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Grund und Boden sind in der Schweiz rare Güter, weshalb Schilliger Holz seine Produktionsanlagen auf engstem Raum realisieren muss © Schilliger Holz

HOLZINDUSTRIE DES JAHRES 2023

Schweizer Pioniere

Ein Artikel von Günther Jauk | 27.12.2022 - 12:22
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Über 50 % des eingeschnittenen Rundholzes werden unternehmensintern weiterverarbeitet © Schilliger Holz

Seit der Übernahme des Sägewerks in Haltikon bei Küssnacht am Rigi vor über 160 Jahren beschäftigt sich die Schweizer Familie Schilliger mit Holz. Heute zählt Schilliger Holz mit weiteren Standorten in Perlen/CH sowie Volgelsheim/FR zu den größten Sägewerken und Leimholzproduzenten des Landes. „Wir sehen uns in erster Linie als Baumaterialproduzent, der seine Kunden mit einer breiten Palette an Produkten versorgt“, erläutert Ernest Schilliger, der das Unternehmen gemeinsam mit Beat und Roland Schilliger in fünfter Generation führt.

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Seit über 160 Jahren ist Schilliger Holz ein familiengeführtes Unternehmen – die sechste Generation steht bereits in den Startlöchern © Schilliger Holz

Dabei reicht das Angebot von Schnittholz über Hobelware bis hin zu stabförmigen und flächigen Leimholzprodukten, wobei sich das Sortiment laufend erweitert, aber auch immer wieder bereinigt. „Wir haben in der Schweiz ein liberales Normenverständnis. Die Euronormen sind zwar maßgebend, haben für uns aber eher einen empfehlenden Charakter. Das erlaubt uns, immer wieder neue Produkte zu entwickeln und diese auch ohne großen finanziellen Aufwand am Markt zu testen“, erläutert Schilliger.

Bei der Entwicklung neuer Produkte arbeiten die Schweizer mit renommierten Forschungseinrichtungen zusammen, wobei Schilliger die Fachhochschule Biel, die ETH Zürich sowie Hochschulen in Frankreich als Beispiele nennt.

Wertschöpfung erhöhen

Bereits Anfang der 1960er-Jahre startete Schilliger in Küssnacht nach einem verheerenden Großbrand die erste Spanerlinie in der Schweiz – es war der zweite Linck-Spaner in ganz Europa. „Nach diesem Brand haben wir uns nur noch auf die Säge konzentriert und die zum Unternehmen gehörende Mosterei sowie die Landwirtschaft nicht mehr weiterbetrieben“, berichtet Schilliger.

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Mit dem neuen BSH-Werk in Küssnacht setzte Schilliger einen neuen Maßstab in der Branche © Schilliger Holz

In den darauffolgenden Jahrzehnten entwickelte man das Unternehmen Schritt für Schritt weiter und startete neben einem Hobelwerk und zwei BSH-Linien bereits 1999 das erste Brettsperrholz-Werk des Unternehmens und damit eine der ersten BSP-Anlagen überhaupt. 1992 realisierte Schilliger mit dem „Holzhuus“ den ersten mehrgeschossigen Holzwohnbau in der Schweiz, 1994 folgte die erste Zulassung für die Verleimung von Kreuzbalken. Damit zählen die Schweizer zu den absoluten Pionieren auf diesem Gebiet. „Wir hatten bereits sehr früh die Überlegung, unsere Sägeprodukte weiterzuverarbeiten und damit die Wertschöpfung im Unternehmen zu erhöhen. Bei Brettsperrholz haben wir anfangs mit einer eher aufwendigen Variante sehr hochwertiges BSP hergestellt. Heute arbeiten wir mit standardisierten Hochleistungsanlagen von Minda und Ledinek und können damit ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten“, erläutert Schilliger.

Neben Standardprodukten bieten die Schweizer auch Spezialplatten, wie beispielsweise ausgesprochen dünne Dreischichtelemente mit nur 27 mm Stärke. „Einige unserer Kunden schätzen dieses großformatige Produkt für Beplankungen oder als aussteifendes Element“, so Schilliger, dessen Unternehmen auch zwei Ingenieurbüros betreibt und Holzbauprojekte in Mittel- und Westeuropa sowie in Großbritannien und Nordamerika realisiert.

Hochleistungswerk in Frankreich

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Seit 2009 gehört der Säge- und KVH-Standort im französischen Volgelsheim zu Schilliger Holz. Künftig wird man dort auch BSP produzieren © Schilliger Holz

Neben dem stetigen Ausbau des Stammsitzes startete Schilliger 2000 am Standort Perlen eine Starkholzlinie und übernahm 2009 den französischen Klenk-Standort Volgelsheim. Unmittelbar an einem Rheinhafen gelegen, verfügt der Hochleistungsstandort über eine Starkholz- und eine Profilzerspanerlinie sowie ein Hobel- und ein KVH-Werk. Den Jahreseinschnitt beziffert Schilliger mit 330.000 fm pro Schicht – in Küssnacht liegt dieser bei 220.000 fm.

Nicht zuletzt aufgrund der günstigen Hafenlage nimmt Schilliger in Volgelsheim gerade sein zweites BSP-Hochleistungswerk in Betrieb. Neben dem französischen und deutschen Markt sollen von dort aus künftig auch die Überseemärkte mit Brettsperrholz bedient werden.

Faserplatte als neues Standbein

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Schilliger Holz hat sich klar als Produzent von Bauprodukten positioniert © Schilliger Holz

Für das anfallende Hackgut gibt es in der Schweiz laut Schilliger nur zwei Abnehmer, die das Material stofflich weiterverwerten: die Papierfabrik in Perlen und den Holzwerkstoffplatten-Hersteller Swiss Krono. „In der Pandemie haben wir gesehen, was passiert, wenn eines der beiden Unternehmen die Produktion vorübergehend einstellt und wir unser Material nicht mehr loswerden. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, auch in diesen Bereich zu investieren“, berichtet Schilliger. Dabei standen eine Pelletieranlage und ein Holzfaserplatten-Werk zur Auswahl. „Mit Pellets hätten wir den Schweizer Markt kurzfristig überfordert. Außerdem passen Faserplatten viel besser zu uns als Baumaterialproduzenten. Diese werden in der Schweiz zwar verbaut, aber nicht produziert“, betont Schilliger. Bereits 2023 soll mit dem Bau im Küssnachter Industriegebiet Fänn begonnen werden.