AV TIMBER

Die Wüstenexperten

Ein Artikel von Raphael Kerschbaumer | 03.07.2024 - 08:28
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Ein erfolgreiches Gespann: Vater und Sohn Vesely sorgen für einen reibungslosen Holztransport von den Alpen in die Regionen Nordafrikas und des Nahen Ostens © AV Timber

Wenngleich die neu formierte AV Timber-Holding erst seit dem vergangenen Jahr existiert, verbirgt sich hinter ihr ein österreichisches Holzhandelsunternehmen mit einem jahrzehntelangen Erfahrungsschatz. Im Gespräch mit dem Holzkurier berichtet Alfred Vesely von Reiseanekdoten nach Algerien oder in den Irak, die bis in die 1980er-Jahre zurückreichen. Die etlichen lokalen Beziehungen helfen dem erfolgreichen Unternehmer und heute auch seinem Sohn, Alfred Vesely jun., um in den teils schwierigen und turbulenten, vor allem aber auch potenzialreichen Levante-Regionen erfolgreich agieren zu können.

Das Geschäft mit den Lizenzen

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Kennt die Route schon auswendig: Der Heimathafen der AV-Line liegt im slowenischen Koper. Von dort ausgehend, steuerte das Schiff bereits weit über 100 Mal die Güterhäfen jenseits des Mittelmeers an © AV Timber

Mit einer geschätzten Bedarfsmenge von rund 1 Mio. m3/J ist Algerien einer der größten Absatzmärkte Nordafrikas und seit Jahren häufiges Ziel des eigenen Frachtschiffes AV-Line. Zuletzt wurde die Situation in Algerien jedoch zunehmend komplizierter, was sich auch negativ auf die importierten Holzmengen auswirkte. „Der Bedarf und die Zahl der Abnehmer sind nach wie vor groß. Da der algerische Staat jedoch vehement versucht, Devisen einzusparen, vergibt er nur spärlich und unregelmäßig die erforderlichen Importlizenzen. Auch wenn wir uns zuletzt einen großen Auftrag bei einem staatlichen Kunden sichern konnten, die Planbarkeit geht nahezu völlig verloren“, gibt Vesely einen Einblick und findet weiter kritische Worte: „Die Gesamtsituation verschlechtert sich kontinuierlich. Trotz der vielen Jahre an Erfahrung blicken auch wir nicht hinter die Vergaberegeln neuer Importlizenzen. Werden dann welche vergeben, muss man besonders schnell reagieren können. Mit unserem eigenen Schiff schaffen wir das innerhalb nur weniger Tage.“

Die Levante ist längst kein ,Mistkübel‘ mehr.“ Wieso sollten Kunden bei Geschosshöhen von 2,7 m Ware mit 4 m Länge kaufen? Der Bedarf wäre riesig, meist aber nur in der Theorie.“


Alfred Vesely, AV Timber

Preise schon über dem Zenit

Vor allem im Umfeld schwächelnder Märkte in China und den USA, gewann Nordafrika zuletzt wieder zunehmend an Bedeutung als wichtiger Überseemarkt für mitteleuropäische Säger. Mit bis zu 245 €/m3 (frei Ankunft) waren die Preise in diesem Jahr teilweise deutlich über dem Niveau anderer Exportdestinationen. Vesely ist sich aber sicher: „Auch wenn die Preise im ersten Halbjahr wieder leicht gestiegen sind, ist es wahrscheinlich, dass es schon sehr bald wieder schnell bergab geht. Die Häfen und Lager in Nordafrika sind gut gefüllt und der Bau kommt in den meisten Regionen über den Sommer faktisch zum Erliegen. Libyen will schon jetzt nicht einmal mehr 200 €/m3 zahlen.“

Golfstaaten mit Interesse, aber weit unter Potenzial

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Wüstenmessen ein voller Erfolg: AV Timber war sowohl auf der Woodshow in Saudi-Arabien als auch in Dubai vertreten. Speziell bei Letzterer freute sich Alfred Vesely (2. v. re.) über regen Besucherandrang © AV Timber

Die diesjährigen Woodshows in Dubai und Riyad verdeutlichen: In Saudi-Arabien und den Golfstaaten ist das Interesse an Holz und Holzprodukten groß. Auch wenn bisher nur wenig vom tatsächlichen Potenzial ausgeschöpft werden konnte: „Wenn in Saudi-Arabien sämtliche angekündigten Infrastrukturprojekte auch tatsächlich gebaut werden würden, wäre der Holzbedarf immens. Derzeit ist die Stimmung jedoch sehr verhalten bis negativ. Großprojekte verzögern sich, werden verkleinert oder in vielen Fällen ganz abgeblasen. Auch in den Golfstaaten fehlen die Investoren, um die prophezeiten Megaprojekte auch tatsächlich umsetzen zu können“, erklärt Vesely jun., der in diesem Jahr, gleich wie sein Vater, bereits mehrmals in die Golfregion reiste.

Auf beiden Holzmessen war AV Timber mit eigenem Messestand vertreten: „Ungeachtet der tatsächlichen Bautätigen war das Interesse enorm. An unserem Stand in Dubai reihte sich zu jeder Tageszeit eine lange Besucherschlange“, freute sich Vesely.

Große Events – auch große Versprechen?

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Viel Platz an Bord: Bis zu 8500 m3 Schnittholz exportiert Vesely pro Ladung. Von den heimischen Sägern würde er sich mehr qualitativ hochwertige 3 m-Ware wünschen, aber auch im Laubholzsegment konnte der erfahrene Holzhändler zuletzt erste Erfolge verbuchen und neue Absatzmärkte erschließen © AV Timber

Katars Holzbedarf stieg angesichts der riesigen Bautätigkeiten vor der umstrittenen Fußball-Winter-WM massiv an. Seither sieht sich das kleine Wüstenland jedoch mit einer weitreichenden Flaute konfrontiert. „Kunden aus Doha berichten uns bereits, dass sie bei der aktuellen Auftragslage überlegen, ihr Unternehmen in den kommenden Monaten zu schließen“, untermauert Vesely diese These.

Viele erhoffen sich im Vorfeld von Großveranstaltungen einen ähnlichen Aufschwung in Marokko. Vesely nimmt jedoch auch hier den Wind aus den Segeln: „Marokko ist infrastrukturell besser aufgestellt, als man meinen mag. In dem Land gibt es bereits etliche Hotels und Stadien. Natürlich wird in den kommenden Jahren noch einiges hinzukommen, der Bedarf wird jedoch nicht überproportional anwachsen.“

Ohne Devisen kein Holz

In der Theorie wären die zentralafrikanischen Länder riesige Abnehmerländer. Stark steigende Bevölkerungszahlen verlangen nach Wohnraum. Die zu bewältigenden Aufgaben sind in Schwellen- und Entwicklungsländern dafür umso größer: „Staaten, wie Äthiopien, fehlt es an den notwendigen Devisen, um Produkte aus Europa zu kaufen. Zudem sind bereits aufgrund fehlender Infrastruktur und Zahlungsmöglichkeiten Geschäfte mit diesen Ländern nach derzeitigem Stand nahezu unmöglich“, fasst es Vesely jun. zusammen.

Erfolgsfaktor Qualität

Differenzieren kann und muss man sich heute laut Vesely über die Qualität: „Die Levante ist schon längst kein ‚Mistkübel‘ für mitteleuropäische Säger mehr. Schlechte Qualitäten gehen heute nach Indien oder Pakistan. Österreichisches Nadelholz wird in der Levante auch in Zukunft einen großen Markt haben. Dafür müssen aber vor allem die Qualität und der Preis stimmen. Zudem müssen die österreichischen Säger endlich damit aufhören, stur 4 m-Ware zu produzieren. Nordafrika verlangt vermehrt nach 3 m-Produkten, die dem Bauwesen deutlich besser angepasst sind.“

Vesely verschifft seit einigen Monaten auch erfolgreich Laubholz nach Nordafrika: „Ein spannender Markt, der sich angesichts der wachsenden Möbelbranche weiter positiv entwickeln wird. Wir suchen hier nach wie vor nach Partnern und Lieferanten“, informiert der erfolgreiche Holzhändler.