Laut dem Statistischen Bundesamt betrug allein in Deutschland das Palettenaufkommen im vergangenen Jahr rund 160 Mio. Stück. Ein Großteil davon landet als Einweg- und Sonderpalette für den Gütertransport bereits nach dem einmaligen Gebrauch im Abfallcontainer und wird zur thermischen Energiegewinnung verfeuert. Damit werden laufend riesige Mengen an Holz energetisch verwertet, welche, wenn es nach Lutz ginge, an anderen Stellen deutlich besser aufgehoben wären. Lutzs Lösung: eine Palette, die nicht nur Altholz einen zusätzlichen Lebenszyklus verschafft, sondern auch Kunststoffe länger im Kreislauf hält und somit wertvolle Rohstoffe und Ressourcen spart.
Ein bunter Materialmix
Altholz spielt in Lutzs Palette einen wesentlichen Faktor. Von Klasse A1 bis A3 können beinahe jegliche hölzernen Reststoffe gesammelt, zerkleinert und in den Paletten wiederverwendet werden.
„Neben Altholz können wir nahezu sämtliches zellulosehaltiges Material verwerten. Gleich, ob Stroh, Hanf oder Bambus. Unser Ziel ist es jedoch, den biogenen Stoffstrom so gering wie möglich zu halten und vor allem Kunststoffe und andere Reststoffe einzusetzen“, informiert Lutz im Gespräch mit dem Holzkurier. Der Unternehmer mit vielen Jahrzehnten Branchenerfahrung, spricht dabei eine Besonderheit seines Produktes an. Denn ein Großteil der in den Paletten verarbeiteten Rohstoffe ist nicht natürlichen Ursprungs, sondern besteht aus alten Getränkekartons oder sonstigen Kunststoffabfällen.
„Im Grunde genommen können wir jegliche Natur- oder Kunstfaser und fast alle Thermo- und Duroplaste in den Paletten verarbeiten. Je nach regional unterschiedlich verfügbaren Stoffströmen passen wir unsere Rezeptur entsprechend an“, erläutert Lutz.
Für die Recyclingpalette ist nicht die genaue Rohstoffzusammensetzung, sondern vielmehr der Produktionsprozess entscheidend. Die Altholzanteile können dabei beliebig groß oder klein sein. Laut Lutz wurden auch bereits Paletten produziert, die zu einem großen Teil aus zerkleinerten Getränkekartons bestehen. „Im Fall der Getränkekartons verbraucht unser Recyclingprozess deutlich weniger Energie als der herkömmliche Trennvorgang, nach welchem die Kartons gewaschen und das enthaltene Papier aufwendig vom Aluminium und den restlichen Kunststoffen getrennt wird. Für unsere Paletten müssen die Getränkekartons weder gereinigt noch in ihre Bestandteile zerlegt werden. Wir zerkleinern jene unsortiert im Ganzen und führen sie so dem Produktionsprozess zu“, berichtet Lutz. Durch die Heißluft im Prozess (zumindest 180 °C) spielen auch Bakterien, Gerüche und sonstige mikroskopische Störstoffe keine Rolle und die fertige Palette entspricht allen hygienischen Vorschriften.
Patentierter Herstellungsprozess
Am Beginn der Produktion steht die Zerkleinerung der Ausgangsmaterialien, welche im Anschluss trocken in eine Form eingeblasen und mit Klebstoff vermengt werden. Unter Druck und Temperatur werden die Partikel in weiterer Folge in Form gepresst und liefern als Ergebnis eine sofort einsatzbereite Recyclingpalette.
„Der Anteil des notwendigen Bindemittels hängt von der jeweiligen Zusammensetzung der Palette ab. Er bewegt sich jedoch zumeist unter den gewöhnlichen Werten anderer Holzwerkstoffe“, informiert Lutz.
Bezogen auf die Eigenschaften und Einsatzgebiete, ähnelt die Recyclingpalette der bereits am Markt etablierten Pressspanpalette renommierter Verpackungsproduzenten. „Auch preislich ist unser Produkt absolut konkurrenzfähig“, betont Lutz.
Eine intelligente Palette
Unterschiedliche Zusammensetzungen und Rezepturen bedeuten jedoch auch unterschiedliche Eigenschaften vor allem im Hinblick auf die Tragfähigkeit der Paletten. Um hier vor Überraschungen gefeit zu sein, ist jede einzelne Palette mit einem RFID-Chip ausgestattet. Dieser liefert Auskunft über alle relevanten Produktdetails. Zusammensetzung, Umlaufzyklen und Tragfähigkeit sind so für den Kunden einfach einsehbar und die Palette kann ohne Risiken eingesetzt werden.
„Verbrennen muss letzter Schritt sein“
Eine weitere Besonderheit der bereits beim Europäischen Patentamt eingereichten Palette: Sie lässt sich nach dem Einsatz wiederverwenden und auch erneut dem Produktionsprozess zuführen. „Erst nach mehrmaligen Recyclingzyklen ist das Material für einen weiteren Einsatz nicht mehr geeignet. Was bleibt, ist ein trockenes Kunststoff-Holz-Gemisch, das sich hervorragend als Brennmaterial eignet. Mit dem großen Unterschied, dass es zuvor deutlich länger im Kreislauf gehalten wurde und so wertvolle Primärressourcen einsparen konnte“, erklärt Lutz den ökologischen Nutzen seiner Produktentwicklung.
Franchise- und Lizenzmodell
Um im großen Stil einen Einfluss auf derzeitige Abfallströme nehmen zu können, möchte Lutz zukünftig seine Idee so vielen Palettenproduzenten wie möglich bereitstellen. „Nur gemeinsam können wir etwas bewegen. Eine Kombination aus einem Franchise- und Lizenzmodell macht hier also absolut Sinn und kann zum gegenseitigen Nutzen beitragen“, informiert Lutz.
Vor allem auch im logistischen Bereich soll auf bereits funktionierende und bestehende Infrastruktursysteme zurückgegriffen werden, welche die Paletten vom Produzenten zum Kunden und auch wieder zurückbringen sollen.
Im Herbst ist die erste große Fremdfinanzierungsrunde geplant. „Es laufen bereits einige Gespräche mit potenziellen Investoren. Wir sind jedoch ständig auf der Suche nach neuen Partnern für unser Projekt“, berichtet Lutz. Das so frisch generierte Kapital soll dabei vollständig in den Ausbau des bestehenden Technikums in Freudenstadt/DE fließen. Neben laufenden Prozessoptimierungen wird hier gemeinsam mit deutschen Universitäten und Forschungsinstituten vor allem an neuen Rezepturen und Zusammensetzungen der Palette geforscht.
„Wir probieren und testen hier den Einsatz unterschiedlichster Materialien, zuletzt auch beispielsweise Masken und anderen Abfalls, welcher in Krankenhäusern zuhauf anfällt. Hier wollen wir auch auf Experten aus dem Hygienebereich zurückgreifen und mit staatlichen Stellen zusammenarbeiten“, gibt Lutz einen Einblick in die Arbeit am Technikum.
Bereits im vergangenen Jahr konnten erfolgreich die ersten Paletten produziert werden. „In rund zwei Jahren werden wir für die erste serielle Fertigung bereit sein“, gibt sich Lutz zuversichtlich.