Holzkurier: Herr Ziegler, es war sehr überraschend, dass Sie nach den angekündigten 400 Mio. €-Investitionen in der Oberpfalz 2022 zwei Sägewerke in Schweden kauften und vor einem Jahr den Erwerb des HS Timber-Sägewerkes in Sebes verkündeten. Wie kam es dazu?
Stefan Ziegler: Wir haben für den Export einen enormen Schnittholzbedarf. Hinzu kommen immer höhere interne Verarbeitungskapazitäten. Parallel dazu wird die Fichte in unserem Einzugsgebiet weniger. Wir brauchen daher mehr Einschnittkapazität, verteilt auf weitere Standorte.
Mitte 2022 trat ich an Gerald Schweighofer heran, weil ich in Osteuropa schon immer erweitern wollte. Ein Sägewerk mitten im Rohstoff, das war mein Wunsch. Sebes passte für uns, weil es für 3 m Stammlänge optimiert ist. 75 % der Produktion sind diese Länge. In Deutschland schneiden wir von 4 m-Ware bis Langholz alles.
Deutschland, Schweden und Rumänien sollen es uns ermöglichen, global faktisch jeden Auftrag annehmen zu können. Durch Sebes kam Japan für uns neu als Markt hinzu.
Man weiß aber von den Rohstoffproblemen in Rumänien. Sie selbst hatten vor Kurzem Umweltschützer an der Fassade des Bürohauses in Plößberg.
Die Versorgung ist kein Problem, wenn man die rumänischen Waldbesitzer miteinbindet. Rumänien ist bei der Rundholzernte ein streng kontrolliertes Land. Neben dem staatlichen System SUMAL, das sämtliche Lieferungen erfasst, haben wir zusätzlich interne Kontrollmechanismen etabliert. Das stellt sicher, dass die Holzlieferungen höchsten Standards in Bezug auf Rechtmäßigkeit und Nachhaltigkeit entsprechen.
Plößberg fährt immer 100 %, also 2,4 Mio. fm Jahreseinschnitt.
Noch im Herbst 2023 sollen Ganzzüge aus Plößberg nach Rumänien gefahren sein. Stimmt das?
Das stimmt. Das war zwischengelagertes Holz. In Sebes hatten wir noch kein Holz. Nun sind wir seit einem Jahr in Rumänien. Während wir 2023 aus Versorgungsgründen noch nicht voll schneiden konnten, verarbeiten wir derzeit monatlich 80.000 fm. HS Timber schaffte maximal 120.000 fm.
Plößberg ist das größte Einzelsägewerk Europas. Es profitierte lange Jahre von der Nähe zu Tschechien. Ist die Lage nun ein Fluch, wo das Schadholz dort zu Ende geht?
Wir liegen unverändert mitten in der waldreichsten Region Europas. 2018 und 2019 kamen 80 % des Rundholzes aus Tschechien. Derzeit sind es 5 %. Wir kaufen in Deutschland und verarbeiten verstärkt Kiefer. Plößberg fährt immer 100 %, also 2,4 Mio. fm/J. Plößberg ist der perfekte Standort, an dem wir jeden Auftrag fertigen können. Dafür haben wir neun Hobellinien, die jeweils spezialisiert sind. Wir haben einen eigenen nahen Bahnhof, der uns gehört.
Wie passen die schwedischen Sägewerke in Ihr Konzept?
Die beiden schwedischen Sägewerke standen 2022 so nicht am Einkaufsplan – sie wurden uns angeboten und erwiesen sich nach Prüfung als ins Gesamtkonzept passend. Diese produzieren primär für den Binnenmarkt. Wir kaufen von dort Sichtlamellen für das CLT-Werk in Hermsdorf. 15 bis 20 % deren Produktion kommen zu uns.
Für das Holzfaser-Dämmplattenwerk suchen wir Geschäftspartner für eine Zusammenarbeit.
Binnen einem Jahr errichteten Sie ein Holzfaserdämmplatten-Werk. Es startete 2022. Seit dem Vorjahr hört man, dass es verkauft werden soll. Stimmt das?
Das Werk selbst läuft super. Das Konzept passt – wir können flexibel umstellen, ohne die Anlagen leerfahren zu müssen.
Wir haben aber Absatzprobleme, weil der Baumarkt eingebrochen ist und wir für die Putzträgerplatten noch nicht alle Zertifizierungen haben. Aus letzterem Grund ist es schwierig, den Markt zu bearbeiten.
Für den Vollbetrieb steht die Kalkulation, aber nicht, wenn die Aufträge fehlen. Das war Anfang 2023 schon absehbar. Daher traten wir mit Geschäftspartnern in Kontakt, um Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu prüfen. Ich brauche für diese Investition eine Lösung. Ich bin daher weiter mit allen in Gesprächen.
Wie hoch ist die Auslastung bei den Dämmplatten?
Diese liegt zwischen 40 und 50 %. Es ist derzeit schwierig, aber der Markt kommt zurück.
Wann, glauben Sie, nimmt der Baumarkt in Deutschland wieder Fahrt auf?
Der früheste Zeitpunkt ist 2026. Da teile ich die Ansicht von Dr. Stephan Lang im Holzkurier. Für uns ist zunächst entscheidend, dass der Weltmarkt anzieht und den deutschen Binnenmarkt so entlastet.
Auf die großen Investitionen und Zukäufe folgte unmittelbar der Markteinbruch. Bestimmen nun die Banken den Konzernkurs?
Die Finanzierung aller Aktivitäten steht. Wir werden das Wachstum stemmen und eine neue Struktur in das Unternehmen bringen. Natürlich muss ich meine Hausaufgaben erledigen.
Wir sind bankenfinanziert und haben daher gewissen Leitplanken zu folgen.
Kontrollieren die Banken die Hausaufgaben?
Wir sind bankenfinanziert. Da gibt es natürlich gewisse Leitplanken von den Banken. 2023 traf uns hart. Wir schrieben – wie viele andere auch – rote Zahlen. Alles, was wir zugekauft haben, kam kostenmäßig zum Tragen, ohne dass es schon Erlöse gab. Das ist heuer anders. Seit Januar haben wir Einnahmen aus allen Zukäufen und Neuinvestitionen.
Werte in Mio. € | |||||
Ziegler Holzindustrie | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
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Umsatzerlöse | 269 | 255 | 259 | 427 | 480 |
Ergebnis nach Steuern | 11 | 16 | 14 | 93 | 65 |
Jahresüberschuss | 11 | 15 | 13 | 92 | 63 |
Marge | 4% | 6% | 5% | 22% | 14% |
Bilanzsumme | 97 | 104 | 111 | 135 | 165 |
Ziegler Holding | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
Umsatzerlöse | 108 | 119 | 147 | 271 | 488 |
Ergebnis nach Steuern | 2 | 1 | 2 | 3 | 26 |
Jahresüberschuss | 1 | 1 | 2 | 3 | 26 |
Bilanzsumme | 38 | 84 | 96 | 195 | 482 |
Bis 2021 erzielte die Ziegler Group Margen von rund 5 %, 2021 waren es dann 20 %, 2022 14%. Welche Ergebnisse erwarten Sie künftig?
Eine EBITDA-Marge von 12 bis 14 % ist das Ziel. Das sollten wir hinbekommen. Unsere Branche ist kapitalintensiv, es muss viel vorfinanziert werden – daher brauchen wir auch ein entsprechendes Umlaufvermögen.
Es wird sehr hart, eine solche Marge in den kommenden Jahren hinzubekommen – das kann länger dauern.
Wir wandeln uns vom Sägewerk zum Holzverarbeiter mit einem starken Modulbau.
Der Ausbau von Tirschenreuth kommt, sobald das Marktumfeld passt.
Bereits 2021 kündigten Sie an, in Tirschenreuth ein Großprojekt inklusive zweier BSP-Linien mit jeweils 75.000 m3/J sowie eine Hausbaulinie mit 3000 Häusern pro Jahr zu bauen. Kommt das noch?
Dieses Projekt ist in Anbetracht der Komplexität des Genehmigungsverfahrens sowie der derzeitige Marktsituation neu bewertet worden und hat zu zwei Effekten geführt: Zum Einen wird das Projekt auf die Errichtung einer Produktionsstätte für den Modulbau im Segment großvolumigen Bauens umgestellt und zum Anderen wurde die zeitliche Ausrichtung in die Zukunft gestreckt. Wir werden also nicht 3000 Häuser, sondern 3000 Wohneinheiten errichten. Wir switchten auf großvolumigen, gewerblichen Bau um. Ein Beispiel, wo wir hinwollen, ist ein 150-Zimmer-Hotelneubau in Passau. Dort werden 60 3D-Module zu einem Hotel zusammengefügt. Diese Module sind mit allen Installationen und der Einrichtung fixfertig. Die jetzige Produktion in Naila testet das Gesamtkonzept: Planung, Produktion, Vertrieb, Baustellenlogistik.
In einer perfekten Welt: Wann startet Tirschenreuth?
Derzeit sind wir in der Konsolidierungsphase. Sobald diese abgeschlossen ist, investieren wir weiter in den Modulbau. Das sollte bis 2030 erfolgen. Dann ist unser Core Business die Holzver- und -bearbeitung mit einem starken Schwerpunkt im modularen Bauen.
Über die Art und Größe unseres Konzerns kann man diskutieren. Nicht aber über das Grundkonzept – das ist ein geschlossenes System vom Stamm bis zum fertigen Haus.
Die Sägewerke produzieren bis zu 10.000 m3 am Tag. Selbst bei 3000 Wohneinheiten benötigt unser Holzbau maximal 150.000 m3/J. Wir brauchen also immer den Weltmarkt.
Derzeit passen wir unsere Managementstruktur der neuen Betriebsgröße an.
Heuer gab es viele personelle Veränderungen in der Führungsebene des Konzerns. So verlässt im September Andreas Sandner, Ihre rechte Hand, das Unternehmen. Was sind die Gründe dafür?
Andreas Sandner verlässt uns auf eigenen Wunsch. Dies hat er im Frühjahr mitgeteilt und wir haben uns gemeinsam auf ein Übergangskonzept verständigt. Die anderen Veränderungen sollen eine Organisationsstruktur ergeben, die zur neuen Größe passt.
Für Sandner suchen wir noch Ersatz. Neuer Vertriebsleiter wird Maximilian Holzfurtner, der seit vier Jahren im Haus ist. Wolfgang Thurner unterstützt mich direkt im Management. Dr. Herwig Kohla verantwortet das gesamte Leimholz, CLT und den Modulbau. Das sind alles Geschäftsführerpositionen.
Zwei bis drei Positionen im Topmanagement will ich dann noch besetzen. Mit diesem Team werden wir eine große Rolle im Modulbau spielen und es wird bald wieder in eine andere Richtung gehen.
Wie hoch sind die Verbindlichkeiten der Ziegler Holding?
Die Verbindlichkeiten entsprechen der Unternehmensgröße und dem Wachstum der vergangenen Jahre.
Wie läuft 2024?
Heuer ist alles etwas einfacher. Die Märkte haben sich in Relation zum Vorjahr stabilisiert. Der Absatzmarkt ist jetzt nicht voll da, den haben andere aber auch nicht. Unsere Zukäufe produzieren heuer alle.
2025 kommt nichts Neues an Produktion hinzu. Wir konsolidieren uns nun intern. In fünf, sechs Jahren sind wir ein Konzern mit sehr guten Renditen.
Abschließend muss ich fragen: Haben Sie Fehler gemacht?
Nein! Es waren Entscheidungen dabei, die zum damaligen Zeitpunkt richtig waren. Teilweise haben sich diese später als schwierig herausgestellt. Aber niemand konnte mit einer Halbierung des Wohnungsbaus rechnen.
Täte ich es wieder? Ja!
Ziegler Group
Stammsitz: Plößberg/DE
Standorte: 34
Mitarbeiter: über 3200
Export: über 70 %
Umsatz: rund 1 Mrd. € (2022, letzte Bilanz)
Schnittholzproduktion 2024: 2,04 Mio. m3 (in allen Sägewerken)
Investitionsprojekte: rund 800 Mio. €
Holzfaserdämmplatten: bis zu 2 Mio. m3/J
Brettsperrholz: 35.000 m3/J
Brettschichtholz: 75.000 m3/J
Modulbau: bis 3000 Wohneinheiten pro Jahr
Pellets: 225.000 t/J (Start 2021)
Im Oktober 2021 präsentierte die Ziegler Group ein Investitionsprogramm, das 400 Mio. € schwer war. 150 Mio. € wurden unter anderem in eine Holzfaserdämmplatten-Produktion mit einer Jahreskapazität von 2 Mio. m3 investiert.
2021 ging in Pressath/DE das laut eigenen Angaben größte Pelletswerk Mitteleuropas in Betrieb (225.000 t/J-Anlage für 50 % der anfallenden Spänew). In Hermsdorf/DE, dem ehemaligen Tecsol-Werk, bündelt Ziegler seine Leimholzkompetenzen. Ursprünglich beinahe ausschließlich auf BSH ausgelegt, startete man 2023 eine BSP-Linie.
2022 kam noch der Zukauf zweiter schwedischer Sägewerke hinzu. 2023 übernahm man das HS Timber-Sägewerk in Sebes/RO.
Aufgrund der Marktlage vorerst aufgeschoben ist ein Großprojekt inklusive zweier BSP-Linien mit jeweils 75.000 m3/J sowie einer Hausbaulinie mit 3000 Wohneinheiten pro Jahr in Tirschenreuth.