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DI Clemens Neuber, stellv. Vorsitzender der Bundesfachgruppe Land-, Forstwirtschaft und Biologie der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten © DI Martin Heidelbauer

Biomasse-Potenziale

Ein Artikel von DI Martin Heidelbauer | 15.01.2007 - 00:00
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DI Clemens Neuber, stellv. Vorsitzender der Bundesfachgruppe Land-, Forstwirtschaft und Biologie der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten © DI Martin Heidelbauer

Aus ungenutztem Zuwachs, „Unholz” (Niederwald, Böschungen), Biomasse-Nutzung in der Erstdurchforstung und Astmaterial können ökologisch vertretbar 6,6 Mio. fm/J zusätzlicher Biomasse auf den Mark gebracht werden”, so DI Clemens Neuber, stellv. Vorsitzender der Bundesfachgruppe Land-, Forstwirtschaft und Biologie der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, während der Ziviltechniker-Tagung am 11. Jänner in Traunkirchen. „Der Importrückgang und die starke Nachfrage der KWK-Anlagen nach Energieholz führten zu steigenden Preisen und setzten die Papier- und Plattenindustrie unter Druck. So stiegen die Säge- und Industrieholzpreisen vom November 2005 bis heute um durchschnittlich 25%”, erklärt Neuber. Außerdem gab es schon drei Jahre keine gravierende Kalamität.
Einschlagssteigerung auf 22,4 Mio. fm möglich. Bis 2010 wird der Biomassebedarf um 5 bis 7 Mio. fm/J ansteigen. Im österreichischen Ertragswald ist eine Einschlags-Steigerung von 18 auf 22,4 Mio. fm/J nachhaltig möglich. Der vermehrte Einschnitt bringt zusätzlich 1,5 Mio. m³/J Schnittholz, 1,25 Mio. fm/J Sägenebenprodukte und 0,45 Mio. fm/J Rinde. Überdies fallen weitere 1,65 Mio. fm/J Industrieholz an. An Biomasse würden damit 3,35 Mio. fm/J hinzukommen. Wichtig wäre die Beseitigung der Mobilisierungshemmnisse im Kleinwald („Sparkassedenken”). Für zukünftige Planungen sollte Biomasse in der Forstinventur miterfasst werden.
Energieholznutzung in Erstdurchforstung. Durch die Nutzung der Niederwälder und Zusatzflächen (Waldränder, Unterwuchs, Staudenflächen) mit neuen Techniken wie Hackschnitzelharvester ergibt sich ein Biomasse-Potenzial von 0,5 Mio. fm/J, schätzt Neuber. Als interessante Alternative bezeichnet er die Umstellung der Erstdurchforstung auf Energieholz-Nutzung. Hierfür sprechen, dass die Pflege zeitgerecht erfolgt und logistische Erleichterungen gegeben sind. Durch die erhöhte Ausbeute lässt sich 1,75 Mio. fm/J Biomasse nachhaltig aus Erstdurchforstungen gewinnen.
Astmaterialprobleme energetisch lösen. Nach Ganzbaum-Nutzungen fällt oft Astmaterial auf der Forststraßen an und verursacht Probleme bei der Entsorgung. An technischen Lösungen mit Containereinsatz wird gearbeitet. Die durch Prozessorernte anfallenden Äste stellen ein zusätzliches Potenzial von 1 Mio. fm/J dar.
„Die Entscheidung Äste und Wipfel zu nutzen, ist mit der Verwendung der Vollbaum-Rückung bereits gefallen”, so Neuber.
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ao. Univ.-Prof. Dr. Klaus Katzensteiner © DI Martin Heidelbauer

Nährstoffreiche Restbiomasse. „Wipfel, Äste und Reisig dürfen nicht nur als leicht verfügbare Energieholzquellen angesehen werden, da sie viele Pflanzennährstoffe enthalten, mahnt ao. Univ.-Prof. Dr. Klaus Katzensteiner, Institut für Waldökologie, Universität für Bodenkultur. Intensive Nutzungen haben Auswirkungen auf den Nährstoffhaushalt von Böden, die Biodiversität und die Produktivität. Untersuchungen von Univ.-Prof. Hubert Sterba zeigten, dass bei der Entnahme von Ästen, Feinreisig und Nadeln bis 27% mehr Masse geerntet werden konnte, aber ein Zuwachsrückgang von 23% auftrat. „Sonst wird die Nutzung der Restbiomasse zur Streunutzung des 21. Jahrhunderts”, gab Katzensteiner zu bedenken.
Belaubtes Holz nicht entnehmen. Mit der Biomasseentnahme ist auch eine Bodenversauerung verbunden. Weiters hängen Nährelement-Entzüge von der Baumart, der Eingriffstärke und den Standort ab. Skandinavische Untersuchungen von Jacobsen zeigen, dass im Durchforstungsrücklass von Kiefer nur halb so viele Nährstoffe vorhanden sind wie bei Fichte.
„Die moderne Praxis, Holz in belaubtem Zustand (Nieder-, Mittelwald) zu ernten, ist besonders kritisch zu beurteilen, da die meisten Nährstoffe in den grünen Blättern enthalten sind”, kritisiert Katzensteiner. Biodiversitäts-Probleme treten außerdem bei Totholz-Entnahmen auf. Bei starken Nährstoffentzügen wird sich mittelfristig die Frage der Düngung oder des Holzasche-Recycling stellen. Damit sind aber zusätzliche Kosten verbunden und außerdem könnten Probleme mit dem Biotop- und Gewässerschutz sowie der Zertifizierung (FSC) auftreten. „Die Nutzung von Restbiomasse macht derzeit ökonomisch und ökologisch wenig Sinn. Alternativen sind eher im Grenzbereich Land-/ Forstwirtschaft zu suchen”, meint Katzensteiner.
Diffizile Leitungsrechte nur mit Konsens lösbar. Über die Bewertung von Leitungsrechten, die als Servitutsrechte für Energieerzeuger gelten, referierte DI Siegfried Stranimaier, Zivilingenieur für Forstund Landwirtschaft. Durch die vielfältigen Auslegungs-Standpunkte ist eine Beurteilung und Entschädigungsfindung mittels Berechnungen sehr schwierig. Es empfiehlt sich einen Konsens zwischen allen Beteiligten auszuhandeln.
Bewertung von Jagd- und Fischereirechten. Die Aufnahme von jagd- und fischereirechtlichen Bewertungs-Grundsätzen in den neuen Bewertungskatalog, kündigte DI Franz Wolfslehner, Ingenieurkonsulent für Landwirtschaft, an.
Die nächstjährige Ziviltechniker-Tagung ist in Tirol geplant.