Interview

Normalisierung bei Pellets

Ein Artikel von Redaktion Holzkurier | 02.11.2022 - 06:54
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DEPV-Geschäftsführer Martin Bentele © DEPV

Holzkurier: Die Pelletspreise haben sich in der DACH-Region seit vergangenem Jahr verdoppelt, in Deutschland sogar verdreifacht. Was sind die Hauptgründe dafür?

Martin Bentele: Die kriegsbedingt kurzfristig exorbitant angestiegene Nachfrage war die Hauptursache: Sie resultierte einerseits aus dem Interesse von Neukunden, die aufgrund der Energiekrise jetzt nicht nur von Öl, sondern auch von Erdgas zu Pellets gewechselt sind. Daneben haben Bestandskunden schon sehr früh und auch mit größeren Mengen ihre Lager füllen wollen, zum Teil noch mit zusätzlicher Sackware. Nicht zu vergessen ist auch die höhere Nachfrage aus dem gewerblichen und industriellen Bereich. Diese Dynamik hat sich innerhalb kurzer Zeit entwickelt und durch den hohen Preis für Sägenebenprodukte und die allgemein gestiegenen Preise bei Strom und Diesel noch gesteigert.

Ist in der Heizsaison mit einem weiteren Preisanstieg zu rechnen?

Angesichts der unvorhersehbaren Umstände sind Prognosen momentan schwierig und haben, wie wir gesehen haben, auch nur eine kurze Halbwertszeit. Wir sehen momentan bereits eine Normalisierung der Nachfrage, denn die Kundenlager sind weitgehend gefüllt. Im Oktober hat der Pelletspreis bereits leicht nachgegeben. Die Preisentwicklung im Winter wird wahrscheinlich aber weiterhin von hohen Rohstoffkosten beeinflusst.

Aufgrund des Krieges ist die Nachfrage nach Pellets kurzfristig exorbitant gestiegen. Im Oktober hat der Pelletspreis wieder leicht nachgegeben.


Martin Bentele, DEPV-Geschäftsführer

In einigen EU-Ländern, wie beispielsweise Rumänien, ist eine Preisbremse für Holz zur energetischen Nutzung geplant, so auch für Pellets. Ist das auch für die DACH-Region sinnvoll?

Um bestehende Benachteiligungen von Pelletskunden, die ja mit hohen Investitionen bewusst auf eine klimafreundliche Lösung gesetzt haben, gegenüber Gaskunden, die jetzt pauschal von Zuschüssen und der Gaspreisbremse profitieren sollen, zu erreichen, sind sicherlich politische Maßnahmen nötig. Wie diese im Detail aussehen müssten, um tatsächlich und unmittelbar zu wirken, muss man diskutieren.

Sägerestholz bildet die Grundlage der Rohstoffversorgung der Pelletswerke in der DACH-Region. Welche anderen Quellen spielen eine Rolle?

Im langjährigen Mittel waren Sägenebenprodukte zu rund 90 % die Grundlage der Pelletsproduktion in Deutschland. Etwa 10 % – je nach Jahreszeit und Schadholzanfall – sind nicht sägefähiges Rundholz, das aber entsprechend aufbereitet werden muss. Von daher bleiben Sägespäne die erste Wahl zur Pelletproduktion. Das sieht man auch an den Investitionen der Sägewerke, die Pellets als beste Möglichkeit zur Restholzveredelung erkannt haben. Mit steigendem Bedarf wird die Bedeutung von Waldholz, das im Sägewerk nicht verarbeitet werden kann, aber sicher zunehmen. Hier müssen wir die EU-Gesetzgebung und die laufende Diskussion um Nachhaltigkeit im Blick behalten.

Die Preise für Sägenebenprodukte steigen, gleichzeitig fallen die Blochholzpreise. Sägewerke drosseln den Einschnitt. Wird demnächst auch Sägerundholz zur Pelletierung verwendet?

Der Pelletsmarkt richtet sich an Angebot und Nachfrage aus. Für Kritiker wäre es ein gefundenes Fressen, wenn sägefähiges Rundholz pelletiert würde. Ziel muss es sein, den Holzbau voranzubringen, um das Kaskadenprinzip mit der doppelten Substitution von fossiler Energie zu stärken. Kurz gesagt, ersetzt Bauholz Beton, Pellets aus dessen Spänen Öl und Gas. In der Praxis werden das aber der Markt und die verarbeitenden Unternehmen entscheiden, nicht der DEPV.

Die Holz verarbeitende Industrie investiert weiter in die Wertschöpfung. Die Pelletskapazität wird ausgebaut. Neue Pelletswerke entstehen. Ein Trend, der anhalten wird?

In den nächsten Jahren sicher – dafür stimmen die Rahmenbedingungen einer Defossilisierung des Wärmemarktes, gepaart mit einem großen Rohstoffpotenzial aus der nachhaltigen Waldbewirtschaftung, was allerdings in Teilen – Stichworte Waldumbau und Kleinprivatwald – erst auch noch gehoben werden muss.

Was ändert sich kurz- bis mittelfristig für Pelletierwerke, die keine eigene Rohstoffversorgung haben?

Die Situation für sogenannte nicht integrierte Pelletswerke wird sicherlich schwieriger, wenn die Späne zunehmend in den Sägewerken verbleiben. Das sieht man beim augenblicklichen Restholzpreis schon.

In der DACH-Region werden hauptsächlich zertifizierte Pellets produziert. Welche Rolle kommen Industriepellets in den nächsten Jahren zu?

Im mittleren und großen Leistungsbereich der Wärmegewinnung aus Pellets könnten problemlos auch ENplus-zertifizierte A2-Pellets eingesetzt werden – die es allerdings bislang am Markt nicht in nennenswerter Menge gibt. Die Nachfrage nach dieser Qualität wird aber steigen. Ich bin gespannt, ob es hier neue Produktionen geben wird. Für deren Holzangebot wird der Klimawandel tendenziell sorgen.

Laut Beschluss des EU-Parlaments zur Richtlinie für erneuerbare Energien (RED III) ist Holzbiomasse zur energetischen Nutzung nur mehr bedingt nachhaltig und somit förderfähig. Welche Konsequenzen entstehen daraus für die Pelletsindustrie und den -markt?

Die diskutierte Novelle von „RED III“ auf EU-Ebene ist noch nicht final entschieden. Die EU-Kommission wird den Vorschlägen des Parlaments wahrscheinlich nicht einfach folgen. Holzenergie aus Reststoffen, aus denen Pellets in Deutschland zum großen Teil hergestellt werden, sind auch in dem durchaus kritisch zu sehendem Diskussionsentwurf des EU-Parlaments von Beschränkungen ausgenommen. Das heißt natürlich nicht, dass wir uns darauf ausruhen können, dass schon nichts Schlimmes für unsere Branche beschlossen wird. Vielmehr geht es darum, dass eine durchaus berechtigte öffentliche Diskussion zur Holzenergie differenziert geführt wird.

Ein Blick in die Zukunft der nächsten drei bis fünf Jahre. Was ist für Sie für die Pelletsbranche ein Best Case- und was ein Worst Case-Szenario?

Wir werden als praxistaugliche erneuerbare Form der Wärmegewinnung speziell in älteren Bestandsgebäuden eine wichtige Rolle spielen und den Anteil an der erneuerbaren Wärme entsprechend steigern – auch wenn das ideologisch gesteuerte Klimaschutzministerium überall die stromgeführte Wärmepumpe als Leittechnologie verankern möchte.

Es muss daher verhindert werden, dass die Politik hier allzu praxisuntaugliche Vorgeben bei der Förderung macht. Das ist augenblicklich unsere größte Sorge.