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Das Centre Pompidou am PC: Die komplexe Dachkonstruktion aus gekrümmten BSH wurde mit der Software von Dlubal realisiert © Dlubal

Bayerische Software für chinesischen Strohhut

Ein Artikel von Forstassessor Peter Liptay | 07.12.2011 - 15:00
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Das Centre Pompidou am PC: Die komplexe Dachkonstruktion aus gekrümmten BSH wurde mit der Software von Dlubal realisiert © Dlubal

Ein chinesischer Hut aus Bambus, Ölpapier und trockenen Blättern inspirierte den japanischen Architekten Shigeru Ban zum Entwurf der Dachkonstruktion des im Vorjahr eröffneten Centre Pompidou in Metz/FR (s. Link). Die Software zur Realisierung des komplexen Geflechtes aus gekrümmten BSH stammt aus dem Bayerischen Wald: Ingenieur-Software Dlubal, Tiefenbach/DE, Entwickler von Programmen zur Berechnung räumlicher Tragwerke aus beliebigen Materialien, zeichnete dafür verantwortlich.

Die 8000 m²-Dachkonstruktion spannt sich von einem 77 m hohen Turm aus über die gesamte Fläche. Das Grundmodul des Holzflechtwerks ist ein Sechseck mit 2,6 m Seitenlänge. Die Tragkonstruktion besteht aus mehrlagigen, gekreuzten Gurten aus gekrümmtem BSH. Dieses wurde in den Kreuzungspunkten durch vorgespannte Gewindestangen und Tellerfedern miteinander verbunden, sodass die statische Kraftübertragung in den Fugen durch Reibung sichergestellt wird. Die parallel laufenden Gurte wurden untereinander mit Sperrholzplatten und Vollgewindeschrauben zusammengefügt und erhalten so die Wirkung eines Vierendeelträgers mit nachgiebigem Verbund.

Dieses komplexe System aus etwa 41.000 Stäben zu bemessen, war Aufgabe von SJB.Kempter.Fitze, Herisau/CH. Dabei verwendeten die Schweizer Ingenieure RSTAB von Dlubal, das Statikprogramm zur Berechnung von ebenen und räumlichen Stabwerken, und die Zusatzmodule HOLZ, DYNAM und RSKNICK. Dabei wurde die Unterkonstruktion in Stahl und Stahlbeton komplett mit einem vereinfachten System berücksichtigt, um die Auswirkungen aus den gegenseitigen Abhängigkeiten genügend genau zu erfassen.

Um die Schnittkräfte in den Verbindungen und Bauteilen zu berechnen, mussten jeder Gurt, jedes Schubbrett und die Dollenabschnitte mit entsprechender Ausrichtung im Raum modelliert werden. Die Belastungssituationen wurden vom französischen Institut für Bautechnik CSTB in umfangreichen Windkanalversuchen ermittelt. Zur Berechnung des Holztragwerkes kam die Modellierung und Bemessung von 216 Anschlüssen an den Stahlbau mit Hilfe des 3D-FEM-Programmes RFEM hinzu.