Deutschland am Wendepunkt

Ein Artikel von Gerd Ebner | 31.01.2005 - 06:32
Die Entwicklung der deutschen Sägeindustrie war in den vergangenen Jahren nicht von übermäßiger Dynamik geprägt. Nun könnte aber in den nächsten Monaten mehr in Bewegung geraten als in den Jahren davor.
Am Winterseminar in Rosenheim am 19. Jänner ließ FD Robert Morigl, Leiter des Referates Holzmarkt der Bayerischen Staatsforstverwaltung, die Katze nur halb aus dem Sack, als er ein neues Großsägewerk in Bayern als logische Konsequenz der jüngsten Waldinventur BWI² bezeichnete.Kommt viertes Sägewerk? Wer sich dahinter verbergen könnte, wurde vergangene Woche klarer: die Klausner-Gruppe, die erst im Dezember in Kodersdorf/DE in nur sechsmonatiger Bauzeit ein Millionen-Sägewerk in Betrieb nahm. Mit den Bayerischen Staatsforsten hätte es bereits Verhandlungen über Lieferzugsagen gegeben, vermuten unabhängig voneinander mehrere Mitbewerber.Für ein paar Dollar mehr … Dass die Klausner-Gruppe insbesondere mit dem Nadelschnittholz-Export in den vergangenen beiden Jahren äußerst gut verdient hat, ist allgemein bekannt. 2004 wurden laut Anne Leibold über 600.000 m³ am US-Markt abgesetzt.
Martialisch wurde von der fünftgrößten Holzindustrie Europas immer wieder von der gefüllten Kriegskassa gesprochen: Doch war man allgemein der Meinung, dass diese mit dem Neubau in Kodersdorf/DE (Investitionsvolumen: 50 Mio. €) eigentlich leer sein sollte.Überzeugend für Banken? Ein weiteres Sägewerk, dessen Größe auf 1,3 Mio. fm-Jahreseinschnitt kolportiert wird, würde nochmals soviel verschlingen. Zusammen mit dem Umlaufvermögen summieren sich beide Investitionen auf weit über 100 Mio. € – dazu kommt, dass Modernisierungs-Maßnahmen an den anderen Standorten anstehen.
Mit dem möglichen Eigenkapital eines Familienunternehmens bedarf es wohl eines außerordentlich guten Businessplans, um bei Banken die fehlenden Mittel aufzutreiben. Hier werden Klausner einmal mehr die allgemein bewunderten, guten Kontakte zur deutschen Politik helfen. Doch ohne weit reichender Versorgungszusagen werden erstere nicht viel helfen.
Unmittelbare Konsequenzen würde ein Millionen-Sägewerk in Bayern für die deutsche und österreichische Sägeindustrie haben. Die zusätzliche Nachfrage dürfte die Rundholzpreise anziehen lassen. Damit würde der viel beschworene Strukturwandel enorm beschleunigt.Weniger Holz für Export aus Bayern. Dass sich die österreichische – sprich insbesondere Tiroler – Holzindustrie nicht kampflos den bayerischen Rohstoff entziehen lässt, macht den einen oder anderen Kampfpreis wahrscheinlich. Mutmaßlich sind schon einige Unternehmen unterwegs, sich längerfristige Rundholz-Verträge zu sichern.Weiteres Sägewerk. Immer wieder mit einem Sägewerksneubau in Verbindung gebracht wird auch die Holzindustrie Ladenburger, Bopfingen-Aufhausen/DE. Das im Stillen erfolgreich agierende Unternehmen interessiert sich für einen Standort in Thüringen/DE.
Dem neben Wimmer, Pfarrkirchen/DE, größte KVH-Produzenten Deutschlands ist Versorgungssicherheit enorm wichtig, noch dazu, wo man sich mit dem 30 ha-Gelände von Krämer in Kerkingen/DE eine tolle Expansionsbasis für die eigenen Leimholzfertigung gelegt hat.
Damit ist mit den Veränderungen in Deutschland noch nicht genug: Der nahe Verkauf der Heggenstaller-Sägewerke in Unterbernbach/DE und Uelzen/DE stünde laut Branchen-Insidern ebenfalls bevor. Beide Standorte produzieren 550.000 m³/J.Schon Erfahrung. Hier deutet vieles in Richtung der Holzindustrie Pfeifer, Imst. Da das Tiroler Familienunternehmen bereits das Schalungsplatten-Werk in Trhanov/CZ erwarb, wurden derartige Absichten immer wieder genannt.