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Vergleich der Wertschöpfung bei der energetischen Nutzung von Holz sowie der Nutzung in der Prozesskette Zellstoff-Papier © Pöyry Forest Industry Consulting

Ressourcenknappheit

Ein Artikel von Univ.-Prof. Dr. Alfred Teischinger | 25.07.2007 - 10:41
Durch eine zunehmende Kapazitätsausweitung der Holz verarbeitenden Industrie sowie enorme Zuwachsraten der Nutzung forstlicher Biomasse für energetische Zwecke ist es in Mitteleuropa innerhalb weniger Jahre zu einer Ressourcenverknappung gekommen.
These 1: Ressourcen-Knappheit führt zu Innovation bezüglich effizienter Ressourcennutzung beziehungsweise zum Einsatz alternativer Ressourcen.
These 2: Die Verarbeitungskette Forst-Holz birgt noch beachtliche Einsparungspotenziale im Ressourcenverbrauch.
Insbesondere das Produktdesign zeigt noch Einsparungspotenziale bei Holzprodukten im tragenden und nicht tragenden Bereich. Es wird zu viel Material verwendet. In diesem Zusammenhang wird auch ein beträchtlicher Prozentsatz an Holz im Fertigungsprozess (Sägen, Hobeln, Fräsen) technisch abgewertet oder zu einer energetischen Fraktion verwertet.
These 3: Es besteht ein eklatantes Missverhältnis von Rohstoffeigenschaften und den Eigenschaften der daraus erzeugten Holzprodukte beziehungsweise der entsprechenden Anwendungen mit Holz. Zu viel hochwertiger Rohstoff gelangt in Produkte, wo diese Qualität/Eigenschaften gar nicht erforderlich sind.
These 4: Die vorrangig stoffliche Nutzung von Holz im Sinne von Nutzungskaskaden bedeutet einen Aufbau eines Energiespeichers für die Zukunft. Die stoffliche Verwertung des Holzes und der Koppelprodukte (zum Beispiel Sägeund Hobelspäne) im ersten Nutzungskreislauf entzieht dem Stoffstrom nicht einer möglichen späteren energetischen Nutzung, sondern baut vielmehr ein enormes energetisches Potenzial für die Zukunft auf.
These 5: Die Produktgestaltung (das Product Design) von Holzprodukten ist für eine spätere stoffliche Wiederverwertung und/oder energetische Nutzung derzeit noch viel zu wenig entwickelt. Beispielsweise ist die Nutzung von Altholz derzeit noch zu wenig entwickelt und bedarf einer Optimierungsstrategie. Vorbild ist das Papier-Recycling. Bei bestimmten Produkten und Bauweisen muss verstärkt oder erst überhaupt das Konzept eines Remanufacturing eingeführt werden. Damit zum Beispiel bestimmte Produktteile (Rahmen, Gehäuse) erhalten bleiben und Verschleißteile bei Bedarf erneuert werden.
These 6: Unnötiger Ressourcenverbrauch durch schlechte Produktgestaltung. Holzprodukte könnten vielfach langlebiger sein und dadurch der Bedarf an Primärressourcen deutlich vermindert werden. Durch biologischen Abbau oder technisches Gebrechen wird ein nicht unerheblicher Prozentsatz an Holzprodukten zu früh von der Nutzung ausgeschieden.
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Vergleich der Wertschöpfung bei der energetischen Nutzung von Holz sowie der Nutzung in der Prozesskette Zellstoff-Papier © Pöyry Forest Industry Consulting

These 7: Für wesentliche Teilströme der Forst-Holz-Kette ist das Wertschöpfungspotenzial bei weitem nicht ausgeschöpft. In den einzelnen Stoffströmen ergeben sich unterschiedliche Wertschöpfungen vom Rohstoff zum Produkt. Diese sind bei Massenprodukten wie Schnittholz, Leimholz, Holzwerkstoffen vergleichsweise gering (der Faktor der Wertsteigerung vom Rohstoff zum Produkt beträgt etwa 2 bis 4), bei Papier und Regeneratfaser jedoch wesentlich höher (Faktor reicht bis 20). Die Wertschöpfung bei der energetischen Nutzung liegt wiederum weit unter jener der stofflichen Nutzung.
These 8: Die Technologien der stofflichen Wiederverwertung von Holzprodukten und die Aufbereitung von Alternativ-Rohstoffen sind derzeit noch unterentwickelt. Die Aufbereitung von agrarischen Ersatz-Rohstoffen zum Beispiel zum Einsatz bei Holzverbundwerkstoffen ist noch zu gering entwickelt, ebenso die Technologien und die Prozesssteuerung zur Holzwerkstoff-Herstellung bei kurzzeitig schwankendem Rohstoffmix unter Erhalt gleich bleibender Produkteigenschaften.
These 9: Die Unsicherheit am Rohstoffmarkt und die damit verbundene Diskussion schwächt das Image von Holz als nachhaltig verfügbaren Rohstoff. Nach langjähriger und teilweise aufwändiger Imagepflege zur Darstellung der nachhaltigen Verfügbarkeit des Holzes kann bei einer unprofessionellen Diskussion und Schuldzuweisung zur aktuellen Rohstoffentwicklung innerhalb der Forst-Holzkette in der Öffentlichkeit das Image von Holz als nachhaltiger Rohstoff leiden. Die Diskussion ist bereits über die Fachöffentlichkeit hinaus präsent und wird auch in der Tagespresse geführt.
These 10: Eine anhaltende Situation der Rohstoffverknappung führt zu einer dramatischen Veränderung der Branchenstruktur. Eine nicht befriedigende Lösung zur Ressourcenbeschaffung für die stoffliche Nutzung sowie bei der Optimierung der Prozesskette Forst-Holz würde schon kurzbis mittelfristig zu erheblichen Umstrukturierungen in der Branche führen.

Maßnahmen und Handlungsbedarf. Diese Thesen erfordern einen Handlungsbedarf in sozioökonomischer, technischer sowie wirtschaftspolitischer Hinsicht. Technologieentwicklung ist in Zukunft mit der Ressourcenentwicklung sowie mit stofflicher und energetischer Nutzung von Stoffströmen zu synchronisieren. Das Product Design heutiger und zukünftiger Produkte aus Holz und Holzwerkstoffen muss viel mehr nach den Grundsätzen der stofflichen Wiederverwertung und/oder energetischen Verwertung erfolgen. Die tatsächlichen Mobilisierungsreserven im Hinblick auf Menge, zu erwartender Holzeigenschaften (Holzqualität) und benötigter Logistikstrukturen müssen erfasst werden. Maßnahmen für Aufzeichnungs-Systeme von Altholz im Sinne von Monitoring, Klassifizierungssysteme für die Wiederverwertung, Logistikmaßnahmen sind zu entwickeln. Kurzumtriebsplantagen sind zu intensivieren, mit dem Ziel einer möglichen stofflichen und energetischen Nutzung des Rohstoffes.

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