold Stephan verkündet den Start eines Sägewerkes für Ende 2005 in Landsberg am Lech/DE.
•    1. Juli 2005: Bayerischen Staatsforsten (BaySF) werden gegründet. Dr. Rudolf Freidhager wird 1. Vorstandsvorsitzender. Waldfläche: 722.000 ha; Einschlag 5,4 Mio. Efm; Vorrat 204 Mio. Efm.
•    30. September 2005: Mitgliederversammlung Bayerischer Sägerverband: „Die Nachfrage übersteigt das Angebot um das Dreifache”, erläutert Robert Morigl. Zitat aus Holzkurier: „Scharf in der Kritik war in München das Projekt Klausner Holz Bayern (KHB), Landsberg am Lech/DE, auf Grund kolportierter Langfristverträge mit den Bayerische Staatsforste. Für Dr. Veit Welsch war das ,der Weg zum gespaltenen Markt’.
•    Oktober 2005: Festlegung auf vier Ziel-Kunden (Binder Holz Deutschland, Kösching/DE; Holzindustrie Rettenmeier, Wilburgstetten/DE; Sägewerk Schwaiger, Hengersberg/DE; Ladenburger, Bopfingen-Aufhausen/DE) durch die BaySF, die längerfristige Verträge erhalten mit Liefermengen bis 250.000 fm/J - Preise werden jährlich verhandelt, Laufzeit bis maximal 2008/09.
•    Dezember 2006: Klausner-Vertrag wird in Regensburg von „Maulwurf” aus BaySF-Zentrale entwendet und breit in Fachöffentlichkeit gestreut.
•    5. Februar 2007: VDS-Vorsitzender Hans-Günther Sturm am VDS-Sägewerkskongress in Ulm: „Seit 2005 hat sich die Welt für die mitteleuropäischen Säger radikal verändert. Damals hat sich einer der größten Waldbesitzer Europas offensichtlich willkürlich wenige Kunden ausgesucht, um diese mit einem Großteil seiner Holzmenge auf bis zu zehn Jahre hinaus zu sehr tiefen Preisen - teilweise mit Bestpreisgarantie - zu versorgen. Das ist eine strukturpolitische und moralische Katastrophe, ein Jahrhundertfehler mit fatalen Folgen.”
•    22. Februar 2007: Die Klausner-Gruppe emittiert Sieben-Jahres-Anleihe für 100 Mio. €. Den anwesenden Wirtschaftsjournalisten wird erklärt: „Wir haben dem Drängen nachgegeben, als wir die Vollversorgung über zehn Jahre gesichert hatten”, so Leopold Stephan. Fritz Klausner: „Langfristverträge sind bei uns Usus - für alle Standorte haben wir zumindest 5bis 8-Jahresverträge.”