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Leuchtturmprojekte wie der neue Unternehmenssitz von Swatch in Biel, entworfen von Stararchitekt Shigeru Ban, machten das Unternehmen weltweit bekannt © Blumer-Lehmann

Blumer-Lehmann

Federführend vom Stamm bis zum Haus

Ein Artikel von Günther Jauk | 21.12.2023 - 11:57
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Katharina Lehmann führt das Familienunternehmen in fünfter Generation © Jan Thoma

Als Lehmann Ende der 1990er-Jahre die Blumer Elementtechnik übernahm und man in Gossau eine gemeinsame Halle für die Elementefertigung errichtete, fragten sich die Verantwortlichen, ob man diese wohl jemals zur Gänze auslasten könne. Heute stellt das Gebäude lediglich einen kleinen Teil der Holzbaukapazitäten des Unternehmens dar, die sich mittlerweile über mehrere Standorte in Europa verteilen.

Aber von Anfang an: Bereits 1874 erwarb Leonhard Lehmann von Andwil den Erlenhof, leitete den Bach auf ein Wasserrad um und startete 1875 den Rundholzeinschnitt. Seither produziert das Familienunternehmen am Stammsitz in Gossau Schnittholz. „Das Sägen am Erlenhof ist unsere DNA, die trotz unserer anderen Geschäftsfelder niemals an Bedeutung verliert“, betont CEO und Inhaberin Katharina Lehmann knapp 150 Jahre und fünf Generationen später.

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Das voll automatisierte Hochregallager ist Teil eines umfangreichen Investitionsprojektes am Stammsitz in Gossau © Blumer-Lehmann

Ein 2018 aufgelegtes Investitionspaket – es soll pünktlich im Jubiläumsjahr 2025 am Standort Gossau abgeschlossen sein – ist ein ebenso klares Bekenntnis zum Rundholzeinschnitt wie zum Stammsitz in der Schweiz. Neben der Optimierung der Infrastruktur samt unterirdischer Parkgarage und Bachverlegung, einem voll automatisierten Hochregallager, einem Bürogebäude, einer weiteren Modulproduktion sowie einer zusätzlichen Fertigungshalle, umfasst das Paket auch die Erneuerung des Rundholzplatzes. Zudem denkt das Unternehmen über eine zusätzliche Starkholzlinie sowie längerfristig über den deutlichen Ausbau der Weiterverarbeitung am Erlenhof nach.

Stetig gewachsen

Mit einem Rundholzeinschnitt von 170.000 fm/J samt Hobel- und Keilzinkenwerk sowie einer 40.000 t/J-Pelletsproduktion ist Blumer Lehmann einer der leistungsfähigsten Holzverarbeiter des Landes. Dabei geht ein wesentlicher Teil des Einschnitts zu Leimholzwerken und dann als BSH und BSP wieder retour zu Blumer Lehmann. Bereits in den 1950er-Jahren startete Lehmann eine Zimmerei und spezialisierte sich in den darauffolgenden Dekaden auf landwirtschaftliche Bauten, wobei man stets auch Wohnhäuser, Gewerbebauten sowie Sanierungsprojekte umsetzte. Ende der 1990-Jahre folgte die Übernahme der Blumer Elementtechnik und damit der Einstieg in die Elementevorfabrikation in Holz. Mit der Übernahme der Wey Modulbau AG im Jahr 2005 stiegen die Schweizer zudem in die Modulfertigung ein. Darüber hinaus etablierten das Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten den Silobau und setzten im Ingenieurholzbau immer wieder neue Maßstäbe. „Mit dem Modulbau und seiner Standardisierung auf der einen Seite, dem Prototyping von Freiformen auf der anderen Seite und allen anderen Holzbauvarianten dazwischen, decken wir ein ausgesprochen breites Anwendungsgebiet ab“, umreißt Lehmann das Geschäftsfeld.

1000 Module pro Jahr

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Diese Grundschule in Dresden errichtete Blumer Lehmann 2022 in Modulbauweise © Till Schuster

Einen zentralen Vorteil des Modulbaus sieht Lehmann in der kontrollierten werksseitigen Vorfertigung: „Wir produzieren komplette Gebäude im Werk und arbeiten dabei immer mit denselben Subunternehmern zusammen. Somit haben wir Kosten und Qualität im Griff und können dem Bauherren Terminsicherheit garantieren.“

Die Fertigung in Gossau schafft bis 700 Module im Jahr – mit einem zusätzlichen Standort im deutschen Großenlüder sind es über 1000 Einheiten. Aufgrund von geplanten Investitionen an beiden Standorten wird diese in den kommenden Jahren noch weiter anwachsen. Zum Einsatz kommen die Module in erster Linie bei Schul-, Büro-, Hotel- und Pflegebauten, wobei die Möglichkeit der Versetzung des gesamten Gebäudes immer interessanter wird. Als Kernmärkte der Module benennt Lehmann die Schweiz ebenso wie Deutschland und Luxemburg.

Leuchtturmprojekte

In puncto Freiformen, der Königsdisziplin des Ingenieurholzbaus, kann Lehmann hingegen keine Märkte festmachen: „Unsere Projekte sind auf der ganzen Welt verstreut, dass man nicht wirklich von Märkten sprechen kann. Nicht wir suchen die Projekte, sondern die Architekten suchen uns.“ Diesen exklusiven Status erarbeitete sich das Unternehmen mithilfe zahlreicher Leuchtturmprojekte sowie der Zusammenarbeit mit den renommiertesten Holzbauarchitekten der Welt.

So entstanden beispielsweise das vom japanischen Architekten Kengo Kuma entworfene Shura Island Resort im Roten Meer, der von Shigeru Ban entworfene Swatch-Unternehmenssitz in Biel oder der erst unlängst eröffnete Wisdome Stockholm, entworfen von Elding Oscarson.

Die eindrucksvolle Form des Swatch-Neubaus windet sich am Fluss entlang durch die Landschaft und zieht sich über den neuen Hayek-Platz. Das lang gezogene Gebäude wird von einem riesigen, gitterförmigen Tragwerk aus Holz überspannt, das mit einer Länge von 240 m, einer Maximalspannweite von 34 m und einer Höhe von 26,8 m gewaltige Ausmaße annimmt. Für Blumer Lehmann war diese Konstruktion mit einer Fläche von 11.000 m2 die bisher größte Gitterschale, die man in der Unternehmensgeschichte realisierte, wobei alle 4481 Trägerelemente der gitterförmigen Tragstruktur Unikate darstellen.

Der Wisdome Stockholm hat eine Fläche von 1325 m² und punktet mit einem architektonisch herausragenden, bogenförmigen Holzdach. Die Konstruktion des Gitterschalen-Dachtragwerks wurde vollständig aus LVL-Stäben gefertigt. In der Ausstellungshalle befindet sich eine massive Holzkuppel aus BSP, die ein 3D-Kino beherbergt und mit moderner Visualisierungstechnik ausgestattet ist.

Enger zusammenrücken

„Geld, Fachkräfte und Platz sind in der Schweiz besonders knappe Güter“, umreißt Lehmann das Spannungsfeld, in dem sich ihr Unternehmen bewegt und ergänzt, dass man für den Erfolg Spezialitäten finden müsse: „Nur wenn wir vielfach dasselbe bauen, wie im Modulbau, oder eben besonders herausfordernde Projekte umsetzen, können wir auch international mitmischen.“

Dem Holzbau attestiert Lehmann ein solides und stetiges Wachstum, wobei die einzelnen Projekte immer größer werden. Um diese zu stemmen, müssen die Betriebe lernen, noch deutlich enger und partnerschaftlicher zusammenzuarbeiten. „Anders, als es in der jüngsten Vergangenheit bei manchen Holzindustrien und ihren Kunden der Fall war“, kann sich die Geschäftsführerin einen abschließenden Kommentar in Richtung einiger österreichischer Kollegen nicht verkneifen.