Grünwaldalm auf 1600 m mit Pragser Dolomiten; Ofö. Stefan Obersteiner, Dr. Norbert Deutsch und Dr. Günther Pörnbacher (v. li.) © Kurt Gadenz
Südtirols Forstvereinspräsident Dr. Josef Schmiedhofer führte am 3. und 4. Juli bei herrlichem Wanderwetter 150 Mitglieder in die atemberaubende und geschichtsträchtige Landschaft um den Pragser Wildsee. Vor allem an den Nord- und Osthängen reifen Fichten mit einem beachtlichen Anteil an Klangholzqualitäten in feinjähriger Struktur bis in einen Altersbereich über 200 Jahren. Diese Bestände stehen in einer Reihe mit den Karersee-Provenienzen am Westrand des Rosengartens und des Latemars, die schon im alten Kaiserreich Österreich-Ungarn als Inbegriff höchster Spitzenqualität geschätzt waren.
Heute stehen diese Bestände unter besonderem Schutz, der vor allem der Sicherung einer gleichwertigen Naturverjüngung dient. Oberförster Stefan Obersteiner, verantwortlich für die Reviere um Prags, arbeitet mit 650 Privatwaldbesitzern mit je 10 ha Wald und einem Hiebsatz von 1000 fm zusammen. Diese Reviere haben wenig steile Lagen und sind mit 300 lfm/ha gut erschlossen. Man beschränkte sich auf eine Breite von 2,5 m, die als Lkw-tauglich bezeichnet wird. Die Bestände stocken durchwegs auf kompaktem Dolomit. Die Sorge gilt einer Stabilisierung des Rehwildbestandes und der Rotwildstärke von 2,5 Stück/pro 100 ha. Gamswild wurde durch die Räude dezimiert, von 238 erlegten Stück in früheren Jahren auf heute 25 Stück pro Jahr. Das Steinwild wurde durch die Räude zur Gänze ausgerottet.
Dr. Günther Pörnbacher begrüßt das wieder wachsende Interesse der Bauern an der Almwirtschaft und der Säuberung eines Teils jener Flächen, die in den vergangenen Jahrzehnten mit Latschen und Fichten zugewachsen sind. Vorwiegend werden die Almen mit Jungvieh bestoßen, da die hochentwickelten Milchkühe für den Almbetrieb nicht geeignet sind.
In 2000 m Seehöhe, auf der Plätzwiese, einem weitläufigem Almgebiet, das teilweise auch gemäht wird, liegt die Baumgrenze bei ungefähr 2200 m. Erfreulich ist die natürliche Verjüngung von Zirbe, Lärche und Fichte in allen Altersstufen. Dort hat der 1. Weltkrieg seine Spuren hinterlassen: Als Italien 1915 in den Krieg eintrat, räumte die österreichische Heeresführung, die dort vorerst nur über Tiroler Schützenkompanien verfügte, das schwer zu verteidigende Becken von Cortina d’Ampezzo. Man zog die Verteidigungslinie auf Schluderbach im Tale und auf die umliegenden Berge zurück, die bis Kriegsende hielt. Ruinen von Festungsbauten und Stellungen sind heute noch Zeugen dieser geschichtlichen Ereignisse - heute wie damals überstrahlt vom Gebirgsmassiv des Monte Cristallo, einem der „Hausberge” von Cortina.
Ein anderes Zeichen der Zeitgeschichte schilderte Hans Günther Riccardi den Teilnehmern. Der Historiker erinnerte an die Zeit von Ende April/Anfang Mai 1945 als Einheiten der deutschen Wehrmacht eine große Gruppe prominenter KZ-Internierter aus ganz Europa (unter anderem die Familie des österreichischen Bundeskanzlers der Vorkriegszeit Dr. Kurt Schuschnigg) unter Schutz stellte, die von einem SS-Kommando als Geiseln in die „Alpenfestung” verschleppt worden waren. Die Wehrmacht brachte die Gruppe in das Hotel Pragser Wildsee in Sicherheit und übergab sie den amerikanischen Truppen. Das Hotel wurde 1910 im alten Österreich erbaut und war Ziel der Lehrfahrt des Südtiroler Forstvereins 2009 für Festabend und Nächtigung.