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Bernhard Wurth: „Helle Särge sind nach wie vor gefragt” © DI Robert Spannlang

Letztes Eigenheim

Ein Artikel von DI Robert Spannlang | 15.11.2005 - 00:00
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Bernhard Wurth: „Helle Särge sind nach wie vor gefragt“ © DI Robert Spannlang

„Mit Werbung sind wir etwas zurückhaltend“, erklärt Bernhard Wurth lächelnd, als er Besucher durch die Schauräume seiner Sargfabrik in Kappel-Grafenhausen/DE führt: Das Produkt eigne sich wohl nicht so sehr dafür. Mit seinen beiden Geschwistern führt der Diplom-Holzfachingenieur die vom Vater gegründeten Sargfabrik mit einer Produktion von 14.000 Särgen pro Jahr. Auch die dritte Generation arbeite bereits in der Assistenz der Geschäftsführung mit, so der Badener stolz.Wegwerf-Gesinnung statt Bestattungskultur. Seit einigen Jahren kämpft das Familienunternehmen allerdings mit rückläufigen Umsätzen. „Für Särge wird immer weniger Geld ausgegeben“, klagt Wurth: Kiefer habe die Eiche als klassisches Rohmaterial im Sargbau abgelöst. Auch die hellen, leicht beizbaren, preisgünstigen Pappelsärge werden immer beliebter, so der Unternehmer.
Für die in Großstädten vorherrschende Kremation werden oft nur noch Rohsärge verwendet. „Vielfach findet gar keine echte Bestattung mehr statt“, stellt er fest und spricht von einer auch in diesem Bereich stärker spürbaren Wegwerf-Gesinnung der Gesellschaft.
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Erregt Aufmerksamkeit: High-tech aus der Autoindustrie wird für hochpräzise Komponenten-Zuführungen zur Verarbeitung eingesetzt © DI Robert Spannlang

Vom Osten bedrängt. Im ersten Halbjahr hat sich der Negativtrend beim Umsatz mit –7% bundesweit fortgesetzt. Weitere Ursachen für die prekäre Lage der deutschen Sarghersteller seien die mit der höheren Lebenserwartung der Deutschen sinkende Zahl der Sterbefälle (–11% verglichen mit 1990) auch die Streichung des Sterbegeldes in Deutschland per Jänner 2004, so Dipl.-Volkswirt Siegfried von Lauvenberg, Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Zulieferindustrie für das Bestattungsgewerbe (VDZB), Bonn/DE. Am stärksten seien aber die seit zehn Jahren stark angestiegenen Importe aus Osteuropa für die Rückgänge verantwortlich, stellt von Lauvenberg fest. In Ursprungsländern wie Polen, Tschechien, Litauen und Rumänien gäbe es nicht nur viel niedrigere Löhne. Auch die Überprüfung der immer strengeren Fertigungs-Richtlinien seien bei den Sargimporten manchmal schwer durchzuführen, meint der Verbandsleiter.

Wurth-Facts

Mitarbeiter: 28
Geschäftsbereich: Herstellung von, Handel mit Särgen
Produkte: Särge aus Eiche, Kiefer, Pappel, mit und ohne Dekorpapier-Deckschicht
Export: 6%
Handel: 15%
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Sargproduktion besteht fast durchwegs aus Spezialmaschinen – wie hier eine Gehrungssäge für Seitenkomponenten © DI Robert Spannlang

Sarg mit Dekorbeschichtung. Als Konsequenz aus der Absatzkrise sei für Wurth der Handel mit Särgen ausländischer Provenienz immer wichtiger geworden. Das betrifft teure Modelle mit Intarsien ebenso wie jene des Niedrigpreis-Sektors. Die Produktion wurde weiter rationalisiert: Heute werken drei Roboter in der Manipulation von den aus verleimten 8 cm breiten Holzlamellen bestehenden Sargkomponenten.
„Särge mit Buntholz-Applikationen aus unserer Produktion sind der Versuch, deutsche Sargmodelle besonderer Art am sonst konservativen Markt zu etablieren“, baut Wurth auf unverwechselbares Profil. Am stärksten setzt man beim Badischen Sarghersteller aber auf die nach drei-jähriger Entwicklungsarbeit fix ins Programm aufgenommenen Kiefern-Modelle mit Finish aus speziellem Eichen-Dekorpapier. „Der Prozess erfordert eine genaue Abstimmung von Holzfeuchte, Klebstoff und nachfolgender Konditionierung“, so Wurth.VOC-kompatibel. Seit wenigen Wochen führe man den ersten lösungsmittelfrei produzierten Sarg, der der ab 2007 gültigen VOC-Richtlinie entspricht, so Wurth. Im übrigen betrachte er die Produktion von Särgen ebenso unsentimental wie jedes andere Geschäft. „Nur, wenn wir einen Kindersarg anfertigen müssen, geht ein Ruck durchs Unternehmen. Das lässt dann keinen ungerührt“, gesteht er.