Fürstenfelder Ökoenergie

Grüne Energie aus Holzgas

Ein Artikel von Philipp Matzku | 29.02.2024 - 08:43

Im neu geschaffenen Energieweg im steirischen Fürstenfeld, gegenüber dem bereits bestehenden Abfallwirtschaftszentrum, entsteht derzeit laut eigener Aussage die größte Holzvergaseranlage Österreichs. Der bayerische Anlagenbauer Burkhardt aus Mühlhausen/DE installiert zwölf Pellets-Holzvergaser des Typs V3.90S mit zwölf nachgeschalteten Blockheizkraftwerken (BHKW) des Typs Eco 165. Das BHKW verfügt über einen 6-Zylinder MAN-Hochleistungsmotor, der für den Betrieb mit Holzgas im Burkhardt-Werk in der Oberpfalz weiter modifiziert wird. Ein V3.90S-Holzvergasermodul samt BHKW hat eine Wärmeleistung von 265 kW. Der Pelletsverbrauch liegt bei 110 kg/h.

Grüne Energie aus eigener Hand

Sechs Anlagen sind bereits in Betrieb. Bis Ende März folgen die restlichen KWK (Kraft-Wärme-Kopplungs)-Anlagen. „Es gibt keine technisch notwendige Begrenzung der Holzvergaseranzahl. Die einzigen Limitierungen sind die Netzkapazität und der -ausbau“, konstatiert Helmut Kipfstuhl, Projektleiter bei Burkhardt. Im Endausbau kann die gesamte Burkhardt-Energiezentrale rund 75% des jährlichen Stromverbrauchs für Haushalte sowie fast den Großteil des jährlichen Wärmebedarfs gemeinsam mit der bereits bestehenden Biomasse- und -gasanlage der oststeirischen Gemeinde decken. Die einzelnen Anlagen laufen komplett unabhängig voneinander.

Das Heizkraftwerk produziert 2000 kW (rund 16.000 MWh/J) Strom für das öffentliche Netz sowie 3000 kW Wärme (rund 25.000 MWh/J) für das bestehende, stark wachsende Fernwärmenetz. Letzteres betreiben die Stadtwerke Fürstenfeld als 100%-Tochter der Stadtgemeinde Fürstenfeld zusammen mit dem Energieversorger Kelag. Die jährliche Stromversorgungskapazität ist für umgerechnet rund 5000 Haushalte ausgelegt.

Schnelle Bauphase

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1000 m2: Mehr Platz ist für die Energiezentrale nicht nötig. Bauzeit nur acht Monate: von August 2023 bis März 2024 © Fürstenfelder Ökoenergie

Vor drei Jahren begannen die Planungen für die Ökoenergieversorgung in der Stadtgemeinde. Ursprünglich vorgesehen war eine Hackschnitzel-Holzgasanlage. „Aufgrund der stark steigenden Zinsen war dieser Anlagentyp für uns wirtschaftlich nicht mehr umsetzbar. Wir brauchten also rasch eine Alternative“, erklärt Franz Jost, Bürgermeister von Fürstenfeld.

Der Energie- und Gebäudetechnik-Spezialist Burkhardt mit seinen Pellets-Holzgasanlagen war bereits bekannt. Eine Delegation aus Fürstenfeld fuhr im Frühling des Vorjahres in die Oberpfalz, um direkt vor Ort mit den Verantwortlichen bei Burkhardt über das Projekt zu sprechen. „Der Vertriebsleiter, Claus Burkhardt, aber auch Helmut Kipfstuhl waren, wie wir selbst, von dem Projekt begeistert und haben uns mit ihrem Enthusiasmus angesteckt. Wir konnten bereits nach diesem Gespräch Burkhardt den Auftrag erteilen“, berichtet Jost. Der Spatenstich erfolgte im Juni 2023, nach acht Monaten Bauzeit wird die gesamte Anlage in Vollbetrieb gehen. Bauherrin und Betreiberin ist die Fürstenfelder Ökoenergie, eine 100 %-Tochter der Stadtwerke Fürstenfeld. Für die technische Projektplanung zeichnet das Büro für Erneuerbare Energie Ing. Leo Riebenbauer aus Pinggau verantwortlich.

„Die Behörden sowie die Stadtgemeinde Fürstenfeld ermöglichten eine schnelle Bewilligungsphase und es wurde auch im Winter durchgearbeitet“, berichtet Dr. Franz Friedl, seit 2020 Direktor der Stadtwerke Fürstenfeld. Die ersten Holzvergaser erreichten im Oktober des vergangenen Jahres die Baustelle in Fürstenfeld. Bereits Ende Dezember wurde der Teilbetrieb des Holzvergaserwerks aufgenommen.

Vorteil von Pellets

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21 bis 27 t/J Holzkohle produziert eine Burkhardt-Anlage © Philipp Matzku

„Pellets sind ein genormter Brennstoff. Die Investitionskosten sind geringer als im Fall von Hackschnitzeln, obwohl der Brennstoff selbst teurer ist“, erklärt Leo Riebenbauer, Geschäftsführer des gleichnamigen technischen Büros. „Das gesamte Konzept mit Pellets anstatt der Hackschnitzel war für uns auch aufgrund des geringeren Platzbedarfs und den damit verbundenden geringeren Errichtungskosten finanziell darstellbar“, ergänzt Friedl. 1000 m2 groß ist das Gebäude der Energiezentrale. „Ob Pellets oder Hackschnitzel bei Holzgasanlagen besser geeignet sind, ist abhängig vom Standort. Sägewerke oder Holz verarbeitenden Industrien mit eigener Pelletierung nehmen natürlich Pellets. Diese müssen nicht weiterbearbeitet werden und benötigen rund 3,5-mal weniger Lagerfläche als Hackgut sowie Industrieholz. Außerdem ist bei den Pellets keine Trocknung mehr notwendig“, gibt Kipfstuhl zu verstehen. Seit Mitte des vergangenen Jahres hat Burkhardt mit dem neu entwickelten Holzvergaser V5.90S ein kompaktes System mit Hackschnitzeln auf den Markt gebracht. Zehn Hackschnitzelvergaser mit über 98.000 Betriebsstunden sind bereits im Einsatz, davon allein fünf am Burkhardt-Unternehmenssitz in der Oberpfalz.

Jede der einzelnen Burkhardt-Holzvergaser benötigt täglich 4 m3 Pellets. Im Vollbetrieb entspricht das rund 50 m3 pro Tag. Regionale Partner liefern zwei Mal täglich die Presslinge mit Schubboden-Lkw nach Fürstenfeld. Der Jahresverbrauch liegt laut Friedl bei 10.000 t/J. Diese werden dann über eine 7 m3-Schüttgasse den vier Bunkern zugeführt. Ein Bunker versorgt so drei Holzvergaser mit dem Rohstoff. Zum Einsatz kommen ausschließlich zertifizierte Forstpellets. Der Einsatz von Industriepellets sei rein technisch möglich, „es gibt aber in der Qualität, vor allem beim Schüttgewicht sowie bei der Vergasung, größere Abweichungen im Vergleich zu den Forstpellets“, informiert Kipfstuhl.

Vorzeigegemeinde für Ökoenergie

Mit dem Ziel, 100% grüne Energie aus eigener Hand zu liefern und Ökostrom langfristig günstiger an seine Kunden liefern zu können, setzen die Stadtwerke neben der Holzvergaseranlage in dem Energiepark unter anderem auf in Summe 15 MW-Photovoltaikanlagen sowie Tiefengeothermie zur Wärmegewinnung und auf einen geplanten 16 MWh-Batteriespeicher. „Wir wollen im gesamten deutschsprachigen Raum eine Vorzeigegemeinde im Bereich der Ökoenergienutzung werden“, bekräftigt Jost. Bei dem gesamten Projekt gibt es die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung. Die Fürstenfelder Bevölkerung kann sich mit einem Geldbetrag von 2500 oder 5000 € beteiligen, mit 4,5% Fixverzinsung auf zehn Jahre. „Die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung erfährt große positive Resonanz“, hebt Friedl hervor.

Fürstenfelder Ökoenergie

Standort: Fürstenfeld
Errichter und Betreiber: Fürstenfelder Ökoenergie GmbH (100 %-Tochter Stadtwerke Fürstenfeld), wiederum 100 % Stadtgemeinde Fürstenfeld
Gegründet: 2020 (Stadtwerke Fürstenfeld 1905)
Geschäftsführung: Dr. Franz Friedl
Mitarbeiter: vor Ort 2 (Stadtwerke 30 Mitarbeiter)
Betriebsweise: 24 h ganzjährig 
Leistung Holzgasanlage: 2000 kW elektrisch, 3000 kW thermisch
Pelletsverbrauch: 10.000 t/J
Absatz: Stadtgemeinde Fürstenfeld