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Prof. Dr. Rainer Marutzky, Braunschweig/DE © Peters

Spitzenposition verteidigen

Ein Artikel von Administrator | 31.10.2003 - 00:00
Ist der Stellenwert nationaler und internationaler Holzforschung gefährdet? Aus dem 6. Europäischen Forschungs- und Entwicklungs-Rahmenprogramm ist das Thema Holz nahezu völlig verschwunden - es werde derzeit immer schwieriger, in Brüssel/BE Forschungsmittel zu akquirieren, so Prof. Dr. Rainer Marutzky, seit 1989 Leiter des Wilhelm-Klauditz-Institutes für Holzforschung (WKI), Braunschweig/DE.
Am 28. Oktober feierte das WKI Premiere mit dem „Tag der Holzforschung” und konnte zu 8 Fachvorträgen sowie fachkundigen Führungen durch Institut und wohl ausgestattetes Technikum 85 Teilnehmer aus Forschung und Industrie begrüßen.
Forst und Holz in Deutschland wären „ganz schön stark, wenn sie alle zusammenhalten würden”, analysierte Marutzky und spielte damit auf die jüngst von Prof. Dr. Andreas Schulte veröffentlichte Cluster-Studie Forst und Holz an.
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Prof. Dr. Rainer Marutzky, Braunschweig/DE © Peters

Wettbewerbsfähigkeit sichern. Aktuelle Ansätze anwendungsorientierter Forschung widmen sich der Fasertrocken-Beleimung von MDF und HDF, der Herstellung massegefärbter MDF und brandgeschützter OSB oder von OSB mit geschlossenen Oberflächen. Derzeit entsteht zudem ein Technikum zur Herstellung thermoplastisch gebundener Span- und Faserwerkstoffe (WPC, wood plastic composites). Angesichts knapper Forschungsmittel könne der deutschsprachige Raum seine holztechnologische „Spitzenposition” nur halten und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der Holz- und Holzwerkstoffindustrie sichern, wenn wieder verstärkt in Forschung und Entwicklung investiert werde, so Marutzkys deutliche Worte in Richtung Brüssel und Berlin/DE.Kleine Teile beschreiben. Großen Einfluss auf die Eigenschaften neuer Werkstoffe - wie etwa OSB, LDF (low density fibreboard), LSL (laminated strand lumber, Langspanholz), VSL (veneer strip lumber, Furnierstreifenholz) oder PSL (parallel strand lumber) - haben Form und Eigenschaften eingesetzter Holzpartikel. Diese lassen sich per Laserscanner und Bildanalyse charakterisieren, so Dipl.-Ing. Burkhard Plinke.
Beim Laserscanner rotiert ein fokussierter Laserstrahl - rückgestreutes Licht liefert die gewünschten Informationen. Das kompakte Stahlrohr von 30 cm Länge lässt sich „einfach ins Messgut hängen”, in diesem Fall zwischen Refiner und Blow-line.
Bei der Laserbeugung dagegen durchstrahlt kohärentes Licht das Medium und wird dabei gebeugt. Das auf eine Brennebene fokussierte Bild liefert - nach komplexen Rechenverfahren - ausreichend gute Messwerte für die Prozess-Steuerung. Beide Verfahren ergeben aussagefähige Korngrößenverteilungen und eignen sich etwa für die online-Steuerung der MDF-Produktion.Steine pulverisieren. Die Klebstoff-Forschung umfasst die miteinander vernetzten Bereiche Entwicklung, Applikation und Analytik. Dr. Dirk Grunwald schilderte eine neuartige, im WKI entwickelte Rohrbeleimung, welche den Verbrauch von Klebstoffen um 1% Festharz senken kann. Bei Klebstoffkosten im Rahmen der MDF-Produktion von 20% ergeben sich bei jährlichen Kapazitäten von 250.000 m³ Einsparungen zwischen 0,5 und 2 Mio. €/J.
Während der Dampftrockung von Kiefernspänen fallen feste Inhaltsstoffe in Form schwarz-gelber Ablagerungen im Trockner aus. Zu Pulver zermahlen und im Verhältnis 1% Feststoff zu atro Späne zusätzlich zur regulären Beleimung (8% UF-Harze) auf die Späne gesprüht, führten gegenüber reiner UF-Beleimung zu verbesserter Biege- und verdoppelter Querzugfestigkeit sowie verringerter Dickenquellung.Defekte entdecken. Fehler oder Schwächen beschichteter Oberflächen oder von Leimholz-Lamellen deckt die Thermographie auf und eignet sich zur Produktions- und Qualitätskontrolle. So deuten nach Erhitzung relativ warme Stellen im Bild („hot spots”) auf Fehlverklebungen, kalte Stellen hingegen auf Äste oder fladerförmige Jahresringe hin. Sogar ungleichmäßiger Leimauftrag bei Spanplatten konnte damit detektiert werden. Ziel von Dr. Peter Meinlschmidt ist die automatische Erkennung mit dieser Technologie.
Die Umstellung lösemittelhaltiger Alkydemulsionen zu wasserbasierten Dispersionen führte zu Haftungsprobleme von Lacken auf Holzoberflächen. Während der mechanische Haftungstest per Gitterschnitt nach ISO 2409 den Status quo darstellt, ermöglicht er für den Außenbereich keine vergleich- und reproduzierbaren Ergebnisse. Dr. Guido Hora stellte das neue Stirnabzugsverfahren mit dem „Pull-Off Adhesion Tester” von DeFelsko, Ogdensburg, New York/US, vor - derzeit vorbereitet als prEN 927-8.
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Prof. Dr.-Ing. Volker Thole, Braunschweig/DE © Peters

Holz und Kunststoff kombinieren. Während 2 weitere Beiträge die Emissionen flüchtiger organischer Stoffe sowie den Stand der Olfaktometrie bei Holzwerkstoffen beschrieben, widmete sich der abschließende Vortrag den wood plastic composites. Thermoplastisch gebundene Holzwerkstoffe enthalten mindestens 2 Komponenten - neben dem Holz, das als Füllstoff oder Bewehrung fungiert, thermo- oder duroplastische Kunststoffe. Der Anteil bindender Komponenten schwankt je nach Hersteller zwischen 30 und 70%, so Prof. Dr.-Ing. Volker Thole. Im Vergleich zu anderen Verbundwerkstoffen zeigen die wasserabweisenden WPC ein geringes spezifisches Gewicht.
Die Nachfrage der 2-stufig hergestellten Werkstoffe sank in Österreich und in Deutschland seit 1996 von 60.000 t/J auf 32.000 t/J ab - statt duroplastisch gebundener Holzfaserformteile (und mangels technologischer Entwicklung) orderte die Automobilindustrie verstärkt Innenverkleidungen aus thermoplastisch gebundenen, langen Flachs- oder Hanffasern. Das Potenzial für 2010 bezifferte Thole auf 75.000 t/J in Europa und auf 300.000 t/J in den USA. Während dort Abdeckungen und Verkleidungen dominieren, sieht er hier einen künftigen Schwerpunkt in der technischen Entwicklung konstruktiver Bauteile.
WKI-Facts
Gegründet: 1946
Institutsleiter seit 1989: Prof. Dr. Rainer Marutzky
Etat: 7 Mio. €/J
60 Mitarbeiter
4500 m² Fläche für Büros, Labore und Holztechnikum
Entwicklung, Herstellung, Eigenschaften, Anwendung, Recycling und Umweltschutz von Holzwerkstoffen
Akkreditierte Prüfstelle für Materialprüfung und Qualitätsüberwachung