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Prof. Dr. Dr. h.c. Gero Becker, Freiburg/DE © Dr. Stefan Peters

Quellen für Biomasse

Ein Artikel von Dr. Stefan Peters aus Tharandt/DE | 29.09.2006 - 00:00
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Prof. Dr. Dr. h.c. Gero Becker, Freiburg/DE © Dr. Stefan Peters

Neben intensiverer Nutzung vorhandener Waldflächen sowie - mittelfristiger - Anlage von Energiewäldern lässt sich Biomasse für die thermische Nutzung auch aus der Natur-und Biotoppflege gewinnen. Aber in welcher Menge und Qualität steht diese Biomasse zur Verfügung? Dies fragte sich Prof. Dr. Dr. h.c. Gero Becker, Moderator des Blockes „Energieholz aus der Landschafts- und Biotop-Pflege” im Rahmen der Vortragsreihe Holz anlässlich der Forstwissenschaftlichen Tagung 2006 am 22. September in Tharandt/DE.Restriktionen. Bevor drei Vorträge dieser Fragestellung nachgingen, definierte Dr. Ulrich Matthes von der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz, Trippstadt/DE, die Anforderungen aus Sicht des Naturschutzes. So bleiben naturschützerische Eingriffe bisher ohne betriebswirtschaftlichen Gewinn - gerade dieser könnte helfen, ein sich durch demographischen Wandel, Agrarreformen und Wiederbewaldung veränderndes Landschaftsbild zu erhalten: Schutz durch Nutzung auch in der Kulturlandschaft.
So sollten Hecken und Feldgehölze in offenen Weidelandschaften oder militärisch genutzten Flächen alle fünf bis zehn Jahre abschnittsweise auf den Stock gesetzt und dabei seltene Arten geschützt werden. Neben dem Einsatz schonender Technik wünschte sich Matthes keine schematischen Eingriffe, den Erhalt von Biotop-Verbünden sowie eine extensive Erschließung und regte den Aufbau eines geographischen Informationssystems für ein großflächiges Pflegemanagement an.Quantifizierung. M.sc. Axel Buschmann vom Göttinger Institut für Waldinventur und Waldwachstum unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Kleinn arbeitet an der Fragestellung, wie sich die Inventur von Offenlandschaften gestaltet - und versteht dies als Entwicklungsprozess.
Die Charakteristika von Landschaftselementen in Offenlandschaften (geringe Fläche, unregelmäßige Verteilung, äußerst variable Fläche sowie vertikale Ausprägung in Hecken, Gruppen oder Alleen) bezeichete er als „Herausforderung für ein Stichprobenverfahren”. Als Ziel nannte Buschmann landschaftsökologische Kenngrößen, Strukturmerkmale der Einzelgehölze sowie Stammvolumen oder Biomasse als ertragsorientierte Größen.Modifikation. Auf Basis dreier Projekte, einer Feldgehölz-Veränderungsanalyse mit Stichproben-Kartierung der Stadt Göttingen/DE, einer Feldgehölz-Kartierung in Weilerbach/DE mit flächendeckender terrestrischer Kartierung als Basis für einer Simulationsstudie für ein Stichprobenverfahren sowie einer Habitateignungsanalyse mit multivariatem Habitatmodell, stellte Buschmann fest: Methodische Ansätze der Waldinventur seien anwendbar, müssten aber für die Kartierung von Feldgehölzen modifiziert werden - dies gelte für ökologische sowie nutzungsbezogene Informationen.
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Dipl.-Forstw. Tobias Cremer, Freiburg/DE © Dr. Stefan Peters

Kostendeckung. Bisher werde aus der Landschaftspflege anfallendes Material gehackt und verblasen - dies sei „naturschutzfachlich problematisch”. Ob die energetische Nutzung kostendeckend ist, dafür seien bisher zu wenig Daten vorhanden. Auf der Basis von Biomasse aus naturschutzbedingten Pflegeeingriffen sowie der Verkehrssicherung - Kleinstmengen aus Gärten oder Parks zählte er nicht dazu - ermittelte Dipl.-Forstw. Tobias Cremer, Institut für Forstbenutzung und Forstliche Arbeitswissenschaft, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg/DE, Potenzial und Qualität von Energieholz aus der Landschaftspflege.
Am Beispiel der Gemeinde Weilerbach (11 km² Gemeindefläche, davon 622 ha Offenlandschaft) quantifizierte Cremer die anfallende Biomasse in sieben verschiedenen Gehölztypen - das Volumen der Biomasse schwankte zwischen 185 und 421 srm/ha und lag im Mittel bei 324 srm/ha.Operationalisierung. Für die praktische Umsetzung empfahl er die partielle (75%) Nutzung solcher Flächen, die maximal 8 m von einer Straße entfernt liegen, 75% bei einem Mindestanfall von 20 srm am Stück (entsprechend einem halben Lkw-Container).
Cremer ermittelte für die daraus erzeugten Hackschnitzel einen Wassergehalt von 45% und einen Brennwert von 19,03 MJ/kg. Deren Qualität erfüllte die CEN/TS 14961 - aufgrund hoher Feinanteile jedoch nicht die QM-Holzheizwerke. Sein Resümee: Die Nutzung von Elementen der Landschaftspflege sei „kein Problem”, wenn diese zu 100 bis 150 m langen Einheiten zusammengfasst werden. Die Erlöse für die reine Biomasse bezifferte Cremer auf 12 €/srm. Seine Empfehlung an Unternehmer: „Uneingeschränktes Ja”.Sukzession. In einem Projekt zur Integration von Energieholznutzung und Landschaftspflege untersuchte Dipl.-Forstw. Frieder Seidl, Institut für Landespflege, Universität Freiburg, ob die von natürlicher Sukzession bedrohten Weidfelder im Schwarzwald durch thermische Nutzung der Biomasse langfristig zu erhalten sind - hier bilden sich bei extensiver Nutzung wertvolle Magerrasengesellschaften aus. Je nach Überschirmungsgraden (zwischen 25 und 75%) ermittelte Seidl hier Biomasse-Volumina zwischen 300 und 700 srm/ha.Planungsgrundlage. Die Botschaft an Gemeinden, Unternehmer und Investoren: Die dezentrale Energieversorgung mit Biomasse auf Ebene der Gemeinde lebt von vielen verschiedenen Ideen, bewegt sich in lokalen Kreisläufen und ihre Menge ist jetzt realistisch abschätzbar.
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Querschnitt forstlicher For-schung: 60 im Judeich-Bau in Tharandt/DE augestellte Poster © Dr. Stefan Peters

Forstwissenschaftliche Tagung 2006

• Ausrichter: Technische Universität Dresden; Universität Freiburg; Universität Göttingen, Technische Universität München; Deutscher Verband Forstlicher Forschungsanstalten (DVFFA)
• Start: 2000
• Turnus: zweijährig
• Vorträge in vier Blöcken, 60 Poster, 350 gemeldete Teilnehmer
• Organisation Dresden und Tharandt: Univ.-Prof. Dr. Heinz Röhle