Nasslager_Standorte.jpg

Nasslagerplätze in Österreich (Kapazität in fm); Daten: Wögerbauer 2022; Grill et al. 2013. Eigene Erhebungen. Stand 01/2023 © Dr. Peter Rauch, Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) 

Österreich

Schadholzlogistik – die Nasslagerfrage

Ein Artikel von Dr. Peter Rauch, Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) | 07.09.2023 - 08:14

Wenn bei größeren Schadholzereignissen im Zuge der Aufarbeitung die Holzlagerplätze der regionalen Holzabnehmer an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen oder die Nachfrage am Schnittholzmarkt für die entsprechenden Produkte schwächelt, dann stockt die Abfuhr von Schadholz oder kommt kurzzeitig sogar gänzlich zum Stillstand. Lange Durchlaufzeiten von der Aufarbeitung bis zur Übernahme im Werk gefährden aber insbesondere während der Vegetationsperiode die Holzqualität – etwa durch Bläue oder Käferbefall – und verringern zusätzlich die ohnehin geringen Erlöse der Forstwirtschaft in einer Krisensituation.

Die in einem Nasslager eingelagerte Menge an Rundholz bewirkt in solchen Situationen eine ganze Reihe an positiven Nebeneffekten, die allen von der Schadholzkalamität Betroffenen zugutekommen. Zuallererst wird dadurch der (regionale) Holzmarkt entlastet, indem das katastrophenbedingte Überangebot an Rundholz entsprechend reduziert wird. Dies beugt eventuell einem weiteren Preisverfall vor. Durch die kurzen Transportwege zum Nasslager wird die vorhandene Frachtkapazität, die im Schadholzfall oft den Flaschenhals in der Holzlieferkette darstellt, sehr effektiv genutzt. Schlussendlich kommen aufgrund der verringerten Schadholzvolumina, die ad hoc abgesetzt werden müssen, Übernahmestopps seitens der abnehmenden Industrie später und dauern kürzer. 

Nasslagerkapazität – ausreichend für den Notfall?

Im Schadholzfall hängen die beschriebenen positiven indirekten Effekte in ihrer konkreten Ausprägung vor allem von der Relation der in Nasslagern eingelagerten Rundholzmenge zum gesamten Schadholzaufkommen ab. Da eine Prognose der bei einer zukünftigen Kalamität anfallenden Schadholzmenge für eine Region oder ein Bundesland aufgrund vieler maßgeblicher Einflussfaktoren schwierig ist, wird zur Relativierung der regional verfügbaren Nasslagerkapazität der durchschnittliche Jahreseinschlag herangezogen. Bei der Abschätzung, ob die vorhandene Nasslagerkapazität im Schadholzfall auch ausreicht, um neben den internen Effekten auch spürbare externe Effekte zu generieren, muss berücksichtigt werden, dass die Schadholzmenge oft ein Vielfaches des regulären Einschlages beträgt und die Transportdistanzen von den Aufarbeitungsorten zum jeweiligen Nasslager relativ kurz sein müssen (weniger als 50 km). Von der Planung bis zur Errichtung eines neuen Nasslagers vergehen im Schnitt zumindest zwölf Monate, wobei neben dem Finden eines geeigneten Standortes vor allem das Behördenverfahren für die wasser- und naturschutzrechtliche Genehmigung sehr viel Zeit beansprucht. Im Kalamitätsfall kann bei Vorliegen eines gut geeigneten Standortes und bei entsprechender Würdigung der Ausnahmesituation durch die zuständigen Behörden das Genehmigungsverfahren auch in nur wenigen Wochen erfolgen – wie etwa bei der Genehmigung des Nasslagers in Ainet (Waldgenossenschaft Iseltal, Osttirol).

Nasslagerstandorte in Österreich

In Österreich ist derzeit auf 44 Standorten eine gesamte Nasslagerkapazität von knapp mehr als 1 Mio. fm vorhanden, wobei diese regional sehr unterschiedlich verteilt ist. Mit einer Lagermöglichkeit von rund 300.000 fm weisen die Österreichischen Bundesforste (ÖBf) als größter Waldbewirtschafter auch die höchste verfügbare Eigenlagerkapazität auf. Die Holzindustrie kann in Summe etwa 239.000 fm und die Waldverbände können 83.000 fm nass einlagern.

Suche nach Flächen für neue Nasslager

Die Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass sich die Suche nach geeigneten Nasslagerflächen aufgrund vielfältiger rechtlicher und auch sozialer Einschränkungen durchaus schwierig gestalten kann. Zur Ausscheidung potenzieller Nasslagerflächen in definierten Gebieten Vorarlbergs wurde deshalb ein GIS-Modell (GIS: Geografisches Informationssystem) entwickelt, um diesen Vorgang zu unterstützen.

Die wesentlichen Kriterien, die eine genehmigungsfähige Fläche auszeichnen, werden dabei mithilfe eines GIS-Modelles abgebildet. Zu den gesuchten Eigenschaften einer Nasslagerfläche zählen etwa eine relativ ebene Ausformung, die Nähe zu einem ausreichend großen Vorfluter, eine definierte Mindestgröße sowie die Nähe zum öffentlichen Straßennetz. Ausgeschlossen von der Suche werden alle Flächen, die nicht oder nur unter hohen Auflagen genehmigungsfähig sind, wie diverse Naturschutzflächen, ausgewiesene Hochwasserüberschwemmungsflächen (HQ30) sowie Wasserschutz- und -schongebiete. Weiters sind ausreichende Abstände zu Trinkwassereinzugsgebieten und -brunnen einzuhalten. Eine ausreichende Entfernung zu Siedlungen und Wohngebäuden beugt möglichen Anrainerproblemen im Zuge des Genehmigungsverfahrens vor und reduziert die Gefahr zeitlicher Verzögerungen. Im GIS-Modell werden die beschriebenen Ein- und Ausschlusskriterien in unterschiedlichen Karten (Layern) abgebildet und als Endergebnis jene Flächen ausgewiesen, die alle Auflagen vorgabegemäß erfüllen. Erste Begehungen vor Ort durch forstliche Fachleute zeigen, dass das Modell selbst unter regional schwierigen Voraussetzungen – wie etwa im Bregenzerwald – sehr gut geeignete Standorte ausweist.

Alles gut – außer den Kosten?

Betriebswirtschaftliche Kennzahlen zur Errichtung und zum Betrieb von Nasslagerplätzen stellen für Betriebe bereits in der Planungsphase eine wesentliche Entscheidungsgrundlage dar. Aus diesem Grund wurde ein Kostenberechnungstool neu entwickelt, mit dem potenzielle Betreiber von Nasslagerplätzen anhand weniger und einfach zu erhebender Parameter die Kosten für die Errichtung und den fortlaufenden Betrieb berechnen können.

Für die Ermittlung der Kosten sind zu Beginn 23 Parameter (darunter Kapazität, Untergrund, Bewässerungs-, Übernahmesystem, Daten zur Logistik und Förderung) festzulegen. Auf Basis dieser Eingaben und der hinterlegten Daten werden Investitions-, Betriebs- und Logistikkosten kalkuliert. Damit können in der Planungsphase entsprechende Kapazitäts-, Technologie- und Ausstattungsanpassungen sowie erste Finanzplanungen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen unternommen werden. 

Für eine detaillierte Kostenaufstellung werden im Kostenmodell neben den gesamten Investitionskosten für ein Nasslager auch einzelne Positionen, wie Erdbau, Platzbefestigung, Wasserentnahme, Pumpenanlagen, Verrohrung und Regner, Sensoren, Zugangsanlage oder Planungskosten, extra kalkuliert. Zusätzlich können Betriebskosten, wie der Bruttolohn, die Stromkosten, Platzreinigungen und Reparaturen sowie Frachtkosten für die Ein- und Auslagerung, berechnet werden. 

Das Projektteam

An der Datenerhebung und Entwicklung der Modelle waren seitens der Universität für Bodenkultur Wien unter der Leitung von Hon.-Prof. Dr. Peter Rauch das Institut für Produktionswirtschaft und Logistik (Dr. Christoph Kogler, Johannes Kircher und Michael Klien), die Unternehmensberatung Forstwirtschaft (Dr. Herbert Kohlross), der Waldverband Österreich (Martin Wöhrle, BA), Waldverband Oberösterreich (Andreas Hofbauer), Waldverband Steiermark (Bernd Poinsitt), Waldverband Niederösterreich (FD Werner Löffler) sowie Georg Geutze (Unternehmen. Beraten. Entwickeln) beteiligt. Die Forschungsarbeit erfolgte im Rahmen der Waldfondsprojekte ManTra sowie des Nasslagerkonzepts Vorarlberg, dankenswerterweise im Auftrag und mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Österreich bzw. des Amtes der Vorarlberger Landesregierung, Abteilung Forstwesen, ManTra: https:/ /shorturl.at/fxCLR bzw. Nasslagerkonzept Vorarlberg: https:/ /shorturl.at/luDPZ