Ein Artikel von DI Michael Reitberger (für Timber-Online bearbeitet) | 06.12.2012 - 07:30
Zwei Unternehmen aus dem Schwarzwald glauben, eine neue Definition für die Brettstapeldecke gefunden zu haben: eine geschraubte Systemdecke nach dem Sandwichprinzip mit einer Holzfaserplatte als Zwischenlage. Eingebaut wurde das Pilotprojekt in einem Anbau des Schraubenherstellers Heco.
Normalerweise bestehen Brettstapeldecken aus hochkant unter hohem Druck miteinander vernagelten oder verklebten Brettern gleichen Typs, weiß man bei Heco in Schramberg/DE. Der Schraubenhersteller und die Zimmerei Lamprecht aus Schramberg haben diesen Aufbau geändert und statt Nägeln Schrauben verwendet. Holzfaserdämmplatten als Wechsellage sollen den Deckenelementen neue Eigenschaften verleihen.
Gutes Raumklima – auch im Büro
Das Pilotprojekt, welches erstmalig für einen Anbau auf dem Heco-Produktionsgelände zum Einsatz kam, erntete bereits großes Lob: „Die Holzdecke vermittelt ein wohltuendes Raumgefühl. Nicht nur akustisch, sondern auch durch das behagliche Raumklima gestaltet sich das Arbeiten deutlich angenehmer als zuvor“, meint Stefanie Schondelmaier, Vertriebsmitarbeiterin bei Heco. Sie arbeitet seit 2010 im Großraumbüro des neuen Anbaus. „Wegen des Aufbaus aus Konstruktionsvollholz und Holzfaserplatten liegt eine diffusionsoffene Deckenstruktur vor, die einen regelmäßigen Luftaustausch mit positivem Effekt auf das Raumklima ermöglicht“, informiert Andreas Hettich, Leiter Produktmanagement bei Heco. „Auch akustische Anforderungen, wie Geh- und Sprechgeräusche, werden durch die Systemdecke positiv beeinflusst. Hierbei entkoppelt die Weichfaserplatte die Körperschallübertragung von der Tragstruktur, was die Schallübertragung in angrenzende Räume deutlich reduziert. Gleichzeitig wird die Schallreflexion im Raum gemindert.“
Für die etwa 173 m2 Deckenfläche des Gebäudes wurden Module mit 1 m mal 6 m mal 0,2 m gefertigt und zusammengefügt. Sie bestehen aus hochkant gestelltem Konstruktionsvollholz, das im Wechsel mit Holzfaserdämmplatten gestapelt und maschinell unter Druck verschraubt wird. Den Vorteil einer Verschraubung erkennt Zimmermeister Dieter Kazenwadel darin, dass über das Gewinde der Schrauben hohe Zug- und Druckkräfte aufgenommen und abgeleitet werden können. „Unser Ziel war, eine Systemdecke zu entwickeln, die mehr Lasten tragen kann und sich in der Akustik und im Raumklima noch besser verhält als konventionelle Brettstapeldecken“, so Kazenwadel. Daher sei auch die Idee geboren, im Sandwichprinzip zu arbeiten. Die dazwischen gelegten Holzfaserplatten wirken wie Puffer und gleichen die Spannungen, die bei Belastung der Decke entstehen, aus.
Die Sandwichstruktur der Elemente brachte neue Anforderungen an die Befestigungstechnik. Die Vorüberlegungen, welche Schrauben für die Module infrage kämen, erklärt Ulrich Hettich, Leiter der Entwicklungsabteilung von Heco: „Wir mussten auf eine Schraube zurückgreifen, die hohe Lasten aufnehmen kann und gleichzeitig die Platten zusammenzieht. Die vollständige Lösung bot schließlich die bauaufsichtlich zugelassene Holzschraube Heco-Topix-CombiConnect. Sie besteht aus zwei Gewinden unterschiedlicher Steigung, die nicht nur das Zusammenziehen der zu verbindenden Bauteile bewirken, sondern auch die Übertragung hoher Zug- und Druckkräfte über das Gewinde gewährleisten.“
Geschlossenes System
Durch den Zusammenzieheffekt der Verschraubung wird ein vorgespanntes Brettstapelelement erzeugt. Die darin gepressten Holzfaserplatten sind dabei in der Lage, die Quell- und Schwinddehnungen des Brettstapelelements vollständig auszugleichen, sodass keine Fugen entstehen. „Es sind daher keine Dehnfugen mehr notwendig, da der Dehnungsausgleich im Element erfolgt. Gleichzeitig kann das System über die Schrauben Horizontallasten in Quer- und Längsrichtung aufnehmen. Je nach Anforderung kann die Decke durch geeignete zusätzliche Verschraubungen als baustatisch vollwertige Scheibe ausgebildet werden werden“, erklärt Hettich.
Mehr Wertschöpfung
Neben den technischen Vorteilen soll die neue Brettstapeldecke auch für den Handwerksbetrieb wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen. „Im Holzbaugewerbe haben die Verwendung von Fertigteilen und damit die Montage vor Ort drastisch zugenommen. Da die Fertigteile meist industrieller Herkunft sind und der Zimmerer nur noch zur Montage gerufen wird, gelingt es den Betrieben immer weniger, eigene handwerkliche Wertschöpfung zu generieren. Eine Systemdecke, die sich im Betrieb vormontieren und zwischenlagern lässt, bietet dagegen die Chance, diese Werte wieder in den Betrieb zurückzuführen“, ergänzt Kazenwadel. Daher hat der Zimmermeister die Werkstücke so konzipiert, dass sie selbst in einem Kleinbetrieb produziert werden können. Sein Ziel ist, durch die Vergabe von Lizenzen das Konzept seiner Brettstapeldecke in anderen Zimmereibetrieben zu verankern und dadurch langfristig das Handwerk und dessen Ansehen aufzuwerten.
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