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Waltraud Winkler-Rieder

Starkholzforschung läuft an

Ein Artikel von Administrator | 05.03.2002 - 23:34
Die ersten Aufträge zur Starkholzforschung wurden von der Salzburger Arge Starkholz (Mitglieder: Holzcluster Salzburg, Waldbesitzerverband und Bundesforste, Wirtschaftskammer, 13 Starkholzsäger) schon vergeben. Für den Forstbereich klopft Zivilingenieur DI Josef Weißbacher, Wildschönau-Auffach/T, die Rahmendaten bis hin zur Beurteilung der Mobilisierbarkeit der Vorräte ab.
Für die Marktbeurteilung bis hin zu den Investitionen in die Produktion und die Erzeugung marktgängiger Produkte steht Jaakko Pöyry Consulting mit dem Büro in
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Waltraud Winkler-Rieder

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Franz Grill

Freising/München zur Verfügung. Bis September sollen die entsprechenden Grundlagen erarbeitet sein, dann geht es an erste Umsetzungen, sind Dr. Waltraud Winkler-Rieder, Holzclustermanagerin Salzburg, und FDir. DI Franz Grill, Landwirtschaftskammer Salzburg, optimistisch.
„Danach sind wir auch an einer Länder übergreifenden Zusammenarbeit interessiert”, signalisiert Winkler-Rieder, die sich vorerst aber noch abschotten will. Das wurde beim Starkholzseminar, organisiert vom HFA-Forum unter Patronanz des Fachverbandes der Holzindustrie und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern am 5. März in Salzburg, deutlich. Die 13 Salzburger Sägebetriebe sollen für den Weltmarkt kooperieren, ein Online-Kommunikationssystem eingerichtet werden.
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Hans Schaffer



Plädoyer für Fenstermarkt. Ein Plädoyer für die Bewerbung des Fenstermarktes hielt Komm.-Rat Johann Schaffer. Von 88 Mio. Fenstern in der EU werden jährlich ein Drittel in Holz, ein Drittel in Aluminium und ein Drittel in PVC erzeugt. Würde man nur 1% mehr in Holz produzieren, könnte man den Starkholzbedarf um 340.000 fm ab 45 cm Mittendurchmesser steigern. Der Markt wächst im längerjährigen Schnitt um 0,4% in Europa.
Doch alleine in Deutschland hat man in den vergangenen 5 Jahren 6,3 Mio. Fenstereinheiten aus Holz verloren. Das bedeutet 2,36 Mio. fm weniger Starkholzbedarf, so Schaffer. Der Marktanteil der Holzfenster sank von 50% noch vor 10 Jahren auf heute nur mehr 23%. Selbst im Absatzland Nummer 1, in Italien, ist der Stern der Holzfenster im Sinken, aber 63% Anteil sind einsame Europaspitze.

Forstleute verlieren 1 Mrd. €. Wie also kann man dem Produkt Holzfenster einen neuen Schub verleihen? Schaffer setzt auf ein durchdachtes Marketingkonzept, Länder übergreifend, also Schweiz und Deutschland inklusive. „Die Forstleute haben binnen Jahresfrist 15 €/fm verloren. Im Vergleich dazu wäre ein knapper Euro für die Werbung ein Pappenstiel”, so Schaffer.
Der Holzindustrielle rechnet mit einem Starkholzeinsatz von 1,5 Mio. fm in Österreich, 5 Mio. fm in Deutschland und 0,5 Mio. fm/J in der Schweiz. Der Verlust für 7 Mio. fm á 15 € überschreitet die 1 Mrd. €-Grenze. Einen Teil dieses Geldes hätte man schon längst in die Produktweiterentwicklung und die Werbung stecken können - etwa, um zu verhindern, dass der Gemeinderat in Wien die positive Grundeinstimmung pro Holzfenster verändert. Damit könnte ein Markt, der in seinen besten Zeiten 300.000 Fenstereinheiten pro Jahr abnimmt, vor die Hunde gehen.
„Mit tieferen Starkholzpreisen kommt weniger schwaches Holz,
weil der Bauer nicht in den Wald geht.”
Hans Schaffer
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Peter Schörghofer

Die Forschungslücke. Nach einer Analyse von seit 1996 abgewickelten 530 Projekten (70 pro Jahr, Volumen 18 Mio. €/J) via Forschungsförderungsfonds FFF ortet DI Peter Schörghofer eine Forschungslücke an der Schnittstelle zwischen Forst und Sägeindustrie, gerade dort, wo starkes Holz übergeben wird. Beispiele: Untersuchung der Tragkraft massiven Rundholzes (Stabkirchen in Skandinavien), Baumscheiben achteckig auftrennen und für Küchenarbeitsplatten verleimen, etc.

Streitpunkt Sortierung. Die Vorratsmengen an Starkholz wachsen behende weiter und werden sich bis 2016 nahezu verdoppeln, erläuterte DI Hans Grieshofer, Universität für Bodenkultur (sh. Kasten rechts). Die Analyse der Holzaufkommensprognose (Schieler/Sterba, ÖWI) zeigt im Schnitt eine Zunahme um 80%, ausgehend von knapp 400.000 fm an Blochen mit über 50 cm Mittendurchmesser pro Jahr derzeit. Der stärkste Schub kommt aus dem Bauernwald: +190%.
Besorgniserregend ist der Anteil der C-/C*-Qualität. Dieser könnte im schlimmsten Fall bei Sortierung nach ÖHHU bis zu 90% betragen, einer Auswertung der HFA zufolge aber auch bei nur 55% liegen. „Produzieren wir nicht für den Markt, sondern nur Spechtbäume?”, fragte denn auch der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Holzforschung ÖGH, Komm.-Rat WDir. Helmuth Neuner, Admont, bei der Eröffnung kritisch.
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Josef Spörk

Nischenprodukt Starkholz. „Nicht überall auf der Welt kann Starkholz erzeugt werden. Dazu braucht man gute Böden und entsprechendes Klima”, schärfte Univ.-Prof. DI Dr. Josef Spörk, Universität für Bodenkultur, Wien, die Sinne für ein Minderheitenprogramm - weltweit gesehen. Bei diesem zieht der Hüftschuss Umtriebszeitverkürzung nicht: Man müsste 40 Jahre lang die Nutzung verdoppeln, um den Umtrieb von 120 auf 80 Jahre zu verringern. Eine Starkholzschwemme ohne Ende wäre die unausbleibliche Folge. Zudem liege Untersuchungen von Univ.-Prof. DI Dr. Hans Jöbstl, Universität für Bodenkultur, Wien, zufolge die Umtriebszeit unabhängig von den üblichen Preisschwankungen bei 100 bis 120 Jahre. Der Volumszuwachs schlägt auf die Erlöse stärker durch als Preisdiferenzen.
Starkholz-Facts
Vorrat aktuell: 20 Mio. fm Stämme mit über 50 cm Brusthöhendurchmesser
Ausbeute: 23% StarkblocheNutzungszunahme bis 2016: Fi/Ta +26%, Sortimente 50 cm aufwärts +80% (Kleinwald: +190%), von knapp 400.000 fm/J ausgehend
C-/C*-Anteil: Stärkeklasse 4ab unter 50%, 5+ zwischen 55 (40) und 90% bei Sortierung nach ÖHHU

Die multifunktionalen Ansprüche an den Wald - Erholungsraum, Schutzfunktion, Quellschutz, etc. - erlaubten keine Abweichung von der Produktion stärkeren Holzes. Da redet der Waldbauprofessor der „Zielwertnutzung” als weiterentwickelte Zielstärkennutzung Reiningers das Wort. Nur so könne man dem Stück-Masse-Gesetz bei den Holzerntekosten mit Qualitätsholz begegnen. Je mehr und je kleinere Stücke für das Erreichen eines Festmeters bewegt werden müssen, umso weniger Geld bleibt den Waldbesitzern übrig.
Achtet man noch dazu auf die Qualität, dann habe man mit der Produktion von 50 cm in Brusthöhe messender Stämme schon wirtschaftlich gewonnen. Da fallen auch noch keine der leidigen über 50 cm starken Bloche an, die haben erst ab 60 cm BHD einen Anteil von 23% bei einem Fichtenstamm.
„Eine Umtriebszeitverkürzung auf 80 Jahre bedeutet einen Erlöseinbruch.”
Josef Spörk
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Alfred Teischinger

Holzwerkstoffe kontra Massivholz. Einen Kampf zwischen Massivholz und Holzwerkstoffen sieht Univ.-Prof. DI Dr. Alfred Teischinger, Institut für Holzforschung, Universität für Bodenkultur, Wien, toben. Da treten immer mehr stabförmige Produkte, etwa Träger mit MDF-Stegen, LVL, CVL, etc. neben extrudierbaren, mit Kunststoffen vermischten Holzwerkstoffen auf den Plan. Bei den Böden etwa haben zwar die Laminate dem PVC und dem Teppichboden Marktanteile abgerungen, massives Parkett konnte vom Holzbodenboom jedoch nur bescheiden profitieren.
„Wir müssen viele Qualitätssteinchen optimieren zu einem Ganzen.”
Alfred Teischinger
Selbst die Faserlänge, entscheidend für die Hackgutqualität in der Papierindustrie, wird nicht belohnt, die Fraktionierung hingegen schon. Da könnte etwa starkes Holz punkten: In den Außenzonen der Stämme sind die Fasern besonders lang und damit ideal für die Beimischung zum die Fasern immer mehr verkürzenden Altpapier.
„Die Kunst des Filetierens ist noch nicht ausgereift genug.”
Alfred Teischinger
Filetieren will gelernt sein. Wie der Fleischermeister jedes Stück Vieh gekonnt ausschlachtet, so sollten auch die Hölzernen ihren Rohstoff filetieren. „Setzt die Optimierung zu spät an?”, hinterfragt Teischinger kritisch. Er erklärt vereinfacht 3 Haupteigenschaften des starken Holzes:

- die Biegefestigkeit nimmt mit der Stärke ab

- beim E-Modul punktet starkes Holz gegenüber schwächerem

- die Schubfestigkeit verläuft entgegengesetzt zur Biegefestigkeit - wieder ein Argument für starkes Holz.
„Die Lamellen sollten auch auf Schubfestigkeit sortiert und erst dann in die Träger eingesetzt werden”, plädiert Teischinger für eine Erweiterung der Normen. Dabei müssten Bretter aus den Außenteilen des Stammes außen, die aus dem Innenteil innen liegen. Der unbedarfte Zuhörer könnte sich da fragen: Wozu zerschneiden wir dann den Stamm, um ihn nachher wieder mühsam der Natur entsprechend zusammenzusetzen?

Mit Holz gegen Krebs. Ein besonderes Schmankerl hat Teischinger aus Finnland mitgebracht. Dort kam man drauf, dass sich rund um die Astansätze Lignane, Flavonide und Stilbene ansammeln. Diese sind als Phytopharmaka Ausgangsstoffe für Heilmittel in der Krebstherapie und für „functional food”.
Doch bis jetzt wandern viele Tonnen ausgekappter Äste einfach in die Verbrennungsanlagen der Industrie. Ein Schatz, den gerade starke Hölzer im Überfluss bereit halten.