Wiehag

Optimierte Abbrandgeschwindigkeit

Ein Artikel von Philipp Matzku | 29.10.2019 - 14:23

Wiehag, Altheim, hat seine Wärmeversorgung immer schon selbst übernommen und betreibt seit den 1950er-Jahren ein 3 MW-KWK- (Kraft-Wärme-Kopplung)-Kraftwerk. Dieses wurde nach der Trennung des Unternehmens 1990 in die Bereiche Wiesner-Hager Möbel und Wiehag-Baugruppe gemeinsam betrieben. Die Wiehag-Baugruppe entschied 2017, ein neues Kraftwerk zu bauen, da die Ökostromförderung heuer Ende März auslief. „Es wurde erstmals nur ein Heizwerk geplant, da nicht klar war, ob von politischer Seite ein Nachfolgetarif geplant ist“, so Erich Wiesner, Geschäftsführer der Wiehag-Gruppe. Zeitgleich wurde eine eigene Holzvergasungsanlage zur Stromerzeugung gewerblich bewilligt. „Sobald es einen neuen Einspeisetarif gibt, wird die Stromerzeugung zeitnah umgesetzt werden“, macht Wiesner klar.

Gemeinsame Planung

Mit Bios Bioenergiesysteme aus Graz wurde ein Ingenieurbüro mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der energetischen Biomassenutzung als Planer beauftragt. Otto Baier, Leiter Instandhaltung bei Wiehag, hatte 2017 ein Konzept für ein Biomassekraftwerk erarbeitet, welches von Bios überprüft und verfeinert wurde. Die Ausschreibungen wurden gemeinsam evaluiert und Polytechnik, Weissenbach, erhielt im Sommer 2018 den Zuschlag. „Die gesamten baulichen Maßnahmen wurden vom eigenen Haus umgesetzt“, betont Wiesner. Im Oktober 2018 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Anfang Mai ging die Anlage in den Probebetrieb. Bis Ende Juni liefen die alte und die neue Anlage parallel und ab Juli übernahm die Polytechnik-Anlage die komplette Wärmeversorgung. „Ein sportlicher Termin, aber alles hat perfekt funktioniert“, sagt Wiesner. Das Unternehmen Bauböck, Ried im Innkreis, lieferte die Wasser- und Gaskesselaufbereitung. „Die Herausforderung war, die Gedanken von Bios, Wiehag und Bauböck einzufangen und ein entsprechendes Regelungskonzept auszuarbeiten“, so Rüdiger Paulic, Projektleiter bei Polytechnik. „Wir können über Internet auf die gesamte Steuerung zugreifen, wobei die Sensorik mit Bios abgestimmt und die Regelungstechnik in Kooperation mit Bauböck umgesetzt wurde“, erklärt Paulic weiter. In der Anlage werden zu einem Drittel zugekauftes Waldhackgut (G100) mit 50% Feuchtigkeit und zu zwei Drittel eigenes Restholz mit 12% Feuchtigkeit verbrannt. Der optimale Wirkungsgrad ist bei 3000 kW Kesselleistung erreicht. „Die Kesselanlage ist aufgrund von Materialtests auf verschiedene Brennstoffe optimal eingestellt“, betont Paulic.

Holz unterschiedlicher Feuchtigkeit und Herkunft

„Die unterschiedlichen Wassergehalte bei der Verfeuerung zu beherrschen, ist eine Herausforderung. Die Abbrandgeschwindigkeit hat Polytechnik am besten unter Kontrolle“, erklärt Baier einen der Entscheidungsgründe. Wiehag hat eine Hackgutlagerkapazität bis zu 5000 srm. Zwei Mal jährlich wird ein Lohnunternehmen mit dem Schreddern beauftragt. Im Tagesbunker landen über Schubstangen das eigene Restholz sowie die Waldhackschnitzel. „Das Holz wird vom Querfördererschubsender perfekt gemischt und weiter in die Kesselfeuerung transportiert. Im Tagesbunker ist immer so viel Material, dass wir die Anlage 72 h sorgenfrei fahren können“, erläutert Baier.

Geschlossener Kreislauf

Das aufbereitete Heizungswasser wird auf 100° C gebracht und in das Netz eingespeist. „Das Rauchgas strömt vom Kessel in den Warmwasser-Economiser
(100 kW), wo es zusätzlich erhitzt und der Wirkungsgrad des Kessels bis zu 10 % erhöht wird“, erläutert Paulic. Nach dem Wärmetauscher strömt das Rauchgas in die Rauchgasentstaubung. Dort ist je nach Lastverhältnis und Brennstoff bis zu
150 mg /Nm³ Staub vorhanden. Die Abgase werden unter dem Taupunkt abgekühlt und Wasserdampf sowie Begleitstoffe kondensieren. In dem dahinter liegenden Scheuch-Elektrofilter wird der Aschegehalt auf den gesetzlichen Wert von 20 mg/Nm³ reduziert. Wenn das Wasser nach der Einspeisung innerhalb des geschlossenen Kreislaufes wieder zurückgeführt wird, bleiben vorher 100 kW der erzeugten Wärmeenergie im Economiser, der Rest geht in die Kesselanlage.

Baier hat sich Anlagen verschiedener Hersteller angesehen. „Eine Grundsatzphilosophie ist der stehende oder liegende Wärmetauscher. Die liegende Version des Wärmetauschers hat mich mehr überzeugt“, so Baier. Er sieht die Anhangskraft bei der stehenden Version des Kessels – trotz Gravitation – als kritisch an und bevorzugt den liegenden Wärmetauscher mit der zusätzlichen pneumatischen Abreinigung, wie Polytechnik sie anbietet.

Die anfallenden Aschen aus der Feuerung und dem Elektrofilter werden in zwei getrennten Containern ausgetragen. Der Aschecontainer aus der Feuerung wird ungefähr monatlich geleert und die Asche auf landwirtschaftliche Flächen verteilt, die Elektrofilterasche als Sondermüll wird im Zementwerk entsorgt. „Ich habe nichts Gleichartiges gefunden wie das Ascheentsorgungssystem von Polytechnik. Die Beladesysteme sind sehr gut verarbeitet und halten dicht. Auch die Reinigung der Trogkettenförderer ist einfacher“, ist Baier begeistert.

 

Back-up-Systeme arbeiten reibungslos

Wiehag verbraucht 100 % der erzeugten Energie selbst. Im Winter werden sieben Mühlböck-Kammern und die Gebäudeheizung versorgt, im Sommer neun mit der annähernd gleichen Energie beheizt. Die Jahreslaufleistung beträgt zwischen 8.000 und 8.500 h. „Wenn die Biomasseanlage nicht arbeitet, wird der Gaskessel mit maximal 250 h im Jahr gebraucht. Auch der von Polytechnik empfohlene, 10 m hohe Pufferspeicher mit seinem 55 m³-Warmwasservorrat zur Abfederung von Leistungsspitzen hat sich schon gerechnet“, so ein zufriedener Baier.