Holzwerke Bullinger

Energieautark, klimapositiv

Ein Artikel von Philipp Matzku | 19.04.2023 - 16:55

„Die neue Energiezentrale und Pelletierung sind unser Beitrag zur Energiewende. Jetzt sind wir als Unternehmen hier am Standort komplett klimaneutral“, erklärt Hans-Jörg Bullinger, Geschäftsführer von Holzwerke Bullinger in Abtsgmünd/DE. Nach der Entscheidung 2021, in eine moderne Schnittholztrocknung zu investieren, war schnell klar, dass die neuen Mühlböck-Trockenkammern über eine Kraft-Wärme-Kopplungs (KWK)-Anlage mit Strom und Wärme versorgt werden sollten. Ferner wollte man das am Standort in der Ostalb angefallene Restholz aus der KVH-, BSH- sowie Verpackungsholzproduktion so weit wie möglich selbst verwerten.

Für das gesamte Projekt mit Energiezentrale, Pelletswerk und Trockenkammern investierte Holzwerke Bullinger in Abtsgmünd knapp 10 Mio. €. Nach dem Unternehmensmotto: „Der Schnellere gewinnt“, sollten alle Anlagen innerhalb eines Jahres montiert sein und den Betrieb aufnehmen. „Das gesamte Konzept war ganz auf den Energiebedarf und den vorhandenen Rohstoff ausgerichtet“, erzählt Bullinger.

Leistungsstarke Presse

Pellets sind für Bullinger eine „gute Aufwertungsmöglichkeit“, um die Wertschöpfung des Familienunternehmens zu erhöhen. Bei der Pelletierung entschied man sich für den Maschinen- und Anlagenbauer Salmatec, Gödersdorf/DE. „Branchenkollegen, die bereits Erfahrungen mit Salmatec-Pressen hatten, berichteten nur Positives: Daumen nach oben. Der Vorteil war, dass Matthias Schindler sowohl Sales Manager bei Salmatec als auch die Kontaktperson bei Burkhardt ist. Ich hatte also einen Ansprechpartner für beide Projekte, wo klar war, dass wir mit Standardlösungen nicht weiterkommen. Von der Planung über die Montage bis hin zur Inbetriebnahme“, betont Bullinger.

Zu Ostern 2022 wurde mit dem Abbruch der alten Heizung begonnen und von dem Bauunternehmen Franz Traub, Aalen-Ebnat/DE, das neue Gebäude für die Burkhardt-sowie die Salmatec-Anlage in Betonbauweise errichtet. „Einen Container hätten wir in unserem Betrieb nicht sinnvoll einbauen können, außerdem ist die Containerlösung lauter als eine Einhausung aus Beton“, gibt Bullinger zu bedenken.

Anfang Oktober erfolgte der Montagebeginn von Pellets-, Trockenspan- und Stärkesilos. Die geplante Montagezeit der KWK-Anlage und Pelletierung samt Förder- und Filtertechnik sowie Lkw-Verladung von zehn Wochen wurde eingehalten. „Aufgrund der Verzögerungen beim Bau des Trockenspansilos mussten wir aber rund 250 t-ENplus A1-Pellets zur Versorgung der Energiezentrale zukaufen“, informiert Bullinger. „Die genormten, homogenen ENplus A1-Pellets haben im Vergleich zu Hackgut eine bessere Transport- und Lagerfähigkeit, was eine effizientere Verwertung im Holzvergaser zur Folge hat“, erzählt Schindler.

 

 

Energiespeicher Pellets

„Wir haben uns bewusst für die Salmatec-Pelletierpresse des Typs Maxima 700 mit einer Kapazität von 25.000 t/J entschieden, obwohl die geplante Produktionsmenge nur bei 10.000 t/J liegen wird. Die Presse ist effizienter als kleinere Modelle und wir brauchen die Stundenleistung im Volllastbetrieb. Unsere Pressen sind in der Regel auf einen 24- oder 16-Stunden-Betrieb ausgelegt, Bullinger nutzt unsere Presse aber nur im 8-Stunden-Betrieb“, informiert Timo Müller, Marketingmanager bei Salmatec.

Aus Lärmschutzgründen erfolgen die Absaugung und Verladung tagsüber, die Pelletsproduktion findet aber nachts und am Wochenende statt. „Die Spätschicht schaltet die Anlage an und die Frühschicht wieder aus. In den Pelletssilo können wir die Pelletsproduktion von bis zu zwei Monaten einlagern, ohne auch nur eine Tonne verladen zu müssen. Gleichzeitig kann die Burkhardt-Anlage 24 h täglich Material aus dem Pelletssilo entnehmen“, gibt Bullinger zu verstehen.

„So eine Kombination aus Pelletieranlage und Holzvergasungsanlage ist sehr selten. Deshalb war hier eine höchst individuelle Lösung gefragt. In den allermeisten Fällen soll eine möglichst hohe Produktionsauslastung erreicht werden. Hier wurde aber gezielt eine kurze Produktionszeit von nur 8 h am Tag angestrebt“, klärt Müller auf.

Das gesamte System ist, mit Ausnahme des Hackers zur Restholzzerkleinerung, in sich geschlossen. Über dem Hacker werden das zerkleinerte Kappholz sowie die Späne aus der Produktion sowie der Rückführung des Feinmaterials der Burkhardt-Anlage zur Pelletierung in den Spansilo eingeschleust. „Wir haben bei den Pellets keinen Verkaufsdruck“, teilt Bullinger mit. Ab September plant man, täglich einen eigenen Silo-Lkw einzusetzen.

Wirtschaftliche Energieerzeugung

„Burkhardt hatte mit der Kombination aus Holzvergaser und BHKW die einzige Lösung, die unterschiedlichen Reststoffe, die in unserem Werk anfallen, zu verwerten“, betont Bullinger. Der Energie- und Gebäudetechnikspezialist Burkhardt, Mühlhausen/DE, ist der einzige Anbieter, der pelletsbetriebene Holzvergaser herstellt. Die Säge- und Hobelspäne wurden bislang an regionale Pelletswerke sowie Faserholz- und Spanplattenhersteller verkauft.

Zusammen mit Schindler besichtigte Bullinger zwei Burkhardt-Anlagen und erteilte schließlich den Auftrag für fünf Holzvergaser des Typ V 3.90 S sowie BHKW ECO 220. Drei Anlagen produzieren seit Weihnachten 2022 Energie, der vierte Holzvergaser soll heuer, der fünfte später den Betrieb aufnehmen.

Ein V3.90 S-Holzvergaser mit Blockheizkraftwerk (BHKW) hat eine Wärmeleistung von 305 kW sowie eine Stromleistung von 190 kW. Der Pelletsverbrauch liegt bei 122 kg/h. Der Burkhardt-Holzvergaser ist seit zweieinhalb Jahren auf dem Markt und wurde bislang rund 30 Mal verkauft. Er benötigt im Vergleich zum Vorgängermodell V 3.90 weniger Platz und wurde bei der Prozessführung optimiert. Durch den Einsatz eines wassergekühlten Gaskühlers anstatt der Kühlung mit Luft werden laut Herstellerangaben die Lüftungskomponenten am Holzvergaser eingespart. „Das ist vor allem bei mehreren Holzvergasern in einem Raum, wie auch hier bei Holzwerke Bullinger, von Vorteil“, informiert Helmut Kipfstuhl, Projektleiter bei Burkhardt. Mit der Einbindung der Gaskühlung in den Warmwasserkreislauf könne zudem die Restwärme aus dem Holzgas für Heizungszwecke genutzt werden, heißt es weiter.

Das BHKW hat einen 6-Zylinder-MAN-Hochleistungsmotor. Dieser wird für den Betrieb mit Holzgas im Burkhardt-Werk in der Oberpfalz weiter modifiziert.

HOLZWERKE BULLINGER

Standorte: Abtsgmünd, Neuruppin
Gründung: 1913
Geschäftsführer: Stefanie, Hans-Jörg und Andreas Bullinger
Mitarbeiter: 105 (Gruppe 250)
Produktion: KVH, BSH, Duobalken, Verpackungsware 230.000 m3 /J (2022 Gruppe), Exportanteil: 25%
Abtsgmünd: 68.000 m3/J KVH, 10.000 m3/J BSH, Duo-/Triobalken 10.000 m3/J, Verpackungsware (Paletten, Kisten)
Restholzmenge:
10.000 m3/J (40% Kappholz, 60% Späne)
Pelletskapazität: 10.000 t/J (2022 geplant)