Vee-Vorchdorf_Menschen.jpg

Alle Erwartungen erfüllt: August Schöfberger, Nahwärme Vorchdorf, sowie Andreas Fritsche, vee, neben einer vee-Anlage (v. li.) © Nahwärme Vorchdorf

Nahwärme Vorchdorf, Öko Energie Zauner

Betreiberfreundliche Holzgasanlage

Ein Artikel von Philipp Matzku | 20.10.2023 - 11:25

Ein Lkw mit Schubboden bringt frisches Hackgut von einem Hackguthändler aus der Region zum Heizkraftwerk nach Vorchdorf. Die Probemessung ergibt einen Wassergehalt von ca. 27%. 18.000 Srm/J Hackgut verarbeitet die Genossenschaft zur Strom- und Wärmeerzeugung. „Für die Wärmeerzeugung werden von unseren Genossenschaftsmitgliedern und regionalen Lieferanten zusätzlich 27.000  Srm/J geliefert. Der Wassergehalt von diesem Hackgut beträgt rund 30 bis 40%“, berichtet August Schöfberger, Geschäftsführer der Nahwärme Vorchdorf.

Die All-in-one-Lösung

Die Leistung der drei Bestandheizkessel von Urbas beträgt 5,8 MW-Wärme. Im Vorjahr investierte die Nahwärme Vorchdorf in einen weiteren 3-MW-Biomassekessel. „Holz ist eigentlich zu schade, um es einfach nur zu verbrennen. Wir wollten den Wirkungsgrad erhöhen und haben uns zur Strom- und Wärmeerzeugung für eine Holzgasanlage von vee Anlagenbau entschieden“, informiert Schöfberger. Die drei vee-Anlagen des Typs wp 2.150 haben zusammen 480 kW elektrische und 870 kW thermische Leistung. Die Anlagen sind für die Stromversorgung von über 900 Wohnungen und für die Wärmeversorgung von rund 300 Wohnungen ausgelegt. Die Kraft-Wärme-Kopplungs (KWK)-Anlagen von vee erzeugen 1000 kW Wärmeoutput, davon benötigt die Hackguttrocknungsanlage zur Trocknung 300 kW, der Rest wird in das lokale Netz eingespeist“, erklärt Idris Acik, Betriebsleiter bei der Nahwärme Vorchdorf. Das Hackgut wird nach der Lieferung mittels Schubbodentrockner von rund 30% Wassergehalt auf unter 10% Restfeuchte getrocknet. Über eine Hochförderschnecke wird das Hackgut zu einer Siebanlage transportiert, wo die groben und feinen Teile ausgesiebt werden.

Das gesiebte Hackgut wird danach in einen Bunker mit 150 m3 transportiert, wo es auf die drei vee-Anlagen verteilt wird. Der Festbettvergaser mit beweglichen Luftdüsen ist eine patentierte Entwicklung von vee (s. Beitrag "Holzgas-KWK im Zeitalter der Energiewende"). Die drei 150 kW-Linien sind in drei separaten Räumen untergebracht. „Ein Anlagenblock in einem eigenen Raum ist dabei sehr sinnvoll, da der Lärmpegel bei Wartungsarbeiten geringer ist“, erzählt vee-Geschäftsführer Andreas Fritsche. Zusätzlich gibt es eine CO-Warnung und eine Raumtemperaturüberwachung für jeden einzelnen Raum.

Einfache, kompakte Anlage

„Einer der Gründe für das Anlagenkonzept von vee war der sehr geringe Service- und Wartungsaufwand. Wir können die meisten Störungen und Reparaturarbeiten dank der recht einfachen Technik meist selbst übernehmen, ohne einen Fachexperten von vee kontaktieren zu müssen“, gibt Acik zu verstehen und ergänzt lachend: „Andererseits kann ich im Notfall vee auch außerhalb regulärer Bürozeiten anrufen“. Mithilfe eines modernen SPS-Systems können die Bedienung und die Überwachung der vee-Anlage auch über mobile Endgeräte erfolgen, ohne dass ein Mitarbeiter vor Ort sein muss.

In den Sommermonaten, wenn weniger Wärme benötigt wird, laufen nur die Holzvergaser, ab Herbst werden die Urbas-Heizkessel dazugeschaltet. Mit den beiden 250 m3-Pufferspeichern werden Spitzenlasten, wie werktags in der Früh oder bei geringem Verbrauch im Sommer, aufgefangen. Ein 500 kW-Heizkessel von Eta hilft ferner, Spitzenlasten und Störungen auszugleichen. „Wir sind dank unseres Notstromaggregats bei Stromausfall und Unwettern auf einen Blackout in Vorchdorf vorbereitet“, informiert Schöfberger.

Etwa 20 Mio. € hat die Nahwärme seit 2008 für die Biomasseanlagen ausgegeben, davon rund 8 Mio. € in den vergangenen drei Jahren. „Wir sind von der vee-Holzgas KWK-Anlage positiv überrascht. Alles, was versprochen wurde, ist gehalten worden“, fasst Schöfberger zusammen.

Ein stimmiges Konzept

Der Wärmebedarf im 12 km entfernten Pettenbach ist in den vergangenen Jahren an seine Kapazitätsgrenzen gekommen. Harald Zauner, Geschäftsführer von Öko Energie Zauner, Pettenbach, und Mitglied bei der Nahwärme Pettenbach, entschied sich zur Investition in zwei Holzgasanlagen samt Blockheizkraftwerk (BHKW). Am Gelände des alten Lagerhauses wurde 2020 ein Gebäude saniert. „Wir haben uns verschiedene Hersteller von Holzgas KWK-Anlagen mit Hackschnitzel angeschaut. Außer dem Anlagenkonzept von vee hat nichts so richtig gepasst“, gibt Doris Gasperlmayr, Prokuristin bei Öko Energie Zauner, zu verstehen und ergänzt: „ Die beiden vee-Holzgasanlagen des Typs wp 2.150 mit jeweils 165 kW überzeugten uns sowohl mit ihrer kompakten Bauweise, der einfachen Bedienung und Wartung als auch den geringen Betriebskosten bei gleichzeitig hoher Leistung. Fritsche hat selbst ein Sägewerk und versteht die Schwierigkeiten der Energiegewinnung aus erster Hand. Er ist, so wie mein Bruder Harald Zauner, ein Vollbluttechniker.“

Wärmeversorgung von 70 Objekten

Zauner verwendet als Brennstoff hauptsächlich Hackgut, das er mithilfe einer Biogasanlage und einem Hackschnitzeltrockner trocknet. Ein Spezialsieb entfernt, ähnlich wie in Vorchdorf, das Feinmaterial. Ein Lkw transportiert das getrocknete Rohmaterial einmal täglich zur Holzgas-KWK-Anlage. Der Bunker vor Ort hat eine Kapazität von rund 240 Srm. Das entspricht dem Wochenbedarf der beiden vee-Anlagen. Seit Inbetriebnahme vor 16 Monaten, wurde pro Linie rund 5000 MW Leistung produziert. Rund 70 Gewerbe, öffentliche und private Gebäude werden so ganzjährig mit Wärme versorgt. Alle Anlagen sind mit dem Mobiltelefon Zauners verbunden und können so überwacht werden. Eine Fernwartung von vee aus Vorarlberg ist ebenso möglich.

Verstromung, die sich lohnt

„Wir nutzen die Vee-Anlage zur Wärme- und Stromgewinnung sowie im Sommer zusätzlich zur Trocknung“, informiert Gasperlmayr. Vier Container mit einem Fassungsvermögen von jeweils 37 m3 stehen dafür zur Verfügung. Diese dienen auch als Puffer bei Spitzenauslastung. Der Strom (330 kW/h) wird, im Sinne des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes, im Direktvertrieb in das Netz eingespeist. Abnehmer sind größere Energieversorger in Österreich.

„Wir sind mit der gesamten Anlage sehr zufrieden. Alles funktioniert problemlos und nach unseren Vorstellungen. Sollte sich der Wärmebedarf der Nahwärme Pettenbach in Zukunft ändern, ist eine Erweiterung auf eine dritte Linie sehr wahrscheinlich“, erklärt Zauner.

VEE ANLAGENBAU

Standort: Bürserberg

Geschäftsleitung: Johanna Summer, Andreas Fritsche

Produkte: Holzgas-KWK-Anlagen mit BHKW (50 kW bis 350 kW), Hackgut-Schubbodentrockner in Modulbauweise, Hackgutfördertechnik, Verwertungslösung für Reststoffe (Holzkohle), Integration in bestehende Systeme