Strategisch wird sich bei Rettenmeier nichts ändern. Die Produktpalette bleibt bei DIY-Sortimenten, KVH und Schnittholz. Eine Erweiterung in Richtung BSH und BSP sieht der neue Gesellschafter momentan nicht vor. Mit den bestehenden Werken (Wilburgstetten, Hirschberg, Burgbernheim, Ramstein, Incukalns/LV, Liptovský Hrádok/SK) sei man gut aufgestellt. Es gehe nun darum, die Standorte konsequent und zügig zu optimieren. Weder der Zu- noch Verkauf einzelner Werke sei momentan eine Option.
Jahr der Talfahrt für die Branche
Neben all dem Eigentümergezerre ist Rettenmeier einer der größten Sägewerksbetriebe Mitteleuropas. Als solcher waren die vergangenen Monate nicht einfach.Das I. Quartal 2014 bezeichnet Lang noch als „gut“. Die Witterung ermöglichte eine uneingeschränkte Rundholzzufuhr und sorgte gleichzeitig für gute Nachfrage. „Doch im II. Quartal verfielen die Sägenebenproduktpreise. Ab dem III. Quartal haben die Schnittholzmärkte geschwächelt. Manche sind praktisch weggebrochen“, fasst Lang zusammen. Exemplarisch für den Preisverfall führt er KVH an. Die gute Rundholzverfügbarkeit brachte eine deutliche Mengensteigerung, ohne dass die Absatzmärkte aufnahmebereit waren. Das Holzkurier-Preisbild sank binnen zwölf Monaten um 25 €/m3. Das ging eins zu eins auf die Margen, denn es sei nicht gelungen, die Preise einkaufsseitig zu drücken. Trotz guten Angebots blieb der Rundholzpreis konstant. „Es war ein sehr mühsames Jahr. Niemand in der Industrie hat 2014 die Zahlen des Vorjahrs erreicht“, meint Lang.
2013 erzielte Rettenmeier noch ein EBITDA von 26 Mio. € bei einem Umsatz von rund 330 Mio. €. Alle Teilgesellschaften hätten damals in der Gewinnzone abgeschlossen, hieß es.
Mindestens fünf Jahre Konsolidierung
Die Brancheneinschätzung Langs ist ernüchternd. Die Konsolidierungsphase wird seiner Einschätzung nach noch „mindestens fünf Jahre“ andauern. „Branchen mit kapitalintensiven Einstiegsbarrieren, wie dieHolzindustrie, ziehen hohe Austrittsbarrieren nach sich, die regelmäßig die Zeitschiene belasten“, analysiert der Rettenmeier-Vorstand.
Deutsche Säge-AG ist unwahrscheinlich
Vor dem Hintergrund von Carlyles Engagement wurde in Branchenkreisen eine börsennotierte deutsche Sägewerks-Aktiengesellschaft als möglich erachtet. Die Idee: Einem Finanzinvestor könnte es mit relativ wenig Kapitaleinsatz gelingen, Betriebe mit einem Umsatz von jährlich rund 1 Mrd. € zusammenzukaufen. Dieser Konzern würde an die Börse gebracht.Doch: „Das halte ich für äußerst unwahrscheinlich. Die Industrie ist meines Erachtens momentan und auch mittelfristig nicht für einen IPO geeignet“, konstatiert Lang. Spekulationen darüber seien nur mehr müßig. Außerdem: „95 % der Gerüchte bezüglich des Rettenmeier-Verkaufs waren falsch.“
Rettenmeier: 159 Mio. in drei Jahren verloren
Der Verkauf der slowakischen Tochter Polomka Timber und des Baden-Württemberger Standorts Gaildorf brachte in dieser Situation nötige Liquidität. Übrig blieben die deutschen Werke in Wilburgstetten, Burgbernheim, Ramstein und Hirschberg sowie Töchter in der Slowakei (Rettenmeier Tatra Timber) und Lettland (Rettenmeier Baltic Timber) mit 1200 Mitarbeitern. Für diese Standorte wurde ebenfalls intensiv nach Käufern gesucht.
Am 28. November 2013 verließ Dr. Josef Rettenmeier als letzter Vertreter der Familie das Unternehmen.
Lange Zeit wurde über den Einstieg eines Finanzinvestors bei Rettenmeier spekuliert. Neben der Carlyle-Gruppe, welche 2012 schon Klenk übernommen hatte, wurde die Schweizer Capvis-Gruppe als potenzieller Käufer genannt. Die Schweighofer-Gruppe hatte sich für einzelne Standorte interessiert.
Es kam anders. Zur Überraschung vieler schlug die Bremerhavener Cordes-Holding zu. Anfang Oktober wurde der Deal unterzeichnet. Mit Ende des Jahres war alles unter Dach und Fach. Rettenmeier wird als eigenständiges Unternehmen samt eingefahrener Marke (Zunftholz) weitergeführt. Alleinvorstand ist seit Jahreswechsel Dr. Stephan Lang. Frank Dietz schied nach zwei Jahren als Chief Restructuring Officer Ende Dezember aus dem Vorstand aus.
Rundholzpreis-Senkung existenziell für die Industrie
Ein langjähriger Rundholzvertrag von Rettenmeier mit den Bayerischen Staatsforsten, Regensburg, ist laut Holzkurier-Informationen unlängst ausgelaufen. Lang bestätigt das. „Die BaySF bleiben für Rettenmeier weiterhin ein wichtiger Lieferant. Rundholz wird aber nur mehr auf Jahresbasis abgeschlossen.“ Zu Mengen und Preisen gibt es keine Auskunft. Dafür stimmt der Gesprächspartner in die bekannte Forderung der mitteleuropäischen Holzindustrie ein: „Die Sägeindustrie braucht dringend eine spürbare Rundholzpreis-Senkung. Er passt nicht zum Schnittholzpreis, den uns der Weltmarkt vorgibt. Ein weiteres Jahr wie 2014 wird der Industrie erheblich schaden. Es geht jetzt vor allem um Arbeitsplätze und Existenzen – nicht um Profitgier der Säger.“Absatzseitig liegen Langs Hoffnungen auf den Überseemärkten. Der Mittlere Osten und Nordafrika sowie China hätten bis zum Sommer 2014 „gut funktioniert“ und sollten auch wieder kommen. Die USA werden laut Rettenmeier-Einschätzung weiter stetige Zuwächse verzeichnen, aber nicht mehr das Niveau vergangener Tage erreichen.
Auf die Frage nach den heurigen Geschäftsaussichten meint Lang: „Absatzseitig bleibt es sehr schwierig. Der Ostkonflikt und der verfallende Rubel haben die Situation verschärft. Man kann nicht davon ausgehen, dass sich die Situation kurzfristig entspannt.“ Umso wichtiger sei es, dass der Rundholzpreis sinke.
Cordes-Gruppe: „die bestmögliche Lösung“
Die Übernahme durch Cordes kam für viele überraschend. Für Lang ist es „die bestmögliche Lösung“. Rettenmeier ist nun in der Hand langfristig handelnder, erfolgreicher Unternehmer, welche die Industrie kennen. „Ich bin mir sicher, dass Cordes den Betrieb voranbringen wird.“ Eine Zusammenführung wird es nicht geben. „Beide Unternehmen werden eigenständig fortgeführt. Jedes muss selbst erfolgreich im Markt agieren“, so Lang.Verband muss Bewusstsein schaffen
Rettenmeier schneidet allein im Heimatland rund 1,5 Mio. fm/J ein und ist damit einer der größten Sägewerkskonzerne in deutscher Hand. Als Vorstand übernimmt Lang deshalb auch überbetriebliche Verantwortung. Er ist im Vorstand des Branchenverbands DeSH aktiv. Dessen Aufgabe umreißt er folgendermaßen: „Wir müssen für die Mitglieder einen echten Mehrwert durch Unterstützung bei Branchenproblemen schaffen und die öffentliche Wahrnehmung in Politik und Gesellschaft verbessern. Es fehlt an Sensibilität für unsere Industrie, wie sich bei Diskussionen zum Waldumbau oder bei der Ausweisung von Nationalparken zeigt. Wir sind hier aber inzwischen auf einem guten Weg“, ist Lang überzeugt.Der promovierte Jurist ist seit 2009 in der Holzindustrie tätig. Macht ihm die Arbeit in dieser Branche – die finanziell unter Druck ist – noch Spaß? „Ja, selbstverständlich, ehrlich!“, meint er zum Abschluss des Gesprächs. „Einfach kann jeder.“