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Säge- und Hobelspäne aus dem Sägewerk kommen per Lkw in das 5?km entfernte MDF-Werk, wo die Entleerung gerade mal eine Minute dauert © DI Johannes Plackner

Two-by-four aus Käferholz

Ein Artikel von DI Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 21.05.2012 - 08:41
Eine knappe Flugstunde nördlich von Vancouver befindet sich eine der größten Schnittholzstädte der Welt: Quesnel mit fünf Sägewerken, zwei Zellstoffwerken und mehreren Holzwerkstoff-Produktionen. Der Holzkurier wurde eingeladen, das dortige Sägewerk von West Fraser, Vancouver, zu besuchen. Mit einem Jahreseinschnitt von 1,6 Mio. fm ist es das leistungsfähigste Sägewerk des weltgrößten Schnittholzproduzenten. Drei Säge- und zwei Hobellinien verwandeln Fichte, Tanne und Kiefer in 2x4, 2x6 oder 2x10 Zoll starke Ware. Die Technik ist allerdings grundlegend anders, als man es von Mitteleuropa gewohnt ist.

Mit dem Learjet ins Sägewerk

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Nach der 3D-Vermessung werden die Bloche optimal eingedreht - im Bild die baugleichen Sägelinien für schwache (li.) und mittelstarke Bloche (re.) © DI Johannes Plackner

Montag, 6:45 Uhr, Flughafen Vancouver: Hank Ketcham begrüßt den Holzkurier zu einer einmaligen Berichterstattung. Der Vorstandsvorsitzende (CEO) von West Fraser gewährt Einblick in sein modernstes Sägewerk. Dazu müssen allerdings die Rocky Mountains überwunden werden. Das börsenotierte Unternehmen verfügt über einen eigenen Learjet, um die großen Distanzen zwischen den 37 Standorten (23 in Kanada, 14 in den USA) zu überwinden.
Noch während die Maschine abhebt, erklärt Ketcham die Tagesplanung. Einer Sägewerksführung folgt eine Tour durch das MDF-Werk, ergänzt von einem Besuch in der Sperrholzproduktion. Ein Zellstoffwerk komplettiert das West Fraser-Quartett in Quesnel.
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Der 50?t schwere Caterpillar 988H hat mit den trockenen Kieferblochen leichtes Spiel - im Vergleich zum Lkw-Führerhaus wird deutlich, welche schweren Maschinen zum Einsatz kommen © DI Johannes Plackner

Alles ein bisschen größer

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Das Rundholz wird in drei Stärkeklassen eingeteilt und ist hier am Weg zu den Sägelinien © DI Johannes Plackner

Das Sägewerk wurde vor sechs Jahren errichtet. Damals war bereits klar, dass große Mengen an Käferholz verarbeitet werden würden. Es wäre schon komplex genug, wenn man die trockenen Bloche zu Beginn aussortieren und extra schneiden würde. Nicht so in Kanada. Die achtachsigen Rundholz-Lkw, welche im Minutentakt eintreffen, sind mit Blochen unterschiedlicher Holzart und Dimensionen beladen. Die Abrechnung geschieht einzig über das Gewicht, welches mit einem Koeffizienten multipliziert wird, der je nach Wuchsgebiet anders ist. 8 bis 60 Fuß (2,4 bis 18,3 m) sind die Bloche lang. Der Holzartenmix setzt sich aus 60 % Kiefer, 25 % Fichte, 10 % Tanne und 5 % Douglasie zusammen. Die verarbeitbaren Durchmesser bewegen sich zwischen 4 und 25 Zoll (10 bis 64 cm). Die Media liegt bei 19 cm.
Ein Teil des Holzes wird vom Lkw auf mächtige Rundholzlager verfrachtet. Bei der Werksführung wurde das Holz aber direkt aufgegeben (s. Bild li. unten). Sechs Aufgabeplätze führen zu vier VK-Rotorentrindern. Deren Arbeit ist heikel, da knochentrockene Kiefernbloche und gesunde Bloche wild durcheinander ankommen. Das Rundholz wird nach der Entrindung einzig aufgrund des Durchmessers auf drei Ströme aufgeteilt: schwach, mittel und stark. Eine Vorsortierung in Boxen findet nicht statt. Das braucht eine flexible Sägelinie. West Fraser in Quesnel hat gleich drei davon. Es handelt sich dabei um eine Spaner-Bandsägenkombination mit einer Nachschnittkreissäge und Besäumern für die Seitenware. Zunächst wird jedes Bloch dreidimensional vermessen und optimiert eingedreht. Dann folgt ein Vierseitenspaner, der zuerst unten, dann seitlich und zum Schluss oben das Bloch annähernd zu einem Kantholz zerspant. Innerhalb des Aggregats wird das Holz dabei mit angetriebenen Stachelrädern kontrolliert.
Unmittelbar danach folgen zwei Vertikalbandsägen, welche die Seitenbretter abtrennen. Das übrige Kantholz läuft weiter und wird mit horizontal schneidenden Doppelwellen-Kreissägen aufgetrennt. Die Optimiersoftware hat dabei keine allzu schwere Aufgabe. Sie kann lediglich aus drei Schnittholzdimensionen wählen: 2x4 (rund 60 % der Produktionsmenge), 2x6 (25 %) und 2x10 (15 %). Die drei Sägelinien sind grundsätzlich baugleich. Bei Starkholz besteht aber die Möglichkeit, bis zu drei Seitenbretter anzufertigen. Dazu wird von den Seitenwaren-Bandsägen ein stärkeres Stück herabgetrennt. Dieses geht zu einer Auftrennsäge mit zwei horizontal laufenden Bandsägeblättern. Sämtliche Seitenware wird von der Sortierung noch einer von zwei Besäumerlinien zugeführt.

Auf zu zweimal 70 Abwurfboxen

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Zerspante und von Seitenbrettern befreite Kanthölzer werden von horizontal schneidenden Doppelwellen-Kreissägen zwei Zoll stark aufgetrennt © DI Johannes Plackner

Auf zwei Sortierlinien wird die Ware gesichtet. Zwei Mann je Linie beurteilen die Qualität. Ein Scanner begutachtet abermals die Form. Dank relativ lockerer Waldkantennormen gehen dabei Stücke durch, die man in Europa wohl dem Hacker überlassen würde. Kurz vor den 70 Abwurfboxen je Linie wird die Feuchte jedes Brettes gescannt und die Bretter werden entsprechend rot, blau oder gar nicht markiert. Das gibt später die erforderliche Trockenzeit vor. Käferholz braucht nur acht bis neun Stunden im Tunneltrockner.
Abschließend werden die Boxen entleert und für die Trockenkammern vorbereitet. Aufgrund von Hygienevorschriften muss sämtliche Ware hitzebehandelt werden. 63 % von West Frasers Schnittholz landet in den USA.

Zwei Hobellinien mit 600 m/min

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Da Rundholz nicht vorsortiert wird, kommt ein wilder Qualitätsmix aus der Hobellinie © DI Johannes Plackner

Bauholz wird in Nordamerika ausschließlich gehobelt verwendet. Auch in Quesnel kommt die gesamte Ware nach der Trocknung ins Hobelwerk. Dort sind zwei Mitarbeiter zunächst damit beschäftigt, jene Bretter, die während der Trocknung aufgerissen sind, auszusortieren. Nirgends wird deutlicher, welche schlechte Qualität mehrere Jahre totes Käferholz hat. Das scheint aber den Produktionsablauf nicht weiter zu stören. Beim Werksbesuch liefen die beiden Gilbert-Hobellinien mit über 600 m/min – eine verarbeitete 2x4, die andere 2x10. Dabei emittieren die Anlagen aufgrund der hohen Frequenz ein Geräusch, das eher an einen quietschenden Keilriemen erinnert als an eine Hobelanlage. Die Leistungsfähigkeit steht aber außer Frage.
Auf zwei Sortierlinien wird die Ware beurteilt. Hier kommt zum ersten Mal Qualität ins Spiel. Ein Scanner untersucht Farbe, Dichte und Faserverlauf. Die entsprechende Güteklasse wird per Farbfleck am Holz vermerkt. Das wird kurz danach manuell überprüft. Zum Schluss wird die Ware gekappt, sortiert, gestapelt, verpackt und ab geht es in den globalisierten Schnittholzmarkt.
Neben den USA hat West Fraser China als Markt erschlossen. Knapp 35 % des Schnittholzes wurden im Vorjahr nach Asien exportiert. Das ist gerade für einen Käferholzverarbeiter wichtig, da chinesische Käufer auch mit minderer Ware zufrieden sind. Hauptsache, es ist billig. Die Schnittholzpakete werden auf Lastwagen oder Waggons verladen.
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Die gehobelte Ware wird abschließend von einem Mitarbeiter kontrolliert und wird dann fast ausschließlich in die USA oder nach China verkauft © DI Johannes Plackner

Typisches Sägewerk

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Seitenware wird volumenoptimiert durch den USNR-Besäumer geschickt © DI Johannes Plackner

Die in Quesnel eingesetzte Technologie ist typisch für ein nordamerikanisches Großsägewerk. Die Sägelinie lieferte Optimil, Delta/CA. USNR, Woodland/US, stellte die Besäumer und Trimmer. Für die Optimierung der Frischware ist Equipment von Porter Engineering, Richmond/CA, verantwortlich. Das Schnittholz wird mit einem Scanner von USNR klassifiziert.
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Wertschöpfung aus minderwertigem Rohstoff: Die Effizienz, mit der West Fraser Käferholz verarbeitet, ist bemerkenswert © DI Johannes Plackner

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Säge- und Hobelspäne aus dem Sägewerk kommen per Lkw in das 5?km entfernte MDF-Werk, wo die Entleerung gerade mal eine Minute dauert © DI Johannes Plackner

West Fraser – Facts

Gegründet: 1955
Geschäftsführer: Hank H. Ketcham (CEO)
Werke Kanada: elf Nadelholzsägewerke, zwei MDF-Werke, vier Zellstoff-/Papierfabriken, drei Sperrholzproduktionen, zwei Furnierschichtholz-Produktionen
Werke USA: 14 Laubholzsägewerke
Produktion 2011: 8,7 Mio. m³ Nadelschnittholz (Fichte, Kiefer, Tanne), 4,7 Mio. m³ Laubschnittholz, 730.000 m³ Sperrholz, 531.000 m³ MDF, 90.600 m³ Furnierschichtholz, 590 Mio. t gebleichter Nadelholz-Kraftzellstoff (NBSK), 640 Mio. t gebleichter Holzstoff (BCTMP), 135 Mio. t Zeitungspapier