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Lars Nick, Groß-Umstadt/D © Peters

Ganzheitlicher Ansatz

Ein Artikel von Administrator | 10.07.2002 - 00:00
Werden forstliche Maschinen künftig schweben, fliegen, schreiten - oder wie bisher auf Rädern rollen? Veranstaltet vom Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik KWF, Groß-Umstadt/D, diskutierten am 4. Juli im Rahmen der Interforst 5 Experten mit 80 Teilnehmern Gegenwart und Zukunft der Forsttechnik.
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Lars Nick, Groß-Umstadt/D © Peters

Spärliche Regiemaschinen. Lars Nick vom KWF stellte Ergebnisse einer Erhebung bei den Landesforstverwaltungen vor: Demnach ist die Anzahl der Regiemaschinen gering - 35 Tragschlepper seien es bundesweit. Im Mittel leisteten diese jeweils 1700 MAS/J oder rund 14000 fm/J, die untersuchten Harvester brachten es auf 1865 MAS/J oder 20260 fm/J.
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Dipl.-Ing. Wolfgang Zahn, Waiblingen/D © Peters

Dynamisches Wachstum. Dipl.-Ing. Wolfgang Zahn, Vorstand Forschung und Entwicklung bei Stihl, Waiblingen/D, beschrieb ein eindrucksvolles Wachstum: Lag das Weltmarktvolumen für benzingetriebene Motorsägen 1991 noch bei 3 Mio. Einheiten, stieg es 2001 auf 4,9 Mio. - eine Steigerung von 60%.
Zu den teilweise schon in Serie gefertigten, technologischen Entwicklungen in Bezug auf den Bedienkomfort zählte Zahn den werkzeuglosen Tankverschluss, die Kettenschnellspannung sowie die automatische Zündzeitpunktverstellung. Diese vermeide auch das Rückschlagen der Säge während des Startens.
Bei den Sicherheitselementen nannte er Quickstop-Bremse, Membrantankbelüftung sowie reduzierte Schwingung. Durch katalytische Reinigung um bis zu 80% reduziert seien bereits die Abgaswerte entsprechend den US-amerikanischen Vorschriften. Nächste Aufgaben: Reduktion des Gewichtes und Verbesserung des Leistungsgewichtes.
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Ralf Dreeke, Uffenheim/D © Peters

Größere Rückezüge? Als bestimmend für die technologische Entwicklung nannte Ralf Dreeke, Geschäftsführer von Wahlers Forsttechnik, Uffenheim/D: Kundenwunsch, technische Innovationen sowie wirtschaftliche Anforderungen. Letztere führen zu deutlich größeren Rückezügen: in Deutschland sieht er einen Trend zur 12-, in Skandinavien bereits zur 18-Tonnen-Klasse. Für Ingenieure bedeute das Hydrauliksystem forstlicher Maschinen angesichts „wenig Öl” und „hoher Durchflussgeschwindigkeit” eine „Katastrophe". Trotzdem gelte es, Leistungsverluste zu minimieren. Daneben halte die Elektronik Einzug und soll künftig alle Maschinenfunktionen steuern. Als „elektronische Vorsteuerung” werde sie gerade auch zu gleichmäßigen Motor-Drehzahlen führen.
Angesichts bis zu 1800 MAS oder 10 bis 12 Stunden täglich („komplizierter als beim Piloten”) dienen verbesserte Bedienelemente, Kabinenklima und -lagerung sowie Schutz gegen Lärm (innen und außen) neben der Ergonomie des Fahrers auch dem Image der Holzernte. Während der Harvester bisher lediglich als „größere Motorsäge” benutzt wurde, soll er vermehrt auch Aufgaben der Kommunikation übernehmen.
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Dr. Arne Bergmann, Tampere/FIN © Peters

Visionäres Denken. Dr. Arne Bergmann scheut als Marketingleiter für Europa und Afrika bei Timberjack, Tampere/FIN, vor „wilden Visionen” nicht zurück, sprach sich aber bei den Konzepten der Zukunft für eine ganzheitliche Betrachtung der Holzerntekette aus.
Waren frühe Entwicklungsphasen der Maschinen gekennzeichnet durch „iron power”, so setzt er jetzt auf „brain power” sowie hier auf die Weiterentwicklung der Schnittstellen:
Zwischen Mensch und Maschine - mit den Themen Sicherheit, Ergonomie, Diagnostik sowie selbstlernende Systeme besetzt - könnten Überkopf-Displays Informationen direkt auf die Windschutzscheibe projizieren und intuitive Steuerungen des Krans sowie „voice control” die Kommunikation mit der Maschine erleichtern.
Zwischen Maschine und Baum wünscht sich Bergmann berührungsfreie Messtechnik, Anbindung des Bordcomputers an die Inventurdaten, die Ermittlung von Stammform und -qualität, verbesserte Entastung und Entrindung sowie eine Identifikationstechnolgie für zertifiziertes Holz. Zwar flogen, schwebten und schreiteten seine von Plus Tech, Tampere/FIN, erstellten Maschinen-Visionen, auch künftig werde sich eine Holzerntemaschine aus Rahmen, Ausleger, Rädern sowie Schnittechnologie zusammensetzen: „Das Rad besitzt ein hohes Entwicklungspotenzial”.
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Karsten Poltzin, Schwerin/D © Peters

Realistische Entwicklung. Die Diskussion, moderiert von Karsten Poltzin, Referatsleiter Waldarbeit im Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten MELF, Schwerin/D, ernüchterte manch technisch Begeisterten: Während Stimmen aus dem Publikum aktuelle Maschinen als zu teuer befanden, gab das Podium weder Viertakt- und batteriebetriebener Elektromotorsäge noch den technisch-sprachlichen Neuschöpfungen Harwarder und Forvester momentan große Chancen auf dem Markt.
Realistischer sei es, Technologie für den naturnahen Waldbau - wie Laubholz-Ernte oder die Option auf mehere Sortimente - anzubieten. Besseren Durchblick will Bergmann hier direkt oder indirekt per Xenon-Licht sowie - visionär - per Ultraschall oder die automatische Zuführung des Aggregates an den Stamm erreichen.
Auf ein einheitliches Datenformat angesprochen, befanden einige Stimmen die kurz zuvor präsentierte Schnittstelle ELDAT für „gut”, wollen sie aber mit den deutschen Sortimentsbezeichnungen harmonisiert wissen. Kostengünstiger wäre es gewesen, StanforD weiterzuentwickeln - dieser offene, europäische Datenstandard für Kurzholz werde bei Timberjack bereits seit 1985 eingesetzt.
Darüber hinaus forderten Experten und Auditorium den Ausbildungsberuf des Harvesterfahrers für Deutschland - auch dieser sei bereits Standard in skandinavischen Ländern.