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Das Leistungsspektrum der Tischlerei Alfred Baumgartner reicht von der Planung und Konstruktion über die Fertigung bis zum Aufbau, sei es für ein Wirtshaus oder ein Kinderzimmer © Tischlerei Baumgartner

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Sägen allein im Haus

Ein Artikel von Birgit Fingerlos (für holzkurier.com bearbeitet) | 15.11.2022 - 11:24

Der Termindruck im Handwerk ist hoch. Und er wächst weiter. Zugleich steigen die Kundenansprüche: Oft muss noch schnell ein Extrawunsch umgesetzt werden und zu fertigen hat der Tischler der Region ohnehin meist das Einzelstück. Hohe Qualitätsanforderungen vor Augen gibt sich der Kunde nicht mit dem Angebot von der Stange zufrieden. Gleichzeitig können seine Vorstellungen auch bei Kosten und Beratungsqualität zur Herausforderung werden. Und neue Trends beim Material bis hin zur Oberfläche soll das Handwerk ebenfalls immer schneller umsetzen. Dass sich dies vor dem Hintergrund eines zunehmenden Fachkräftemangels abspielt, verschärft die Situation obendrein.

Die wilde Dreizehn

Um solchen Herausforderungen begegnen zu können, muss das Handwerk über neue Fertigungsstrategien nachdenken. Die Tischlerei Alfred Baumgartner hat dies getan und eine erhöhte Effizienz, Flexibilität und Qualität gleich an den Beginn ihrer Fertigung gestellt. Der Auslöser war insbesondere der Zeitdruck, dem der Betrieb zunehmend ausgesetzt ist. „Hinein spielt auch, dass die Arbeits­vorbereitung deutlich zeitintensiver als ­früher ist. Zeit, die in der Fertigung fehlt. Wir sind nun mal nur 13 Mann. Und keiner mehr. Auch dann, wenn große Projekte kommen“, betont Dominik Baumgartner. 2012 hatte er den ­Betrieb von seinem Vater übernommen, ­seither leitet er die 1925 gegründete Tischlerei in vierter Generation. Seine beiden Schwestern arbeiten ebenso im Familienbetrieb: Die eine ist verantwortlich für die Buchhaltung, die andere für die Planung. „Wenn ein Hausbauer zu uns kommt, dann planen wir ihm auf Wunsch den Innenausbau von A bis Z durch“, erklärt Baumgartner. Der Leistungsumfang erstrecke sich folglich bis zum Aufbau. „Manche Kunden wollen alles aus einer Hand. Diesem Wunsch kommen wir so weit wie möglich nach.“ So bietet die Tischlerei die Planung, Konstruktion, Fertigung und den Aufbau an. „Natürlich setzen wir bei der Inneneinrichtung auch Sonderformen um.“ Damit ginge es so gut wie immer um Einzelfertigung. Viel werde für Privatpersonen gefertigt. „Hinzu kommt die Hotellerie, Fremdenzimmer und Wirtshäuser: Etwa 70 % unserer Aufträge sind damit Empfangsbereiche, Theken, Schränke, Zimmereinrichtungen, Wandverkleidungen oder Decken.“ Ein weiteres Segment ist der Objektbau, wo schwerpunktmäßig Trennwände für Büroräume hergestellt werden. Nicht zuletzt springt man auch immer wieder für Kollegen ein, die einen Auftrag gerade nicht schaffen. Dafür muss man flexibel sein: bei der Struktur und Organisation bis hin zu den Mitarbeitern – und eben auch den Maschinen.

Das Generelle gilt fürs Spezielle

In der Tischlerei Alfred Baumgartner werden vielfältige Materialien, wie Spanplatten, MDF, Multiplex oder Purenit, verarbeitet. Darüber hinaus fordert die Gastronomie oft wasserbeständiges Material an. Vermehrt wird die Spannbreite durch die zahlreichen Teile­größen sowie den Anspruch, auch sensible Oberflächen hochwertig zu bearbeiten. Was in Ruprechtshofen generell gilt – hohe Flexibilität, Qualität und Termintreue in der Auftragsabwicklung –, gilt im Speziellen auch für den Zuschnitt. 

Um diese Ansprüche zu erfüllen, wird mit einer Lager-Säge-Kombination von ­Homag aufgeteilt, die vor einem Jahr installiert worden war. Es handelt sich um die Robotersäge Sawteq B-300 flex Tec und ein Flächenlager TLF  211 (Storeteq S-200). Diese stehen in einer separaten, zuvor als Kommissionierlager genutzten, Halle. Dass damit eine strategische Entscheidung gefällt wurde – und das auch noch zum richtigen Zeitpunkt – zeigt das Investitionsvolumen, das samt Gebäude bei rund 1 Mio. € lag. Heute werden die Platten in der Halle nach Anlieferung erst vorsortiert, um am Folgetag dann aufgeteilt zu werden. Im Anschluss werden die Bauteile per Stapler an die jeweilige Bearbeitungsmaschine gesetzt, wobei die Tischlerei den klassischen Fluss aus Kantenanleimmaschine, BAZ, Lackieren, Schleifen und Montage realisiert hat. Schließlich wird im Ganzen ausgeliefert und beim Kunden aufgebaut.

Das Besondere, eingebettet im Standard

„Als früher bei großen Projekten ein Mitarbeiter ständig zwischen dem Zuschnitt und der Bekantung hin- und herspringen musste, war das einfach problematisch“, veranschaulicht Baumgartner den Auslöser für die Investition. Umso verlockender war die Aussicht, mit dem neuen Sägekonzept den Mann aus dem Zuschnitt abziehen und für andere Arbeiten einsetzen zu können. Dass dies für ihn von Anfang an abzusehen war, resultierte daher, dass er das anvisierte Konzept bereits kannte. „Die Vorstellung, mannlos zu fertigen, war der Ausgangspunkt“, so der Inhaber. „Und wenn man das will, bleibt nur das Roboterkonzept. Daher sind wir mit genauen Vorstellungen auf Homag zugegangen.“ 

Wie so oft hingen dann die Sondervorstellungen mit der begrenzten Produktionsfläche zusammen. „Die Säge hätte zwar gut in unsere Halle gepasst, wir hätten aber viel Platz im Lager verloren“, schildert der engagierte Tischlermeister. „Daher wollten wir per Rollenbahn beschicken, was es so bei Homag bisher nicht gab.“ Heute laufen die Platten über die gewünschte Rollenbahn, die per ­Traverse aus dem TLF 211 beschickt wird, direkt an die Maschine. Damit hat Homag diesen Sonderwunsch ebenso umgesetzt wie einen bei den Abstapelplätzen. „Von den drei Plätzen haben wir einen aus dem Standard nehmen lassen. So können wir statt 1,2 m nun bis zu 1,35 m Breite abstapeln.“ Dies betrifft vor allem Platten, die als Trennwände Einsatz finden. Wie hier stapelt der Roboter auch die anderen Zuschnitte bearbeitungsspezifisch auf den Scherenhubtischen ab. Von da aus gehen sie entweder in Richtung CNC oder zur Kante. Ist keine weitere Bearbeitung erforderlich, wird auch dies beim Abstapeln berücksichtigt. „So sparen wir beim Abstapeln viel Zeit“, nennt der Firmeninhaber ein erstes Ergebnis.

Klassik trifft Moderne

Die Sawteq B-300 flex Tec selbst ist – wie auch das Flächenlager – im Grunde Standard. Der Schlüssel für die effektive Losgröße-1-­Fertigung ist der Roboter: In Kombination mit einer Aufteilsäge, die in Konstruktion und Ausstattung wesentlich einer klassischen Sawteq B-300 entspricht, macht er die große Bearbeitungsvielfalt möglich. Erhöht wird diese Vielfalt nochmals dadurch, dass sich die Sawteq auch manuell bedienen lässt, zum Beispiel beim Paketzuschnitt. „Die ­Maschine deckt bis 6 cm ab“, berichtet Baumgartner. „Wir schneiden bis zu 5 cm und nutzen so immer wieder den Paketschnitt.“ Die zweite Schlüsselkomponente der Sawteq – diesmal für die mannlose Fertigung – ist das intelligente Abstapelkonzept auf die Hubtische. Die verantwortliche Software sorgt mit ausgefeilten Algorithmen dafür, dass für nachfolgende Bearbeitungen die jeweils passenden Stapel gebildet werden. Die Sawteq ist mit einem Laserscanner ausgestattet, der in Echtzeit die Höhe des Stapels misst und für die exakte Höhenpositionierung der ­Hubtische sorgt. Die Wiedererkennbarkeit der Teile in den Stapeln wird durch die Etiket-

tierung ­jedes Teils beim Zuschnitt gewährleistet. Neben der Steuerungssoftware Cad­matic  5 und der Abstapelsoftware arbeitet die zukunftsorientierte Tischlerei zudem mit dem Optimierungstool Schnitt Profi(t), das bereits mit der Vorgängersäge ins Haus gekommen war. Für die Sawteq musste daher nur auf die Professionell-Variante upgegradet werden. „Weil auch die Schnittstelle zu unserer CAD-Software RSO schon etabliert war, konnten wir alle Daten aus der Konstruktion sofort an die Säge übertragen“, erinnert sich der Geschäftsführer.

Haus ohne Hüter

Nach einem Jahr Arbeit mit der Robotersäge ist der junge Unternehmer „vollkommen zufrieden. Ich würde sie sofort wieder kaufen.“ Zu Beginn sei Baumgartner bei der mannlosen Fertigung noch etwas skeptisch gewesen. „Immer wieder gingen wir an die Maschine, um zu sehen, ob sie ihren Job macht“, schmunzelt er. „Heute arbeitet die Sawteq vier, fünf Stunden, ohne dass jemand dabei ist. Wir holen nur die fertigen Stapel ab und sehen kurz nach, ob alles in Ordnung ist. Das ist schon alles.“ 

Gibt es viele Aufträge, wird auch am Wochenende aufgeteilt. Nicht mit dem Mitarbeiter allerdings, der früher an der Säge war. Der wird mittlerweile in anderen Bereichen eingesetzt. Dabei weiß der Inhaber zu schätzen, „dass es ein großer Unterschied ist, ob ein Roboter sägt oder ein Mensch, dem immer mal ein Fehler unterlaufen kann. Allein schon durch unser großes Materialspektrum. Jetzt haben wir wenig Ausschuss und die Qualität stimmt.“ Immerhin kontrolliert die Säge jede Platte, ob sie im Winkel liegt. Sollte die Fläche beschädigt sein, wird auch das gemessen und die Anlage stoppt. 

Baumgartner ist daher überzeugt: „Die Sawteq garantiert uns die Qualität und ­Flexibilität in der mannlosen Fertigung, die wir für die Einhaltung unserer Termine brauchen.“