2017 übernahm Mercer das Sägewerk Klausner Holz Thüringen in Friesau/DE. Bisher vermutete man: Das Sägewerk wurde gekauft, um die Versorgung der Mercer-Tochter Zellstoff Rosenthal in Blankenstein/DE zu verbessern. Nossol erläutert aber: „Die Synergie von Blankenstein und Friesau ist für unsere Strategie von untergeordneter Bedeutung. Wir wollen ein funktionierendes Massivholz-Business aufbauen. Da können wir nicht bei einem Sägewerk stehen bleiben.“
Selber bauen, wenn keines passt
„Wenn wir kein bestehendes Sägewerk kaufen können, bauen wir eines“, lautet eine Prämisse von Nossol. Die renommierten Sägewerksausrüster wurden bereits mit verschiedenen Neubaugrößen konfrontiert. Es müsse nicht zwangsweise ein Millionen-Einschnitt sein, erfährt man aus diesen Kreisen.
Im Interview lässt er anklingen, dass derzeit kein deutsches Sägewerk zum Verkauf stehe, wo Kosten und Nutzen zusammenpassen würden. Im Bieterverfahren um Klenk Holz war Mercer bis zum Schluss dabei.
Entscheidung noch heuer
Beim Zukauf oder Neubau würde Nossol den Standort Deutschland bevorzugen. Kommt ein Neubau, wäre wohl ein Standort in der Nähe von Stendal ideal (s. Grafik). „Wir sind aber noch nicht sicher, ob Sachsen-Anhalt die Rohstoffversorgung nachhaltig sicherstellen kann.“ Mit einer Standortentscheidung des zuständigen Mercer-Gremiums rechnet er 2018 – „noch ist nichts entschieden“.
„Der Standort wird so gewählt, dass wir unseren Logistikvorteil ausspielen können“, erläutert Nossol. Logistisch zu bewältigen hat man bereits eine Menge: 2017 lag der Rohstoffbedarf in Deutschland für die beiden Zellstoffproduktionen sowie das Sägewerk in Friesau bei 6 Mio. fm. Samt weitergehandelten Mengen summiert sich das Einkaufsvolumen auf 6,7 Mio. fm/J. Das sind 9% des deutschen Einschlags.
Zehn Millionen Argumente
Kommen weitere Sägewerke hinzu, wären bis zu 10 Mio. fm/J für Mercer nötig. Ein Argument, Rundholz an Mercer zu verkaufen, sei für Waldbesitzer laut Nossol schon heute: „Wir kaufen alles – vom Industrie- bis zum Sägerundholz. Wir haben vor 24 Jahren bei null begonnen und sind seither kontinuierlich auf diese Größe gewachsen“, erklärt Nossol stolz. „Alle Stakeholder haben in dieser Zeit gesehen: Mercer engagiert sich, bis es profitabel ist. Diese bewiesene Standfestigkeit ist für unsere derzeitige Wachstumsphase ein Riesenvorteil.“
Sägewerks-Cashflow auf Zellstoffniveau?
Die Bilanzzahlen nach einem Jahr als Sägewerksbetreiber dürften ebenfalls zum Wunsch nach mehr beigetragen haben (s. Kasten). „Die Ertragslage in Friesau ist gut, aber nicht auf dem Niveau unserer deutschen Zellstoffwerke“, so Nossol. Allerdings hält er aber auch im Sägewerksbereich deutliche Steigerungen für machbar, „wenn sich die über viele Jahre unterinvestierte Sägewerksbranche modernisiert“.
Enormer technischer Nachholbedarf
In Friesau lernte Mercer, wie sehr das Thema Personalmangel auch die Sägeindustrie trifft. Nossol: „Wir brauchen einen höheren Automatisierungsgrad – nicht wegen der Kostensenkung, sondern allein deshalb, weil es einfach nicht genug Arbeitskräfte gibt.“
Das jüngste Sägewerk wurde in Deutschland 2009 von der Rettenmeier Holding in Ramstein errichtet. Dass so lange kein weiteres hinzukam und der Erbauer mittlerweile alle Werke in Europa verkauft hat, hat wohl zwei Gründe:
- Erstens die Ertragslage der vergangenen zehn Jahre: Der Holzkurier erhob zum Beispiel, dass die zehn größten deutschen Unternehmen von 2007 bis 2012 fast 510 Mio. € Verluste schrieben.
- Zweitens wurde seither postuliert, dass die technische Einschnittskapazität sowohl den Nadelschnittholz-Bedarf als auch das Rundholzangebot im zweistelligen Prozentbereich übersteige.
Nie mehr Volllast möglich
Aus Nossols Sicht ist die in Deutschland installierte Einschnittskapazität eine rein theoretische Größe. „Sie wird nie mehr erreicht werden, weil man dafür nicht das Personal bekommt. Daher sehe ich noch Platz für weitere Sägewerke, die den Rohstoff deutlich effizienter verarbeiten.“
Die heutigen Sägewerke habe alle ihre Marktsegmente gefunden. Nossol: „Die einen schneiden für die USA, die anderen für den lokalen Baumarkt. Jeder ist in seiner Nische und alle sind bei guter Laune.“
Milliarden-Rückhalt
„Mercer ist ein Konzern mit rund 1 Mrd. € Umsatz“, umschreibt Nossol die finanzielle Tatsache, nicht von der Hand in den Mund leben zu müssen. Sägewerksneubauten könne man sich leisten.
Mercer International
Mercer International ist mit den drei Produktionsstandorten Zellstoff Stendal, Zellstoff Rosenthal und Zellstoff Celgar/CA einer der größten Hersteller von NBSK-Marktzellstoff. Auf Basis nachwachsender Rohstoffe stellt Mercer jährlich mehr als 1,5 Mio. t Langfaserzellstoff her und beliefert damit Kunden der Papierindustrie in Europa, Nordamerika und Asien.
Mercer Friesau*
(April bis Dezember 2017)
Jahresproduktionskapazität: 880.000 m3/J
Nadelschnittholz-Produktion: 450.000 m3
Nadelschnittholz-Verkauf: 340.000 m3
Schnittholzeinnahmen: 66,6 Mio. € (rund 195 €/m3)
* Quelle: Bilanzbericht Mercer International