Mag. Willibald Schicho, Leiter Marktbereich Holz/Agrar der RCA AG und Geschäftsführer Spedition ProRail , und Martin Brandstätter, Prokurist von ProRail (v.re.). © DI Antonio Fuljetic
Schicho: Die größte Änderung ist der Wechsel des Geschäftsmodelles der Trenitalia. Mit Jahresbeginn hat der jahrzehntelange Partner gds die Kundenabkommen – den Verbandtarif und den sogenannten RIV-Vertrag – über die gemeinsame Wagenverwendung gekündigt. Damit kommt es zu einer getrennten Bepreisung der Traktion und Wagenkosten. Der Grund war, dass oftmals die Mieten im Italientransport größer waren als der Erlös aus der Frachtbeförderung. Deshalb verlangt Trenitalia für die jeweiligen Destinationen gewisse kostenlose Maximallaufzeiten.
Brandstätter: Zum Beispiel bezahlt Trenitalia für Transporte in die Campania bis zum 15. und nach Sizilien bis zum 23. Tag keine Wagenmieten mehr. Die Kosten für diesen Zeitraum bleiben jedoch. Deshalb sind die Preise für die Italientransporte mit der Trenitalia zwischen 10 und 30% gestiegen. Mit Anfang Juni wurden diese zur Gänze eingeführt.
HK: Gibt es einen „Plan B“ für den Italientransport?
Schicho: Wir haben für einen marktschonenden Übergang ein Plattform-Konzept entwickelt. Die RCA hat sich mit 50% am neu gegründeten Eisenbahn-Verkehrsunternehmen Linea mit Standort in Navara beteiligt. Das Konzept sieht die Bündelung der Holzprodukte in Villach und die Anfahrt von sieben Zielen in Italien vor – und dies mit Ganzzügen.
Brandstätter: Im Detail sind dies: San Stino, Sacile, Emilia romagna, Lugo Terminal, Maddaloni, Pescara und Gioia Tauro/Lamezia.
HK: Das sind wesentlich weniger Stationen als bei der Trenitalia …
Schicho: Mit diesen sieben modernen Plattformen werden 90% der gefragten Verkehre abgewickelt. Im Umkreis von 200km bieten wir einen eigenen Lkw-Lieferservice – separat und garantiert. Es besteht auch weiterhin die Möglichkeit, die Ware selber abzuholen.
HK: Ist ein kombinierter Verkehr mit der Linea und der Trenitalia möglich?
Schicho: Wir arbeiten zwar an vielen gemeinschaftlichen Projekten, doch bei diesem Ganzzug-Konzept ist eine Kooperation mit der Trenitalia nur bedingt möglich.
HK: Wie oft werden die Plattformen angefahren?
Brandstätter: Die Plattformen werden je nach Frachtaufkommen mit unterschiedlichen Frequenzen angefahren: zum Beispiel wird Pescara einmal pro Woche, San Stino täglich.
HK: Sie sagten, die Trenitalia habe die Preise deutlich erhöht. Wie sieht Ihre Preisentwicklung aus?
Schicho: Unsere Preise sind in Gegensatz zur Trenitalia grundsätzlich gleich geblieben. Eine große Herausforderung wird künftig das Cross-Selling sein – sprich die Auslastung der Rückfahrten aus Italien. Ansonsten müssten Preisanpassungen vollzogen werden.
HK: Wie wird das neue Angebot von der Holzindustrie angenommen?
Brandstätter: Es gilt, noch sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Zu Jahresanfang war die Nachfrage bescheiden, jedoch mit den Preiserhöhungen der Trenitalia sind wir zurzeit praktisch ausgebucht.
HK: Wie beurteilen Sie den Rohwaren-Transport?
Schicho: Der Rohstoff-Hunger ist unübersehbar. Beim Rundholz verzeichnen wir verstärkte Transporte aus Tschechien, Slowakei, der Schweiz und Slowenien. Rückläufig sind die Lieferungen aus Deutschland und innerhalb Österreichs. Prinzipiell sind Lieferungen aus ganz Europa von Interesse, was man etwa von der Ukraine und Polen verspürt.
Brandstätter: In der Ukraine könnte sich nach dem pro-russischen Regierungswechsel jedoch die Einfuhr wieder begrenzen. Ein wichtiger Rundholz-Lieferant ist auch Rumänien, der mit Ganzzügen über Ungarn exportiertbeliefert.
Schicho: Auch die Papierindustrie hat ihre Hackgut-Importe deutlich gesteigert.