Österreichischer BIomasseverband

Energetische Holznutzung ist klimapositiv

Ein Artikel von Philipp Matzku | 27.06.2023 - 13:30
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Waldbewirtschaftung im Klimawandel: Die erste Podiumsdiskussion mit Felix Montecuccoli, Friedrich Rumplmayr, Martin Bentele sowie den Studienautoren Hubert Röder und Stefan Füchsl (v. li.) war lebhaft © ÖBMV

„Wir müssen raus aus Kohle, Öl und Gas. Ohne die Reduktion der Treibhausgase macht das aber wenig Sinn,“ betonte Dr. Günter Liebel, Generalsekretär im österreichischen Bundeslandwirtschaftsministerium. „Die Biomasse ist nicht 1:1 Kohleersatz“, gab Thomas Waitz, Mitglied des Europäischen Parlaments (MEP), zu bedenken. Waitz unterstützt die stoffliche, regionale Biomassenutzung. Kritisch sieht er die Umstellung auf Biomasse bei deutschen Industriekraftwerken. „Nördlich der Mainlinie ist das Thema Holzenergie schwer zu verkaufen“, wusste Martin Bentele, Geschäftsführer Deutscher Energieholz- und Pellet-Verband (DEPI), zu berichten. Die Verbraucher seien derzeit verunsichert, welche Heizkessel sie einsetzen sollen. Bentele plädierte für eine erneute Förderung von erneuerbaren Energien inklusive der Biomasse.

Schaut man auf den gesamten Wald in Deutschland, zeigt die aktive Nutzung durch Waldumbau das höchste CO₂-Reduktionspotenzial. Sie ist damit die beste Vorgehensweise für den Klimaschutz.


Prof. Dr. Hubert Röder, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Faktenbefreite Diskussion

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„Wir verfolgen die gleichen Ziele, beschreiten aber andere Wege“, brachte Simone Schmiedtbauer die politisch geprägte zweite Plenumsrunde auf den Punkt. Füchsl, Röder, Waitz, Rakos, Schmiedtbauer, Metschina (v. li.) © Philipp Matzku

„Die Diskussion auf europäischer Ebene war in den vergangenen Jahren stark kampagnenorientiert und in Teilen nicht sehr sachlich erfolgt. Gerade in Deutschland ist es in den vergangenen Wochen zu einer faktenbefreiten Diskussion gekommen“, ergänzte Dr. Christian Rakos, Präsident des Weltbiomasseverbandes und Geschäftsführer proPellets Austria. „Auf einmal bin ich der bad guy.“ „Ich stehe zu 100% hinter dem Green Deal, er ist aber derzeit massivem Widerstand ausgesetzt. International agierende Unternehmen aus dem Bereich der fossilen Energieträger versuchen, den Transformationsprozess zu erneuerbaren Energien so weit wie möglich zu verzögern“, berichtete MEP Simone Schmiedtbauer.

Wunschziel Dauerwald

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Trust the Science: Der Umgang der Wissenschaft als Lieferant von faktenbasierten Informationen und wie Politiker mit diesen Daten und Fakten umgehen, wurde mehrfach angesprochen, beispielsweise von Dr. Peter Mayer, Leiter des Bundesforschungszentrums für Wald in Wien. „Ich bin Forscher, ich liebe Kennzahlen“, meinte beispielsweise Dr. Hubert Röder. Im Bild: Mayer im Vordergrund, dahinter Christian Metschina und Peter Liptay, ÖBMV (v. li.) © Philipp Matzku

Auf die Frage, seine gerade fertiggestellte Studie „Klimaeffiziente Nutzung holzbasierter Ressourcen“ in maximal fünf Worten zusammenzufassen, antwortete Dr. Hubert Röder, Leiter des Lehrstuhls für nachhaltige Betriebswirtschaft an der HSWT: „Zuwachs vor Vorrat.“ Die stoffliche Nutzung von Holz sowie die energetische Nutzung von Resthölzern seien klimapositiv, die Biodiversität bei einer nachhaltigen Nutzung sei gesichert. Allein ein Vorratsanstieg sei aber nicht nachhaltig, dies sei erst bei einer entsprechenden wirtschaftlichen Nutzung gegeben.

In Deutschland wie auch Österreich gibt es noch viele, aus forstbetriebswirtschaftlicher Sicht überalterte Fichtenreinbestände. In Österreich seien das meist sekundäre Reinbestände. „Die primären hat die Natur vor Jahren selbst erledigt“, informierte Felix Montecuccoli, Präsident Land&Forst Betriebe Österreich.

„Wir müssen mit einem proaktiven Waldumbau gerade bei Nadelwäldern schnell beginnen, um letztlich schneller als der Borkenkäfer zu sein“, betonte Röder. Ziel sind klimaresiliente Mischwälder, die bevorzugt über Schirmschläge oder einzelstammweise Nutzung geerntet werden sollten. Unter proaktivem Waldumbau versteht Röder einen Waldumbau mit heimischen Baumarten, die um Variantenbaumarten, beispielsweise vom Balkan, ergänzt werden. „Wir können innerhalb von 20 Jahren das Waldwachstum steuern, auch wenn es in der forstlichen Praxis 50 bis 60 Jahre dauern wird“, erklärte der studierte Förster Röder. Ziel sei es, Mischwälder mit vergleichbaren Nadelholzanteilen wie heute zu haben, aber verteilt auf die ganze Waldfläche. Montecuccoli befürchtet, dass wir zum Teil nicht einmal 20 Jahre Zeit haben, und unterstützt nachhaltig den raschen Waldumbau.

Biomasse für alle

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Großes Besucherinteresse herrschte an der Veranstaltung „Klima, Feuer, Holz und Wald“ des ÖBMV © Philipp Matzku

Eine verstärkte Holznutzung führt auch zu einem höheren Anteil an Restholz und Sägenebenprodukten. In der kaskadischen Nutzung und bei entsprechender Durchforstung gibt es ausreichend Rohstoff für die Platten- und Papierindustrie. „Ein Plus an Holzprodukten erzeugt mehr Industrieholz als die stoffliche Nachfrage und zusätzlich entsteht mehr Sägerestholz. In der Modellrechnung wurden die Pelletswerke aus Restholz versorgt. Restholz kann auch mithilfe von Pyrolyse zu Biokohle verarbeitet werden. CO2 bleibt dann weiterhin gebunden. Österreich ist mit dieser modernen Technologie sehr fortschrittlich. Das ist keine Verbrennung, sondern Bioraffinerie“, informierte Stefan Füchsl vom Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit der TU München.

„Wir tun das Richtige, wenn wir viel Holz verwenden“, ist auch Montecuccoli überzeugt. „Die Waldbewirtschaftung einzuschränken, ist ein Irrweg“, ergänzte Friedrich Rumplmayr jun., Geschäftsführer Donausäge Rumplmayr, Enns.

Das Potenzial des Holzspeichers besser nutzen

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Die Berechnung von THG-Effekten war eine sehr beliebte Folie bei den Präsentationen von Prof. Hubert Röder und seinem Mitarbeiter, Stefan Früchtl © Philipp Matzku

Die Verweildauer von biogenem Kohlenstoff in der Atmosphäre sei ein wesentlicher Faktor für die Klimawirkung von Wäldern. Eine Steigerung des Zuwachses durch einen proaktiven Waldumbau verkürze die Verweildauer von biogenem CO2 in der Atmosphäre deutlich. Im Vergleich zu Laubholz verliert Nadelholz mit dem Alter die Speicherwirkung von CO2. Deswegen ist es aus Röders Sicht sinnvoll, Nadelholz spätestens zur Umtriebszeit zu ernten. Laubholz kann auch länger im Bestand bleiben, da es länger CO2 binden kann. Deswegen sind Laubwälder und -bäume prädestinierter für Flächenstilllegungen, da Laubholz auch weniger in langlebigen Produkten Verwendung findet. Bei einem optimalen und raschen Waldumbau könnte in den nächsten 20 Jahren mehr Nadelholz auf den Markt kommen, als das bislang der Fall war – und das unabhängig von möglichen Schadholzmengen.

Die Substitutionseffekte fossiler Brennstoffe nehmen aller Voraussicht nach mit der Zeit ab. Vorteile der energetischen Nutzung von Resthölzern sollten aus Sicht des Forstprofessors zeitnah realisiert werden. Dies sei unter anderem vom sogenannten Push-and-pull-Prinzip, also der Steigerung im Holzbau und der Sanierung mit Holzdämmstoffen, begleitet worden. Der Holzproduktespeicher sollte neben dem Wald auch längerfristig nutzbar sein.

Eine Außernutzungstellung hat nur einen kurzen Saturationseffekt, dann wird der Wald schnell zur CO2-Quelle. Damit einher gehen auch eine geringere Holzentnahme um fast die Hälfte, damit ein mehr an Vorrat, aber auch ein Anstieg von Schadholzereignissen. „In Zeiten des Klimawandels ein hohes Risiko“, betonte Röder. Nur 73% des Holzvorrates in der EU werden auch genutzt. Bei Stilllegungen komme es in Österreich zum Verlust von Arbeitsplätzen, wohingegen gerade der proaktive Waldumbau von Nadelwäldern einen positiven Beschäftigungseffekt aufweise, berichtete Früchtl.

Wenn man nur auf Naturverjüngung setzen würde, berechneten Röder und sein Team eine Gesamtreduktion der Rundholzproduktion um rund 9%. Um eine den EU- und Klimazielen entsprechende Biodiversität in bewirtschafteten Wäldern zu gewährleisten, empfehlen die beiden Wissenschaftler einen Totholzanteil von 10% des stehenden Vorrats.