Carbonfasern sind ungefähr zehnmal dünner als menschliches Haar und bestehen aus reinem Kohlenstoff. Sie zeichnen sich durch ihre extrem hohe Widerstandsfähigkeit gegen Zugkräfte aus.
Zugleich weisen sie ein sehr geringes Gewicht auf. Zur Herstellung von Bauteilen werden mehrere Tausend Fasern gebündelt. Anschließend werden sie in Harz eingebettet. Als Rohstoff dienen klassischerweise Erdölprodukte.
Ein Substitut aus Holz
Das TLH hat sich die Carbonfaserherstellung aus Holz zur Aufgabe gemacht. Als Rohstoff dienen aus Cellulose oder Lignin gesponnene Fasern. Durch den Einsatz dieser Ausgangsstoffe soll der Erdölverbrauch verringert werden. Zusätzlich ergibt sich eine erhöhte Kaskadennutzung im Forstbereich und ein weiterer Produktzyklus für den Rohstoff Holz.
Besonders Lignin ist für die Carbonfaserherstellung interessant, weil es die Kohlenstoffausbeute erhöhen kann. Gegenwärtig werden etwa 90 % des Lignins, das als Nebenprodukt bei der Papierherstellung anfällt, verbrannt. Mit dem neuen Verfahren dient der Reststoff stattdessen einer höheren Wertschöpfung.
Gegenwärtig wird ein Recyclingkonzept für Carbonfasern gesucht und entwickelt. Je nach Recyclingverfahren wird die Faserlänge dabei auf wenige Mikro- bis Zentimeter verringert. Dadurch wird die Widerstandsfähigkeit gegen Zugkräfte reduziert. Im Anschluss ergeben sich Einsatzgebiete für neuartige Spritzgussverfahren oder als funktionales Füllmaterial. So werden weitere Produktzyklen für recycelte Carbonfaser immer stärker ausgebaut.
Weit vorangeschritten
Die Herstellung von Carbonfasern aus Cellulose ist bereits ausreichend erforscht. Vom Institut für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF), Denkendorf/DE, angemeldete Patente wurden durch das TLH erworben. Derzeit wird das Verfahren vom Labor- in den Pilotmaßstab und bis zur Industriereife weiterentwickelt.
Die Herausforderung im Rahmen des Prozesses liegt darin, die Ausgangsstoffe auf über 2000° C zu erhitzen, ohne dass die Faser zu Asche zerfällt. Stattdessen bilden sich zwischen den Kohlenstoffmolekülen Wabenstrukturen aus. Das Ziel ist die Produktion von mehreren Tonnen Carbonfasern pro Jahr in einem Dreischichtbetrieb.
Zukunftsträchtige Anwendungen
Anwendung finden Carbonfasern vor allem im Hochpreissegment. Als Beispiele dienen Rotorblätter in Windkraftanlagen, aber auch Golfschläger, Angelruten oder Skis. Große Mengen werden zudem in der Luft- und Raumfahrt verwendet. Der Airbus A350 besteht laut Herstellerangaben zu über 50 % aus Kohlefaserverbundwerkstoffen.
Bei der Carbonfaser auf Basis von Cellulose ergeben sich neue, nachhaltige Verkaufsargumente, wie die regionale Verfügbarkeit des nachwachsenden Rohstoffs und der geschlossene Kreislauf im Herstellungsprozess der Ausgangsfaser. Für den Rohstoff Lignin spricht vor allem der niedrige Preis und der hohe Kohlenstoffgehalt des Ausgangsmaterials. Dadurch lassen sich Herstellungskosten für Carbonfasern stark senken, wodurch viele neue Anwendungsmöglichkeiten erschlossen werden.