Holz Pichler

Künstliche Intelligenz füttern

Ein Artikel von Gerd Ebner | 27.08.2020 - 14:12

Zur rascheren „Gehirnentwicklung“ gibt es bei Holz Pichler im engen Eggental einen vollwertigen Microtec CT Log, quasi eine Forschungsanlage im harten Sägewerks-Echtzeitbetrieb. Als der Holzkurier Gelegenheit hatte, diesen im Eggental zu besichtigen, ging es gerade um das Thema „verlässliche Fäulniserkennung“. Handelt es sich lediglich um eine Holzverfärbung oder ist es schon Pilzbefall? Dies lässt sich rein optisch nicht feststellen, über Dichteerfassung per Computertomografie aber sehr wohl. Ein weiteres 2020er-Thema ist die sichere Bohrlocherkennung.

Hohe Treffsicherheit

„Eine Trefferquote von 95 % bei Fäule ist mittlerweile schon möglich“, erklärt dazu stolz Microtec-Marketingleiter Daniel Reiter. Dass die Quote so hoch ist, könnte auch mit der Installation bei Holz Pichler zu tun haben. 80.000 fm wurden seit der Inbetriebnahme im April 2019 hier einschichtig analysiert – oder, besser gesagt, per Computertomografie „digital zerlegt“.

80.000 fm in 14 Monaten klingt eindrucksvoll. Diese Menge ist aber nur rund ein Zwanzigstel dessen, was der CT Log im industriellen Einsatz zu leisten imstande ist. Die Anlage bei Holz Pichler läuft mit 70 m/min. In Hochleistungsanlagen läuft der CT Log mit einer Geschwindigkeit von bis zu 180 m/min.

Die jüngsten Installationen in Europa waren bei SCA Bollstabruk (s. Holzkurier Heft 32, S. 18), Fiskarheden, Piveteau Bois (s. Holzkurier Heft 21/2019, S. 32) und H.I.T., Torgau/DE (s. Holzkurier Heft 5/2016, S. 18).

Land, Hersteller und Sägewerk forschen

Im KMU-Sägewerk Holz Pichler handelt es sich um eine Forschungsanlage für Microtec mit einer direkten Datenverbindung zur Entwicklungsabteilung ins nur 40 km entfernte Brixen. Mit Fördermitteln des Landes Südtirol soll das Verständnis der Holzbeschaffenheit verfeinert und so das Holzwissen erhöht werden. Holz Pichler selbst beschäftigt den Innovationsmanager Paolo Bertoni, der wiederum von einer Praktikantin assistiert wird.

Holz Pichler teilt seine Ware in 20 Boxen ein. Geschäftsführer Michael Gilli nennt das „sortenreine Sortierung“. Damit meint er, dass etwa harzgallenfreie Ware in eine Box kommt – hieraus schneidet er harzfreie Ware für die Kunden, die genau das wollen. „Anstatt nicht erwünschtes Holz einzuschneiden, zu trocknen, keilzuzinken und erst dann Einzelstücke auszusortieren, kann ich schon am Produktionsbeginn auf die 100% korrekte Ware zurückgreifen“, erklärt er. Gilli steigerte so seine Sägewerks-Ausbeute nochmals. Bereits jetzt beziffert er diese mit unglaublichen 71%. Für den Kunden wiederum wird die Lieferqualität weiter erhöht.

Abrechnung noch konventionell

Derzeit fährt man ein duales System der Übernahme: Die Abrechnung der Waldbesitzer erfolgt, wie gewohnt, per visueller Beurteilung und anhand des traditionellen Messprotokolls. Laut Gilli wird es noch etwas dauern, bis die Waldbesitzer die Analyseergebnisse des CT Logs zur Preisfindung akzeptieren werden. „Das Thema soll jedoch zeitnah angegangen und mit der dementsprechenden Sensibilisierungsarbeit realisiert werden“, verweist Gilli.

In Echtzeit Stamm digital erschaffen und bewerten

Bei der Computertomografie – wie im Falle des CT Log – rotiert die Röntgenquelle um das Objekt und liefert über 360 Bildebenen. Jeder Stamm wird in Echtzeit digital vollständig rekonstruiert.

Bei Holz Pichler lernt man das eigene Rundholz besser kennen, etwa die Astverteilung: „Mit der Bandsäge können wir die hochwertige Ware an der Stammaußenseite besser nutzen. Das unterscheidet uns von Profilierlinien, die vom Kern aus arbeiten. Die explizite Bleistiftform – spitzer Anlauf, dann Zylinderform – der Äste hat uns überrascht“, so Gilli.

Das Sägewerk liegt am Fuße des Latemar-Gebirgszugs. Der Name „Latemar“ steht für eine der besten Holzprovenienzen Europas. „Der milde Faserverlauf ist am CT-Bild gut erkennbar. Man kann sogar die Jahrringe zählen“, erklärt Gilli zufrieden.

„Reaktionsholz sehen wir schon. So können wir auf die Wuchsbedingungen rückschließen“, erklärt Hartmann Zelger, Betriebsleiter bei Holz Pichler. Damit ist man nicht mehr weit davon entfernt, vom CT-Dichteprofil Hangneigung, Windeinfluss und ähnliches abzulesen. Microtec realisiert bereits die lückenlose Rückverfolgbarkeit vom Brett bis zum Stamm. Eine Zukunftsaussicht ist, dass man vom Brett bis zum stehenden Baum die gesamte Produktionskette rückverfolgen kann.

Nur einen Teil der gesammelten Stamminformationen kann man bei Holz Pichler im Einschnitt nutzen. Das wäre anders, wenn man jeden Stamm vor Eintritt der Sägehalle über sein Dichtprofil wiedererkennen und dann entsprechend dem Einschnittaggregat zuführen würde. Dies wird etwa bei Piveteau Bois, bei Fiskarhedens, Idaho Forest oder SCA so gemacht.

Mitten im Sturmgebiet

Traurige Berühmtheit erlangte das Gebiet rund um den Latemar Ende November 2018. Das Eggental war damals das Epizentrum des Sturms Vaia in Südtirol. Ein Drittel der 1,5 Mio. fm Gesamtschaden fiel in diesem Tal an – diese 500.000 fm kaufte Gilli zu einem Einheitspreis von 60 €/fm b/c. Die Hälfte davon ging als Schwachholz zu Binderholz nach Österreich. Das Starkholz verarbeitet Holz Pichler selbst. Derzeit liegen am Gelände 100.000 fm Schadholz, 80.000 fm Vaiaholz und 20.000 fm vom Sommersturm 2019. Bei Sturmholz sind Risse immer ein großes Thema. Diese werden vom CT Log bereits sehr gut erkannt.

Der Sturm Vaia zwang Holz Pichler damals zum raschen Handeln. Die Rundholzmechanisierung wurde kurzfristig erworben, 24 h nach dem Kauf mit sieben Lkw angeliefert und von der eigenen Mannschaft aufgebaut. Die Steuerung ist ebenso „made by Pichler“.

Microtec

Mitarbeiter: 200
Umsatz: 44 Mio. €
Exportquote: 94%
Gründer/Präsident: Federico Giudiceandrea
CEO: Frank Jöst
Produkte: Computertomografie, Feuchtemessung, Schnittholzfestigkeitssortierung, -gütesortierung (Längs- und Querdurchlauf), Dimensionsvermessung, Leimauftragsmessung

Holz Pichler

Geschäftsführer: Michael Gilli
Einschnitt: 80.000 fm/J
Gründung: 1946
Mitarbeiter: 70
Produktionsfläche Weiterverarbeitung: 25.000 m2
Produkte: keilgezinkte Leisten