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Betriebsleiter Dieter Buchmann, Eigentümer Leopold Stallinger und Martin Krispler (v. li.) vor Stallinger Swiss Timber-Betriebsgelände © DI Gerd Ebner

Vielbeachteter Start

Ein Artikel von DI Gerd Ebner | 10.06.2007 - 00:00
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Betriebsleiter Dieter Buchmann, Eigentümer Leopold Stallinger und Martin Krispler (v. li.) vor Stallinger Swiss Timber-Betriebsgelände © DI Gerd Ebner

Im April startete in Domat-Ems/CH die Produktionslinie eines Sägewerks-Projektes, das zumindest in den vergangenen beiden Jahren von höchstem Brancheninteresse im deutschsprachigen Raum war: Stallinger Swiss Timber.

Auf Samtpfoten unterwegs.
Dass das Hochfahren einer modernen Spaner-Profilierlinie in einem Land, dessen größtes Sägewerk rund 250.000 fm/J einschneidet, mit Argusaugen beobachtet wird, ist klar. Akzeptanz statt Gegenwind erntete das Stallinger-Projekt aus Sicht von Ing. Martin Krispler, Prokurist Stallinger Swiss Timber, „weil wir uns von Anfang an richtig positioniert haben”. Für ein Greenfield-Projekt war man auf der Suche nach einem Standort mit relativer Rohstoff-Versorgungssicherheit. Warum man sich 2005 für die Schweiz und „nicht an dem einen oder anderen deutschen Platz” (Krispler) ansiedelte, hatte drei Gründe: In Graubünden hatte man von Anbeginn an die volle Unterstützung von Kantons- und Gemeindeebene, vom 500.000 fm/J-Zuwachs werden nur 40.000 im Kanton verarbeitet und last-but-not-least ist man nur rund 80 Kilometer von Reuthe entfernt - dort verarbeitet Kaufmann Holz rund 150.000 m³/J zu BSH und Schalungsträgern und -platten.

Angepasste Größe.
Aus dem theoretisch zweitbesten Sägewerksstandort der Schweiz, wurde für Stallinger die erste Wahl. Dass man im Gegensatz zum „Projekt am theoretisch besten Sägewerksstandort” schon startete, führt Krispler auch auf die realistische Einschnittsgröße von 600.000 fm/J zurück. Diese will man im Einschichtbetrieb auf einer Linck-VM 50-Profilierlinie erreichen.
Entsprechend des Holzanfalls in der Schweiz installierte man sich eine äußerst flexible Anlage, die 3 bis 5 m-Bloche von 12 bis 57 cm Zopf verarbeiten kann. Der Media wird sich jenseits der 30 cm einpendeln.

Offene Karten.
Für Beruhigung innerhalb der Schweizer Sägerlandschaft sorgte einmal diplomatisches Einbinden des Branchenverbandes Holzindustrie Schweiz - in regelmäßigen Abständen wurde dieser über die nächsten Schritte informiert. Demselben Ziel dienlich ist aber auch, dass die Schnittware zu 90% die Schweiz verlässt: Einmal zu den Weiterverarbeitungs-Standorten von Kaufmann in Reuthe, Richen/DE und Kalwang. So will man in der Schalplatten-Produktion in Reuthe auf einen Selbstversorgungsgrad von rund zwei Drittel kommen.
„Die nach Standortfestlegung rasche Genehmigung und Inbetriebnahme des Sägewerkes konnte nur mit unserem gut besetztem Management in der Form gelingen”, ist Krispler überzeugt.

Hochgeschwindigkeits-Premiere.
Primär soll das Schnittholz aus Domat-Ems aber auf den üblichen Exportmärkten der Stallingers verkauft werden: Japan, USA sowie andere CLS-Abnehmerländer. Dafür wiederum wurde eine Waco-Hochleistungshobelanlagen installiert: Die erste 600 m/min-Maschine von Weinig, Tauberbischofsheim/DE, wird am 18. Juni gestartet. Imposant sind auch die 1 MW-Anschlussleistung der 56 t-Maschine oder die 350 kW des Beschleunigers vor der Anlage.
Die Integration der Hobelanlage in das Sägewerk beweist eines: Auch bei einer 80 Mio. CHF-Investition gilt es Platz zu sparen und Anlagenkomponenten optimal zu nutzen. Der Hydromat 6000 wurde daher parallel zur 10 m entfernten Nachschnittmaschine MKV installiert - die Hobelware wird in dasselbe Springer-Filmetagen-Sortierwerk eingeschleust, wie die Hauptware. Das erfordert wechselweisen Betrieb: Auf eine Schicht Einschnitt, folgen 6 h hobeln. „Die Aufgabe zum Hobelwerk können wir so doppelt nutzen. Ein Bypass am Hydromat 6000 vorbei macht aus der Hobelanlage eine Nachsortierung samt angeschlossener Paketierung”, erläutert der technische Betriebsleiter Gregor Sax. Und: klassische Vier-Seitenbearbeitung für Übersee war zu wenig. Mit acht Spindeln kann auch profiliert und aufgetrennt werden - so wahrt man Flexibilität.

Stallinger Swiss Timber-Facts

Spatenstich: 28. April 2006
Start Sägeline: 19. April
Start Hobellinie:18. Juni
Einschnitt: 600.000 fm(Plan 2008 einschichtig)
Rundholz: 3 bis 5 m, 12 bis 55 cm Zopf
Produktion-Hobelwerk:
160.000 m³/J
Exportquote: >90%
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Am 18. Juni wird der technische Betriebsleiter Gregor Sax den Startknopf des Hydromat 6000 drücken © DI Gerd Ebner

Optimale Anbindung. Stallinger Swiss Timber residiert in Domat-Ems auf einem 20 ha-Areal, das man von der Gemeinde nach einem 600.000 m³-Aushub fertig für die Bebauung übergeben bekommen hat. Direkt an der A13 gelegen erreichen die Rundholz-Lkw ohne Ortsdurchfahrt das Gewerbegebiet neben der Ems-Chemie. Die mittlerweile erfolgte Gleisanbindung soll aber künftig die Rundholz-Zufuhr zusätzlich erleichtern.
Krispler lobt hier explizit die Zusammenarbeit mit der Rhätischen Bahn, als auch mit den SBB. Schweizer Kollegen würden schon neidisch, welche Logistik-Konzepte die beiden Unternehmen für Rund-, Schnittholz sowie Sägenebenprodukte ausgetüftelt haben. Das beginnt mit einer eigenen SBB-Verschublok, die exklusiv für Stallinger und die beiden Industrienachbarn Ems-Chemie und Tegra fährt. Auch sollen künftig von der Rhätischen (Schmalspur !)-Bahn mit Ganzzügen mehrere Talschaften bedient werden - aus denen man Rundholz antransportieren wird.

Ziel - Versorgung nur aus Schweiz.
Erreicht man die Planvorgaben, so sollen im kommenden Jahr je ein Drittel der benötigten 600.000 fm aus Graubünden, der Ost- sowie der Zentralschweiz kommen. Kyrill könnte aber auch hier die eine oder andere Veränderung bringen.
Die Holzqualität sei laut Krispler nach zwei Monaten Erfahrung „eher besser als in Österreich - die Faser ist weicher, weil wir viel Holz aus höheren Lagen erhalten”.
Nach dem Prinzip „Wärme gegen Rinde” sind die ersten acht Mühlböck-Trockenkammern an das Heizwerk der Tegra angeschlossen. Da man in weiteren Ausbaustufen auf bis zu vier Trocknungs-Komplexe (á acht Kammern) kommen möchte, wird ein eigenes Heizwerk nötig. Ein 24 MW-Werk befindet sich schon in der Einreichphase.

Künftig noch einiges möglich.
Mit dem Anlaufen der Hobellinie, weiteren acht Trockenkammern sowie der Inbetriebnahme des eigen Heizwerkes wäre die erste Projektphase in Domat-Ems abgeschlossen. „2008 werden wir einschichtig die 600.000 fm einschneiden und rund 160.000 m³ hobeln”, erläutert Henning Wacker, ebenfalls Prokurist bei Stallinger Swiss Timber. „Wie es dann weitergeht, wird primär von der Versorgungssituation abhängen.”

Ausstatter Stallinger Swiss Timber

•     AKE, Balingen/DE: Kreissägeblätter
•    AM&S, Vöcklamarkt:Anlagenmontage
•    Baljer &Zembrod: Wurzelreduzierer über Bypass
•    Elektro Fischer, Bärnau/DE: Elektroinstallation
•    Info-Data, Lichtenberg: EDV-System
•    Johannes Kaufmann Architektur, Dornbirn: Architekt
•    Kalmar-Stapler (über Bamag, Regensdorf/CH): Schnittholz-Manipulation
•    Kaufmann Bausysteme, Reuthe: Generalplaner Hochbau
•    Linck, Oberkirch/DE: Spaner-Profilierlinie
•    Mesutronic, Kirchberg i. Wald/DE: Splittersuchgerät
•    Microtec, Brixen/IT und Linz: Steuerung, Vermessung am Rundholzplatz und in der Sägehalle
•    Mühlböck, Eberschwang: Trockenkammern
•    Nicholson, Kirchbach: Entrindung
•    Rudnick &Enners, Alpenrod/DE: Restholz-Entsorgung
•    Scheuch, Aurolzmünster: Absaugung Sortieranlagen
•    Springer, Friesach: Rund-, Schnittholz-Sortierung, Hobelwerks-Mechanisierung
•    Terex Fuchs Bagger, Bad Schönborn/DE: Rundholz-Transport
•    Vollmer, Biberach-Riss/DE: Schärfmaschinen
•    Volvo, (über Aebi, Regensdorf/CH): Rundholz-Transport
•    Waco/Weinig: Hobelmaschine samt Zubringung
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Herzstücke der Säge-/Hobelhalle: Linck-V 50-Linie und die 600 m/min-Waco-Linie (re):1 MKW-Nachschnittlinie, die über den …2 … Bypass/Wendeförderer mit liegenden Platten beschickt werden kann3 Hydromat 6000, der parallel zur Einschnittlinie installiert ist und das Springer-Hauptwaren-Sortierwerk speist4 150 m-entfernte Profilierlinien-Bedienkabine © DI Gerd Ebner

Über dem Produktionsstandort trohnen derzeit die Container, die das Verwaltungsgebäude darstellen. Von hier hat einen guten Überblick auf das darunter liegende, von 600.000 m³ Steinen befreite Sägewerksgelände. Beginnend von der Aufgabe am Rundholzplatz bis zur rund 500 m entfernten Säge-/Hobelhalle. Im Produktionsfluss erfolgt auf die Springer-Aufgabe die Microtec-3D-Vermessung in Rinde.

Rundholz fotografiert.
Als einer der ersten in Schweiz setzt Stallinger Swiss Timber auf eine Foto-Dokumentation der Übernahme. „Wird nicht verlangt, fördert aber den Vertrauensaufbau”, erläutert Krispler. Einen Rationalisierungseffekt bringt ihm wiederum, dass der Lkw-Fahrer in der Bedienkabine dem Infodata-Holzmanager selber die Lieferschein-Nummer samt anderen Parametern eingibt. Vor der Nicholson A8 gelangen stark abholzige Bloche in den Bypass zum Baljer & Zembrod-Reduzierer. Das Ausschleusen der Bloche bringt Geschwindigkeit. Nach Mesutronic-Splittersuchgerät und 3D-Vermessung ohne Rinde wird in 82 Beton-Boxen einsortiert, wo sie wiederum von Volvo-Ladern gepoltert werden. Für die Waggon-Entladung verwendet man wie in Frankenmarkt Terex Fuchs-Bagger.

Schnittstellen minimiert.
Entsprechend der Maxime von Sax „Vermeidung unnötiger Schnittstellen” übergibt eine Linck-Aufgabe an die Linck-VM 50-Linie. Diese entspricht technisch und geschwindigkeitsmäßig dem letzten Stand der Technik und ließe sich verkürzt als „Offner-Linie mit weniger Eckenfräsern und ohne Kreuzschnittmöglichkeit im Nachschnitt umschreiben” (Sax). Statt letztere wählte man bei Stallinger eine Bypassund Wende-Variante, um die sonst stehenden Platten, liegend der Nachschnitt-Maschinen MKV zu präsentierten. „Wir haben geringere Schnittfugen”, lobt Sax die eigene Lösung.
Ausbeutefördernd ist weiters die zweimalige Seitenwaren-Optimierung, die von den beiden, an die Spaner anschließenden Vermessungseinheiten möglich wird. „Werkzeug-Erstausstattung AKE und Vollmer-Schärfraum” runden laut Sax die Sägelinie ab.

Alles offen.
Es folgen derzeit zwei Sortierwerke von Springer, die klassisch in L-Form der Produktion abschließen. Ganz und gar nicht konventionell sondern vielmehr äußerst durchdacht ist hingegen, dass der Standort Domat-Ems mit vergleichsweise kleinen Ergänzungsinvestitionen binnen kurzer Zeit seine Produktionsleistung verdoppeln könnte und die Peripherie trotzdem passt. Diese Gleichzeitigkeit ist in der Form wohl noch nirgends umgesetzt. Dann käme da noch eine weitere Nachschnittmaschine oder dort noch eine weitere Hauptwarensortierung hinzu.
Passend in Produktionsrichtung anschließend hat man außerdem noch die Option auf weitere 5 ha Gelände. „Für den Holzbau gibt es noch allerlei Möglichkeiten”, deutet Krispler vage eine mögliche Weiterverarbeitung an ...