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Ass.-Prof. Mag. Dr. Barbara Hinterstoisser © Ebner

Heißes Eisen Thermoholz

Ein Artikel von Administrator | 12.07.2001 - 00:00
Thermoholz bewegt die Gemüter. Wirtschaftlich scheint die Thermobehandlung von Holz vorerst nur bei Werkstoffen zu sein, die später zu dünnen Lamellen, etwa für die Fußbodenerzeugung, wo Dicken unter einem Zentimeter gefragt sind, aufgetrennt werden. Damit lassen sich Lohnbehandlungskosten etwa bei Pionier Mafi, Schneegattern, von um die 2000 S/m³ auf große Flächen übertragen und schlagen pro Quadratmeter nur mehr mit geringeren Beträgen durch. Der Köder muss ja den Kunden auch finanziell schmecken.
Hitzige, aber sachliche und äußerst informative Diskussionen lieferten sich die hochkarätigen Teilnehmer an der FFF-Veranstaltung mit der Arge Thermoholz zum heißen Thema Trocknung am 27. Juni im Holztechnikum Kuchl. Selten noch wurden in so kurzer Zeit in so rascher Folge wirtschaftlich relevante Daten genannt, wie an diesem heißen Sommertag im Veranstaltungssaal des 4-geschoßigen Holzturmes unter Vorsitz von Präsiden- ten Komm.-Rat Herbert Handlos und Dipl.-Ing. Schörghofer vom Forschungsförderungsfonds.
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Ass.-Prof. Mag. Dr. Barbara Hinterstoisser © Ebner

Wissenschaft bietet mehr. Die Augen für die theoretische Vielfalt an Möglichkeiten der Holzmodifikation öffnete Ass.-Prof. Mag. Dr. Barbara Hinterstoisser, Institut für Chemie, Universität für Bodenkultur. Bei der chemischen Modifikation mit Acetanhydrid etwa entsteht ein Holzwerkstoff, der schwerer ist und weniger Wasser aufnimmt, aber dafür penetrant nach Essig stinkt. Bei der enzymatischen Modifikation können gezielt Bindungen geknackt und neue eingegangen werden. Nachteil: Man kann meist nur an der Oberfläche kratzen.
Eine für die Zellstoffindustrie besonders interessante Holzmodifikation erfolgt mit Hilfe des Weißfäulepilzes Ceriopsis subvermispora. Beim sogenannten „Biopulping” werden Chips damit be- impft. Die Pilze greifen die Zellwände an und bereiten sie für die leichtere Zerfaserung imRefiner vor. Folge: Einsparung beiChemikalien und Energie. Eine erste Versuchsserie an der Technischen Universität Wien steht vor ihrer Vollendung.
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Dipl.-Ing. Werner Ohnesorg © Ebner

Thermische Modifikation praxisreif. Den Durchbruch in die Praxis jedoch hat vorerst nur die thermische Modifikation geschafft. Die schon in Holzkurier Heft 11 auf S. 3 und 4 im Detail veröffentlichten Vorteile (Heft bestellbar bei Ilka Grundwald, Tel.: 02235/404-309, Fax: -319, solange der Vorrat reicht) samt Investitionskosten erläuterte Dipl.-Ing. Werner Ohnesorg, Leiter der Entwicklungs- und Konstruktionsdivision bei Ing. Kurt Mühlböck, Eberschwang. Die Oberösterreicher bieten als erste weltweit eine im geschlossenen Kreislauf mit einem Thermoölkessel fahrbare Thermobehandlung an, bei der keine umweltrelevanten Abfälle entstehen.
Die erste Thermokammer läuft beim Parketthersteller Mafi, Schneegattern, im Vollbetrieb. Firmenchef Friedrich Fillafer und seine Tochter, Dipl.-Ing. (FH) Heidrun Fillafer, Absolventin der Fachhochschule in Kuchl, erläuterten, dass sie von den Kunden angeregt wurden, dunklere Farbtöne bei besserer Haltbarkeit der Böden anzubieten. Ziel: Mit billigeren Holzarten etwa in punkto Härte den teuren Varianten Paroli zu bieten. So sind mit Thermobehandlung Böden aus Kiefer mit Eigenschaften wie aus Eiche erzeugbar. Buche kann sowohl optisch wie auch in den Eigenschaften recht gut Richtung Teak getrimmt werden. Theoretisch einfach. Der Thermoprozess scheint auf den ersten Blick sehr einfach laufen zu können: Aufheizen für die Trocknung bis auf 100 bis 135 °C, dann Halten der Temperatur, bis das Holz auf Zielfeuchte liegt, danach weiteres Aufheizen bis auf 170 bis 230 °C, Behandlung des Holzes über die Dauer von 2 bis 20 Stunden, kontrolliertes Abkühlen und eventuell weitere Konditionierung. Je nach gewünschter Stärke der thermischen Modifikation und Farb- tonergebnis (Farbe bleibt gleich, nur die Stärke des Farbtons ist variabel) muss unterschiedlich gesteuert werden.
„Ganz so einfach ist die Sache nicht”, warnt Ohnesorg. Das Arbeiten nahe am Flammpunkt erzwinge eine hochpräzise Steuerung, damit auch die Behörden mit den Sicherheitserfordernissen einverstanden sind. Die Haupteinflussparameter: Holzart, Stärke der Lamellen, Ausgangsfeuchte, Anforderungen an das Endprodukt (Farbe, Risse).
Der Masseverlust des Holzes beträgt 5 bis 15%, die bei Darrtrocknung austretenden Inhaltsstoffe (Öle, Harze, etc.) werden zur Gänze im Thermokessel entsorgt und liefern wieder Energie, die Sprödigkeit des Holzes nimmt zu. Die Firmen Mühlböck und Mafi haben mehrere Patente zur Genehmigung angemeldet.
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Dipl.-Ing. (FH) Johannes Hanger © Ebner

Die Aufwertung des Holzes. In umfangreichen Versuchsserien, etwa nach der Önorm EN 113 zur Dauerhaftigkeit, versucht Dipl.-Ing. (FH) Johannes Hanger, Forschungsassistent am Holztechnikum Kuchl, mit wissenschaftlicher Akribie erste technische Anwendungswerte zu erarbeiten. Ergebnisse: stark behandelte Fichte kann in Dauerhaftigkeitsklasse II aufgewertet werden (die Stufen laufen von I bis V, wobei V nicht dauerhaft bedeutet), stark behandelte Buche erreicht die Klasse I - sehr dauerhaft.
Bei der Beschichtung braucht man sich keine Wunder zu erwarten. Holz bleibt Holz und damit ist auch Thermoholz nicht UV-beständig, UV-Blocker sind daher auch hier unbedingt notwendig.
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Dipl.-Ing. (FH) Hermann Huber © Ebner

Wie bearbeiten und befestigen? Die ersten Erfahrungen mit der Bearbeitung und der Befestigung gibt es auch schon. Die Werkzeuge müssen scharf sein, allerdings bleiben die leidigen Harzverschmutzungen aus, da das Holz ja auf Darrgewicht getrocknet wurde und damit alle Inhaltsstoffe austreten, allerdings verändert sich damit auch die Konsistenz des Restmaterials und des Schleifstaubes.
„Beim Befestigen braucht man nicht rostende Metalle”, warnt Dipl.-Ing. (FH) Hermann Huber, Leiter der Arge Thermoholz (Mitglieder: Gaulhofer, Mafi, Mühlböck, Schaffer). Schöne Anwendungsbeispiele für außen montierte Fensterlamellen aus Holz kann Schörghofer Holzbau, Vigaun, vorweisen. Zudem ist es sinnvoll, in dem doch spröderen Thermoholz Löcher vorzubohren. „Am besten eignen sich die selbstbohrenden Schrauben”, empfiehlt Huber.
Bei der Verleimung mit PVac muss mit längeren Abbindezeiten gerechnet werden. Das Einstellen eines geringeren Pressdrucks wird angeraten. Viele offene Fragen. Bei einem so jungen Produkt gibt es viel zu forschen und zu klären. Der FFF greift dabei der Arge Thermoholz hilfreich unter die Arme. Noch imSommer soll es erste Ergebnisse zur antibakteriellen Wirkung, zur Dauerhaftigkeit, zur Dampfdiffusion und zum Brandverhalten geben, bis Oktober folgt die Wärmeleitfähigkeit und ab Herbst gibt es Freibewitterungsversuche auch in 1200 m Seehöhe.
Untersuchungen zur Kundenakzeptanz am Institut für Sozioökonomie der Forst- und Holz- wirtschaft an der Bodenkultur laufen. Zimmerer und Architekten scheinen positiv gestimmt und gewillt, höhere Preis zu akzeptieren. Tiefer schürfende Erhebungen und Ergebnisse sollen bald folgen.
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Dr. Waltraud Winkler-Rieder © Ebner

Auch für Hobelware? Ein besonderes Interesse neben den Fußbodenherstellern am Thermoholz haben die Hobelindustriellen. Sie befürchten aber, dass das verfügbare Rohholz mit den vielen Ästen beim Heruntertrocknen auf Darrgewicht eine zu geringe Ausbeute zur Folge hat, die die Ware mit dem ohnehin schon teuren Trocknungsprozess noch unerschwinglicher macht. Zudem werde heute schon zumeist auf 12% Holzfeuchte für Außenanwendungen und 8 bis 10% für innen getrocknet.
Bei einer möglicherweise Verdoppelung der Produktpreise tritt das Argument der höheren Dauerhaftigkeit wieder etwas in den Hintergrund.
Dennoch: „Am lernenden Unternehmen führt kein Weg vorbei”, schlägt die neue Holzcluster-Managerin Salzburgs, Dr. Waltraud Winkler-Rieder eine Bresche für das Befassen mit innovativen Prozessen und Produkten. Trocknungsalternativen oder konventionell? Neben der Thermotrocknung versuchte man in Kuchl Entscheidungshilfen für oder gegen Alternativen zu geben. Schlussfolgerung: Mehr als vier Fünftel der verkauften Trockner in Mitteleuropa werden nach wie vor konventionell mit Zu- und Abluft gefahren werden. Dennoch sollte man für Nischenzwecke über Alternativen Bescheid wissen.
„Bei der Trocknung geht relativ viel Geld den Bach runter,” weiß Univ.-Doz. DI Dr. Manfred Vanek. Er warnt vor zu hohen Erwartungen bei der Verdampfungs- (Hochtemperatur-) Trocknung, wenn man sich von kurzen Stücken, etwa Parkettfriesen entfernt, da die Oberfläche, über die verdampft werden kann, mit der Länge immer geringer wird. Zudem sei sie sehr temperaturempfindlich, da der Siedepunkt er- reicht und leicht überschritten werden muss, während das Darunterbleiben zu Problemen führt.
Bei der konventionellen Verdunstungstrocknung hingegen schlagen Temperaturdifferenzen bei 70 oder 80 °C weniger stark auf den erfolgreichen Trocknungsprozess durch. Auf den Punkt gebracht: „Schnell heißt nicht automatisch gut”, so Vanek. Bei der Verdunstungstechnik ist das Heißdampf-/Luftgemisch schwerer nutzbar als das mit gleichmäßigerer Zusammensetzung bei der Verdampfung.
Besonders unangenehm kann sich bei der Vakuumtrocknung das Vorhandensein von Restluft bei Laubhölzern auswirken. Die Leckluft führt sicher zu Farbschäden. Diese schnelle Trocknungsform ist sowohl temperatur- als auch druckkritisch. Was ist zu erforschen? Forschungsbedarf sieht Vanek für die Kombination von Trocknen und Dämpfen, wenn dadurch die Verdrehungen reduzierbar sein sollten. Intelligente Regelsysteme, die den ganzen Stapel erfassen, ohne dass man Elektroden in das Holz einschlagen muss, wären gefragt. Farbgebung und Energierückgewinnung sind ebenso F & E-Themen wie die Anwendung von Hochfrequenz-, Infrarot- und Mikrowellentechnik für das Einbringen der Energie.
Einen großen Forschungsbedarf vor allem in punkto Messtechnik sieht Dipl.-Ing. Ernst Gautsch, Forschungsassistent an der HTLuVA Mödling, für die von ihm mit Univ.-Prof. Dr. Helmuth Resch bei Wolf Systembau unter die Lupe genommenen Hochfrequenz-Vakuumtrockner (HT-V) russischer Provenienz. Aufgrund des dieelektrischen Feldes funktionieren alle Messmethoden, die Kabel erfordern, nicht. Die Entfeuchtung ist daher nach kanadischem Vorbild am besten mittels Auffangen und Wägen des Wassers zu erfassen. Zudem muss das System händisch rund um die Uhr nachjustiert und gesteuert werden. Schnell starke Ware trockenbar. Der größte Vorteil der HT-V-Trocknung ist ihre Geschwindigkeit selbst bei starken Durchmessern. Anwendung daher: „Nur bei Nischen im Bauholz”, soGautsch. Auch die Qualität spricht für die Weiterent- wicklung dieser Technik: wenig Risse, kaumSpannungen, helle Farbe, aber Drehwuchs wirkt sich besonders stark aus.
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Dipl.-Ing. Peter Schörghofer © Ebner

Für Hochtemperaturtrocknung: schneller, günstiger. Der Hochtemperaturtrocknung (HT) als „Minibereich für interessante Sondertrocknungen” das Wort redete Dr. Theo Vanicek, VT-Trockentechnik, Hartberg. Für direkte Vergleiche stehen zwei nebeneinander installierte Trockner, einer konventionell, einer HT stehen bei Stora Enso Timber, Brand, mit je 240 m³ Nettoinhalt zur Verfügung. Der nötige Thermokessel macht Anschaffung und Betrieb vor allem in Zeiten hoher Ölpreise bis zu zweieinhalb mal so teuer. Dafür ist durch rasche Trocknung (Chargenwechsel auch am Wochenende erforderlich) die vierfache Menge imDurchstoßverfahren bewältigbar.
Die HT-Technik: 11 reversible Umluftventilatoren á 15 kW, Dampfbecken (ginge auch mit Sprühdüsen), Heizregister (Dampf bis 200 °C), Frisch-/Ablufteinrichtung, 200 mm starke, isolierte Wände. Gestapelt wurde Fichte mit 5 mal 4,2 m in der Länge und je 4 mal 1,2 m in der Höhe, einmal mit Warmwasser zwischen 90 und 110 °C aufgeheizt und bei 65 bis 75 °C getrocknet, im HT-Trockner mit 18 bar Überdruck gefahren bei Trockentemperaturen von 110 bis 120 °C. Beim konventionellen Verfahren braucht man 70 bis 90 Stunden, um 12% Endfeuchte zu erreichen (Stromaufnahme 80A, Wärmebedarf max. 1500 kW). Der HT-Trockner bewältigt die Prozedur in 20 bis 24 Stunden (Stromaufnahme 200A, Wärmebedarf max. 5000 kW). Konventionell benötigt man 15 bis 20 kWh/m³, HT 12 bis 18 kWh/m³. Je nach Wärmerückgewinnung beträgt die Einsparung bis 7%.
Folge der HT-Trocknung: Das Holz wird dunkler, die Harze treten aus, die Festigkeit lässt um bis zu 7% nach. Vanicek sieht die HT-Nischen in der raschen Bauholztrocknung, warnt aber vor den Gefahren: je schneller, desto weniger werden Holzunregelmäßigkeiten verziehen. Wesentlich ist das rasche Hochfahren der Temperatur in der Aufheizphase. Größtes wirtschaftliches Hemmnis sind die hohen Anschaffungskosten und das teure Öl.Forschungsförderung nutzen. Die umfassenden Möglichkeiten der (Holz-) Forschungsför- derung vor allem mit Kooperationspartnern erläuterte Dipl.-Ing. Peter Schörghofer vom Forschungsförderungsfonds, abrufbar unter www.fff.co.at.
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Thermopionier Friedrich Fillafer, Mafi, mit Informationen aus erster Hand – aus dem aktuellen Holzkurier © Ebner