Noch seien der Kampf mit dem Käfer und der mit Käferholz überschwemmte Markt mit dem daraus resultierenden Preisverfall die Hauptsorgen der Betroffenen, meint Johannes Zwickl, der in Schrems ein Säge- und Hobelwerk betreibt: „Das führt zu der paradoxen Situation, dass ich händeringend nach guten, grünen Fichtenqualitäten suche, die ich als Schnittholz dann auch verkaufen kann.“ Verfügbar sei derzeit aber überwiegend Käferholz: „Das ist rissig und blau und viel schwieriger zu geringeren Preisen verkäuflich.“ Er wisse schon gar nicht mehr richtig, wann er zum letzten Mal schönes, grünes Holz eingeschnitten habe, formuliert er etwas überspitzt.
Beim größten Waldviertler Holzverarbeiter, Stora Enso in Brand, habe man bisher keine Probleme mit der Holzversorgung, meint der oberste Holzeinkäufer und dazu anerkannte Forstexperte des Konzerns, Direktor Norbert Hüttler: „Natürlich müssen auch wir uns Gedanken machen, wie es nach dem Käfer weitergehen soll.“
Mehrere Faktoren hätten zusammengewirkt, analysiert Hüttler: „Das Waldviertel ist noch ein bisschen ärger betroffen, weil die Böden karg sind und nur über schwache Wasserspeicherkapazitäten verfügen. Daher glaube ich, dass sich die Schäden bei uns im Waldviertel deutlich stärker abzeichnen, als irgendwo anders.“ Abgesehen von den klimatischen Bedingungen, sei die Misere aber auch hausgemacht: „Natürlich, das Klima macht einen Teil aus, aber auch die personelle Ausforstung muss man einkalkulieren. Jetzt trau ich mich nicht zu sagen, ob das 50:50 ist. Es behaupten aber viele Forstbetriebe selber, dass hausgemachte Probleme da sind. Einerseits fallen Baumschulen, andererseits Förster weg. Förster haben heute bis zu 2000 ha zu bewirtschaften, da ist es für einen allein unmöglich, auf so einer Riesenfläche ein Käfermonitoring durchzuführen.“
Weniger Förster = weniger Wald?
Eine Task-Force Wald sieht Säger Johannes Zwickl als einen Weg, um die dringendsten Probleme anzugehen © Robert Kittel
Ähnlich sieht das auch Johannes Zwickl, selbst Waldbesitzer: „Wir haben leider in den vergangenen 20 Jahren die intensive Pflege reduziert. Sprich, das Personal wurde wesentlich zurückgenommen, die Forstaufsicht reduziert. Jedes Wirtschaftsgut, das weniger gepflegt wird, bringt selten mehr Ertrag.“ Verschärft werde das noch durch die Situation in Nachbarländern: „Die Försterzahl in Österreich wurde in etwa halbiert. Die Forstaufsicht ist in manchen Nachbarländern leider komplett unter die Räder gekommen, beispielsweise gibt es in Tschechien de facto keine staatlichen Förster mehr.“
Früher habe man bei Kalamitäten sehr flott reagiert, sagt auch Hüttler: „Der Förster hat den Käfer identifiziert, der eigene Holzarbeiter das sofort geschlägert. Heute kann es passieren, selbst wenn er zeitgerecht identifiziert wird, dass es leider schon zu spät ist.“
Task-Force für den Wald?
»Wir müssen uns Gedanken machen, wie es nach dem Käfer weitergehen soll.« Norbert Hüttler, Stora Enso Holzeinkauf © Robert Kittel
Hüttler denkt schon an die Zukunft, hängt doch die Holzversorgung eines Großverarbeiters, wie Stora Enso, damit eng zusammen: „Natürlich wird man sich was überlegen müssen. Aber diese einseitige Betrachtungsweise, dass die Fichte zur Gänze wegmuss und durch Laubholz ersetzt wird, ist, glaube ich, kein richtiger Zugang.“ Die Analyse und das Verstehen dessen, was in der Zukunft robustere Waldflächen ergäbe, halte er für zielführender: „Die Bodenverhältnisse und den Wasserhaushalt müssen wir wissen. Dementsprechend hat dann wahrscheinlich die Fichte nach wie vor ihre Bedeutung.“
Zwickl geht sogar noch einen Schritt weiter und begrüßt die Schaffung einer „schnellen Eingreiftruppe“ in Niederösterreich mit Vertretern von Forst, Holzindustrie und Politik an einem Tisch: „Kurzfristig war es notwendig, eine Task-Force zu haben. Gegen den Borkenkäfer, für die Waldgenetik und für Methoden, Wasser in den Wald zurückzubringen.“ Seiner Ansicht nach seien das die drei dringendsten Probleme, die man lösen müsse, um wenigstens den Status quo zu erhalten und weitere Verluste zu minimieren.
Alte Sorten und Pioniere forcieren
Die dominierende Fichte könnte vielleicht mit älteren, besser an den Boden angepassten Arten erhalten bleiben, meinen Experten © Robert Kittel
„Ich glaube, wir alle können etwas daraus lernen“, meint Hüttler: „Ich meine, wichtig ist jetzt, dass man die Holzarten findet, welche die nächsten 50, 60, 70 Jahre überleben können. Das sind grundsätzliche Dinge, die jetzt zu entscheiden sind – was pflanzen wir an? Wie gesagt, es wird nicht so sein, dass es gar keine Fichte mehr gibt. Aber auch nicht so, dass alles durch Laubholzarten ersetzt wird. Wir kennen die Probleme – Eschentriebsterben, Trockenschäden bei der Buche-, nur die Eiche allein kann es auch nicht sein.“ Naturgemäß würden seine Überlegungen auch mit dem Bedarf seines Unternehmens zusammenhängen, gibt Hüttler unumwunden zu. Es werde doch seit Menschengedenken das kultiviert, was gut verkäuflich sei und den Waldbauern Ertrag bringe. „Aber vielleicht sollte man sich überlegen, auf die ursprünglich im Waldviertel heimische Fichtenart zurückzugehen. Die hat zwar vielleicht nicht so viel Zuwachs pro Hektar wie eine gemeine Fichte, ist aber viel besser an den Boden angepasst und weniger empfindlich gegen Schneebruch.“
Die Industrie müsse sich auf die neuen Arten ohnehin einstellen, einen Vorschlag für die „passende“ Laubholzart hätte Hüttler auch parat: „Ich könnte mir gut vorstellen, eventuell mit Birke zu arbeiten. Warum mit Birke? Die ist weich, hat ein gutes E-Modul, ist sehr zäh und relativ leicht auch mit herkömmlichen Industrieanlagen zu verarbeiten.“ Versucht habe man das schon, berichtet Hüttler: „Wir haben intern bei uns vor 10 bis 15 Jahren bereits Versuche damit gemacht, Birke eingeschnitten, getrocknet, gehobelt, Leimbinder daraus produziert – hervorragend, sauberes Produkt.“ Dazu habe Birke den Vorteil, eine Pionierbaumart zu sein: „Ich könnte mir gut vorstellen, dass das da und dort funktionieren kann.“